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Reinhard Kardinal Marx weiht neue Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum ein

St. Jakobus – Einweihung
Bild 1: Reinhard Kardinal Marx weiht das neue St. Jakobus ein (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Neuperlach hat nun ganz offiziell eine neue Kirche! Reinhard Kardinal Marx hat am Samstag, den 09.02.2019, die Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum eingeweiht.

Einweihungen von Gotteshäusern sind in Deutschland selten geworden. Elf Jahre ist Marx (was für ein passender Name für Neuperlach, siehe Karl-Marx-Ring und Marx-Zentrum) bereits im Amt, doch es ist erst das vierte Mal, dass er ein neues Gotteshaus weiht. Das liegt daran, dass die beiden christlichen Kirchen in Deutschland massive Austritte zu verzeichnen hatten und haben. Die Kirche ist für viele Leute nicht mehr attraktiv und modern genug, sie erreicht gerade jüngere Leute kaum noch. Auch die noch vorhandenen Kirchenmitglieder gehen seltener in den Gottesdienst. Auch die Zuwanderung aus Ländern, in denen andere Religionen vorherrschen, spielt eine nicht unbedeutende Rolle.

St. Jakobus – Einweihung
Bild 2: Die Kirche – zwei verschieden große Quader formen sie (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Fazit: Man braucht weniger Kirchen bzw. kleinere Kirchen. Das ist aber nicht der Grund für den Neubau. Denn die alte Kirche St. Jakobus war marode, sogar einsturzgefährdet, und wurde 2012 abgerissen.

Wenn die Kirche schon abgerissen werden muss, ergibt es Sinn, den Neubau an den sinkenden Bedarf anzupassen. So wurde eine weit kleinere Kirche gebaut. Die Anzahl der Sitzplätze sank von mehreren Hundert auf nun 50.

Die Kirche wurde auf dem Standplatz des alten Kindergartens gebaut, der ebenfalls marode war und abgerissen worden war. Dafür entstand am alten Platz der Kirche nun ein neuer Kindergarten. Es wurden also die Plätze getauscht.

Ergänzung/Richtigstellung: Kapelle oder Kirche?

Anfangs wurde das neue St. Jakobus als „Kapelle“ bezeichnet. In jüngerer Vergangenheit ist davon die Rede , dass es doch eine „Kirche“ geworden sei. Laut Pressemitteilung der Erzdiözese ist St. Jakobus eine „Kirche“. Die Tagespresse hat das übernommen. Laut der Kathpedia liegt der Unterschied nicht in der Größe des Baus, sondern darin, ob der Bau eine eigene Pfarrei besitzt. Auch wenn in Neuperlach Pfarreien zusammengelegt wurden, würde ich schon bejahen, dass St. Jakobus über eine Pfarrei verfügt. Bezeichnen wir St. Jakobus also als „Kirche“.

Architektur

Die neue Kirche hat 2,6 Millionen Euro gekostet. Die Nutzfläche beträgt 315 Quadratmeter. Letztlich besteht der Bau aus zwei unterschiedlich großen Quadern. Einer ist gemauert und wurde mit Holz verkleidet. Der größere Hauptbau, der den Gebetsraum enthält, ist aus Beton und behielt seinen Sichtbeton. Nur der schräg versenkte Eingangsbereich des Hauptbaus stört die strenge mathematische Form, aber selbst das Kreuz fügt sich der Quaderstruktur, da es nicht freisteht, sondern – ums Eck gebogen – mit der (Sichtbeton-)Oberfläche verschmilzt (siehe u.a. Bild 3).

St. Jakobus – Einweihung
Bild 3 (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Die Kirche gehört zur Architekturgattung Brutalismus. Der Begriff basiert entgegen eines weitverbreiteten Irrtums keineswegs etymologisch auf dem Ausdruck „brutal“, sondern ist aus dem Französischen béton brut abgeleitet, was „roher Beton“ bedeutet. Ganz einfach gesagt handelt es sich um Bauten, bei denen großflächig „nackter“ Beton zu sehen ist (Sichtbeton), der also nicht verputzt oder mit Fassadenplatten verkleidet ist.

Doch Stil und Umsetzung stoßen hier auf große Kritik. Iimmer wieder erhalte ich Kommentare, wie hässlich die neue Kirche doch sei. Vielleicht gefällt den Kirchenbesuchern aber der Altarstein besser, den das Künstlerpaar Lutzenberger & Lutzenberger, das sich für die Innenausstattung verantwortlich zeichnet, auf einer Wanderung im Allgäu entdeckt hat.

Der Bau war gezeichnet von vielen Verzögerungen. Bereits im Februar 2017 (!) schien die Kirche vom Rohbaustadium nicht mehr weit entfernt zu sein und dennoch mussten wir noch zwei weitere Jahre auf die Fertigstellung warten.

Vielen Dank an Tobias D. für die Fotos!

St. Jakobus – Einweihung
Bild 3 (09.02.2019). Foto: Tobias D.
St. Jakobus – Einweihung
Bild 5 (09.02.2019). Foto: Tobias D.
St. Jakobus – Einweihung
Bild 6: Kunst in Form von Tafeln zum Thema Heiliger Jakobus (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Die Kirche drei Tage vor der Einweihung

St. Jakobus
Bild 7 (06.02.2019) © Thomas Irlbeck
St. Jakobus
Bild 8 (06.02.2019) © Thomas Irlbeck

Rückblick

Das war die alte Kirche St. Jakobus, die 2012 abgerissen wurde.

St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss (19.11.2011) © Thomas Irlbeck

Mehr zum Thema: Rückblick auf den Abriss von St. Jakobus am Quidde-Zentrum (2012)

Quellen

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Bilder Kunst und Denkmäler Marodes

Blaue Spirale abgebaut – sie wird saniert

Blaue Spirale Sanierung
Bild 1: Ab in die Werkstatt! Aufladen des letzten Teiles (03.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 2: Die blaue Spirale am Vortag vor dem Abtransport (02.01.2019) © Thomas Irlbeck

Heute dreht sich alles um „Die blaue Spirale“. Das ist kein innovatives Verhütungsmittel, sondern ein Kunstwerk, das zumindest in Neuperlach jeder kennen dürfte. Es wurde 1972 von Louis Constantin geschaffen und heißt eigentlich „7. Variation über den Ablauf von Schraubenflächen“. 2001 wurde es von der Stiftung Straßenkunst, die zur Stadtsparkasse München gehört, gekauft und der Stadt München geschenkt. Seitdem steht es seit 2001 prominent an einer der wichtigsten Hauptverkehrsstraßen im Münchner Osten, an der Heinrich-Wieland-Straße in Neuperlach, dort wo sie sich mit der Albert-Schweitzer-Straße und Corinthstraße kreuzt. Genauer befindet es sich Mittelstreifen und damit auf der ehemaligen Trambahntrasse.

Blaue Spirale Sanierung
Bild 3: Deutlichste Schäden am Kunstwerk (02.01.2019) © Thomas Irlbeck

Korrekterweise muss man sagen, es „stand“ dort. Denn heute wurde das Kunstwerk zur Restaurierung abtransportiert. Der Zahn der Zeit hatte an dem Kunstwerk genagt. Deutlich sind Beschädigungen und Alterserscheinungen zu erkennen. Im dritten Quartal soll die blaue Spirale an ihren vertrauten Platz zurückkommen. Mehr zur Sanierung hier: „Kunstwerk „Die blaue Spirale“ wird saniert“ (Rathaus Umschau)

Ein paar Daten zum Kunstwerk: Die blaue Spirale ist neun Meter lang, der Durchmesser beträgt 3,5 Meter. Das Material ist glasfaserverstärktes Polyester. Die acht in Hohlbauweise errichteten Elemente sind durch Metalllanschen verbunden. Das Ganze wiegt dann 1,5 Tonnen. Laut Nordostkultur München ist die blaue Spirale Münchens größte freitragende Kunststoffskulptur. Das Kunstwerk ruht in einem Becken, das mit Flusssteinen gefüllt ist. Mich erinnert das ein klein wenig an die früheren Schottersteine der aufgelassenen Trambahntrasse.

Die folgenden Bilder zeigen den Abtransport. Vielen Dank an Benno Steuernagel-Gniffke, der eine ganze Reihe an Fotos beigesteuert hat. Weiter sind unten außerdem die vielleicht letzten Bilder von der blauen Spirale vor der Restaurierung zu sehen. Diese Fotos habe ich gestern gemacht.

Zur Homepage des Künstlers Louis Constantin

Fotos vom Abtransport am 03.01.2019

Blaue Spirale Sanierung
Bild 4 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 5 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 6 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 7 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 8 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 9 (03.01.2019). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Blaue Spirale Sanierung
Bild 10 (03.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 11 (03.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 12 (03.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 13 (03.01.2019) © Thomas Irlbeck

Fotos vom 02.01.2019 (der Tag vor dem Abtransport)

Blaue Spirale Sanierung
Bild 14 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 15 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 16 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 17 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 18 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 19 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 20 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 21 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 22 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 23 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck
Blaue Spirale Sanierung
Bild 24 (02.01.2019) © Thomas Irlbeck

Blaue Spirale 2009

Hier noch ein Bild aus besseren Tagen:

Blaue Spirale
Bild 25: „Die blaue Spirale“ am 17.05.2009 © Thomas Irlbeck
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Neuperlach hat sein erstes denkmalgeschütztes Gebäude: St. Monika

St. Monika
St. Monika mit dem Marx-Zentrum im Hintergrund (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
Die katholische Kirche St. Monika am Marx-Zentrum hat jetzt Denkmalschutz. Für Neuperlach ist das ein Novum.
St. Monika
St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck

Bislang war Neuperlach ein weißer Fleck auf der Karte, was den Denkmalschutz angeht. Kein einziges Gebäude hatte es auf die Denkmalschutzliste geschafft. Es ist naheliegend, dass man das geringe Alter des Stadtteils als Begründung sucht. Meist stellt man sich ja beim Thema Denkmalschutz ältere Gebäude in ebenso älteren Baustilen vor. Der Olympiapark, 1972 eröffnet, bekam jedoch 1998 den Denkmalschutz – übrigens inklusive aller Häuser, auch der Hochhäuser, die denen von Neuperlach nicht unähnlich sind. Nun hat der weltweit einzigartige Olympiapark aber internationale Bedeutung, Neuperlach wird da immer im Schatten liegen. Dennoch, für das Ansehen eines Stadtteils ist es förderlich, wenn er auch architektonisch etwas Besonderes schafft, quasi für die Ewigkeit, denn denkmalgeschützte Gebäude müssen ja erhalten werden.

St. Monika
St. Monika und das Marx-Zentrum werden vom Regenbogen überspannt (25.08.2012). Foto: Lesereinsendung

Beim dem Thema Denkmalschutz in Neuperlach könnte man aber auf den Gedanken kommen, ob vielleicht einer der Altbauten, die es in sehr geringer Anzahl gibt, Denkmalschutzstatus bekommen hat. Tatsächlich stehen die Michaelikapelle und das Quetschwerk Mächler an der Putzbrunner Straße schon seit längerer Zeit unter Denkmalschutz. Der Haken ist, beide befinden sich haarscharf nicht mehr in Neuperlach, sondern ein paar Meter außerhalb der Grenze, genauer in Trudering (Michaelikapelle) bzw. in Waldperlach (Quetschwerk Mächler).

Tatsächlich aber wurde einem der Neubauten der Denkmalstatus verliehen: Unsere Kirche St. Monika an der Max-Kolmsperger-Straße 3 bis 9, die übrigens zur Pfarrei Christus Erlöser gehört, ist nun auf der Denkmalschutzliste.

Namensherkunft St. Monika

Den Namen hat die Kirche von der heiligen Monika von Tagaste (* um 332 in Tagaste in Numidien; † Oktober 387 in Ostia). Sie ist die Mutter des heiligen Augustinus. Die heilige Monika gilt als Patronin der christlichen Frauen und Mütter sowie für die Seelenrettung der Kinder.

Chronologie St. Monika

1970, 4. Advent: Erster Gottesdienst in der Behelfskirche (Holzbaracke).
01.06.1980: Grundsteinlegung
29.11.1981: Einweihung durch Joseph Kardinal Ratzinger, der 2005 Papst wurde (Benedikt XVI).
23.01.1982: Glockenweihe
2018: Eintrag in das Denkmalschutzregister.

St. Monika
Kirchweihjubiläum (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Ich persönlich kann mich noch an das Provisorium in der Holzbaracke erinnern, habe dort auch mal einen Gottesdienst besucht. Dann, 1980, begannen die Arbeiten für den massiven Bau mit seiner Klinkerfassade (Sichtziegel) und seinem recht mächtigen Glockenturm (und einem besonderen Kreuz; siehe für Detailaufnahme unten im Artikel), der aber wegen des Flughafens Riem nicht höher werden durfte als die umliegenden Häuser. Genauer, die Grenze lag bei 35 Metern. Eine Besonderheit ist, dass der – freistehende – Kirchturm ins Neuperlacher Fußwegsystem integriert wurde. Man geht gewissermaßen durch den Turm, der Tordurchgang ist nur marginal schmaler als der Fußweg. Hier wurde Neuperlach konsequent weitergebaut.

Architektur

Der Stil ist nichtsdestotrotz eher klassisch. Viele moderne Kirchen im Brutalismusstil wirken verstörend. Nicht so St. Monika: Form, Fassade und Material (Ziegeloptik) sind zurückhaltend. Trotz des Fassadenstilbruchs mit den umliegenden Gebäuden, speziell dem mit schwarzen Asbestplatten verkleideten Marx-Zentrum (das seit 2020 schrittweise auf Anthrazit umgstellt wird), wirkt die Kirche keineswegs wie ein Fremdkörper. Das mag auch daran liegen, dass der Bau nur zwei Geschosse hoch ist und die Kirche primär durch ihren Turm in Erscheinung tritt. Dieser wiederum folgt einer strengen Quaderform, was ihn zu den Hochhäusern optisch kompatibel macht.

Die Google-Maps-Ansicht weiter oben oder alternativ diese Google-Maps-Ansicht zeigt das mehrteilige und mehrstufige Pultdach besonders gut. Der erste äußere Dachteil läuft längs, der andere äußere quer, der große Mittelteil hingegen verbindet durch seine Ausrichtung im 45°-Winkel die anderen beiden elegant. Der auf diese Weise geformte Eingangsbereich erweckt den Eindruck eines Viertelkreisbogens, wodurch er besonders einladend, imposant wirkt (Bild etwas weiter unten).

Der Bayerische Denkmal-Atlas weiß zu dem Gebäude Folgendes zu berichten:

Kirchenzentrum St. Monika; Pfarrkirche, sechseckiger Sichtziegelbau in Ecklage mit mehrfach gestuftem Pultdach, Pfarrhaus und Pfarramt angegliedert, freistehender Kirchturm mit erdgeschossigem Tordurchgang; Kinderhort, zweigeschossiger Riegel mit Stirnwand aus Sichtziegeln; Kindergarten, eingeschossiger Putzbau aus vier Pavillons mit Pultdächern; Hausmeisterhaus, eingeschossiger Pultdachbau, von Josef Wiedemann mit Rudolf Ehrmann und Volker Westermayer, 1975-1981; Altar, Ambo, Taufstein und Tabernakel, von Blasius Gerg, gleichzeitig; Werktagskapellenfenster, von Edzard Seeger, gleichzeitig.

St. Monika
Haupteingangsbereich (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Kindergarten St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Kindergarten St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Detail Tordurchgang und Turmzugang via Brücke (05.09.2018)
St. Monika
Andere Seite – Detail Tordurchgang und Turmzugang via Brücke (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Detail Haupteingang (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Turm mit Durchgang auf dem Neuperlacher Fußwegsystem. Foto: Rufus46, bearbeitet durchNeuperlach.org / Lizenz: CC BY-SA 3.0
St. Monika
Kirchturmkreuz (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Fotospielerei

St. Monika
Uhrenspielerei (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Aktuelle Entwicklung

2019 wurde ein weiteres Neuperlacher Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen. Dieses Mal ist es bemerkenswerterweise ein Betonbau: die Mensa am Schulzentrum an der Quiddestraße. Mehr dazu im Artikel Mensa am Schulzentrum an der Quiddestraße – erstmals erhält ein Neuperlacher Betonbau Denkmalschutz.

Bau der St. Monika

St. Monika im Bau
St. Monika im Bau (ca. August 1980). Lesereinsendung von Marianne Niedermeier
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Die Turnerschule – die ehemals schönste Schule Münchens

Grundschule an der Turnerstraße
Bild 1: Die Turnerschule mit dem Haupteingang (03.04.2018) © Thomas Irlbeck

Unser heutiges Objekt ist ein Stückchen von Neuperlach entfernt, aber noch mit einem kleinen Spaziergang gut zu erreichen. Die „Grundschule an der Turnerstraße“ (kurz: Turnerschule) liegt in Waldtrudering. Es ist unschwer zu erraten, dass die Schule an der Turnerstraße zu finden ist (die nach dem ehemaligen „Turnerplatz“, dem heutigen Gelände der Schule, benannt ist). Aber die Tunerstraße ist lang, sie verläuft vom „Am Hochacker“ bis zur Wabula. Daher soll die Position mit „Höhe Reiherweg“ genauer angegeben werden. Von hier aus ist es nicht mehr weit zur Wabula.

Auffällig trägt der dreigeschossige Bau, für den Denkmalschutz beantragt, der aber noch nicht bewilligt wurde, die große Jahreszahl 1938 unter dem Dachgiebel.

Nationalsozialistische Geschichte

Ursprünglich hieß die Schule „Ostmark-Schule“, was auf den Anschluss Österreichs 1938 an Deutschland anspielt und natürlich nichts mit der Währung der DDR zu tun hat. Die Schule wurde errichtet, um die 1930 gebaute und schon bald zu klein gewordene Waldschule zu entlasten. Die Bauphase war von 1938 bis 1939. Der Bezug fand am 12. Juni 1939 statt, die offizielle Einweihung am 28. September 1939. Die Schule galt als schönste von ganz München, wozu die „wunderbar ausgemalten Türblätter und Trachtenfiguren der österreichischen Landschaften“ beitrugen. Damit wird klar, dass auch die malerische Gestaltung auf den Anschluss Österreichs Bezug nimmt.

Über dem Portal gab es eine Inschrift, die nach dem Krieg wenig überraschend übermalt wurde:

Dieses Schulgebäude wurde erbaut im Jahre 1938, in dem die Ostmark in das Reich heimgekehrt ist.

In der Endphase des Zweiten Weltkrieges – ab dem 29. August 1943 – wurde die Schule zum Hilfskrankenhaus. Erst im April 1948 kamen die Schüler zurück. 1969 wurde die Schule um einen Anbau erweitert. 2015 wurde eine neue Mensa (Bild 5) gebaut und am 13. März 2017 eröffnet. Derzeit besuchen rund 600 Schülerinnen und Schüler in über 20 Klassen die Schule.

Der Bayerische Denkmal-Atlas weiß zu dem Gebäude Folgendes zu berichten:

Ehem. Volksschule, sog. Ostmark-Schule, jetzt Grundschule an der Turnerstraße, dreigeschossiger Satteldachbau mit weit überstehendem Dach und niedrigem Nebenflügel mit Turnhalle, im Heimat- bzw. Heimatschutzstil, von Hermann Leitenstorfer, 1937/38. Benehmen nicht hergestellt.

Grundschule an der Turnerstraße
Bild 2: Totale (03.04.2018) © Thomas Irlbeck
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 3: Eingang (03.04.2018) © Thomas Irlbeck
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 4: Jahreszahl unter dem Giebel (03.04.2018) © Thomas Irlbeck
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 5: Die neue Mensa (29.10.2016). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 6: Herbststimmung (12.11.2016). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 7: Herbststimmung (05.11.2016). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke
Grundschule an der Turnerstraße
Bild 8: Winterstimmung (14.01.2017). Foto: Benno Steuernagel-Gniffke

3D-Ansicht der Schule (Google Maps)

Hinweis: Die neue Mensa ist in dieser Ansicht mit dem Stand April 2018 noch nicht zu sehen.

Quelle

Trudering – Waldtrudering – Riem: Münchens ferner Osten / hrsg. von Willibald Karl. Mit Beitr. von Karl Bachmair … – München: Buchendorfer Verl., 2000

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Schule an der Klenzestraße

Klenzeschule
Ansicht vom Eck Klenzestraße/Ickstattstraße (18.08.2017) © Thomas Irlbeck

Es gibt Orte, da zieht es einen immer wieder zurück. Das ist nicht nur das alte bzw. erste Wohnhaus, auch an seine alte Schule hat man Erinnerungen. Bei mir ist es die Schule an der Klenzestraße, die Klenzeschule. In diese ging ich die ersten zwei Grundschuljahre, ab der 3. Klasse war ich dann in Neuperlach in der Schule am Karl-Marx-Ring.

Manche Dinge vergisst man nicht. Ich erinnere mich noch an den Namen meiner Grundschullehrerin. An den Pausenhof, in dem wir Wettrennen machten. Auch noch an den einen oder anderen Klassenkameraden. Oft schon wollte ich mal Bilder machen, aber entstanden sind sie erst gestern.

Heute liegt die Schule direkt an der U-Bahnstation Fraunhoferstraße (U1, U2, U7). Beim U-Bahnbau, der erst Jahre nach meiner Zeit dort stattfand, musste die Schule ein kleines Eck des Grundstücks für den U-Bahnzugang abgeben.

Immerhin, die Schule steht noch. Kein Wunder, denn sie befindet sich als Volksschule und Turnhalle unter Denkmalschutz. Der Bayerische Denkmal-Atlas sagt dazu Folgendes:

Volksschule, dreigeschossiger Eckbau mit Turnsaal, mit Fassadengliederung im Stil des klassizistischen Neubarock, von Robert Rehlen, 1910, nach dem Zweiten Weltkrieg vereinfacht.

Friedensreich Hundertwasser

An der Schulmauer haben Kinder als Hommage an den Künstler Friedensreich Hundertwasser eine ganze Reihe an farbenfrohen Werken hinterlassen. Mit einem Wortverschiebespiel erklären sie den Namen Hundertwasser. Sie bitten so nett, die Werke nicht zu zerstören. Vandalen haben sich daran gehalten, aber nicht der Straßendreck, der nun an den Bilder nagt.

Franz Karl Leopold von Klenze

Der Namensgeber von Schule und Straße ist Franz Karl Leopold von Klenze (* 29. Februar 1784 in Buchladen bei Schladen (Niedersachsen); † 27. Januar 1864 in München), der in München als Hofarchitekt von König Ludwig I. viele klassizistische Bauten errichtete.

Klenzeschule
Fassade (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Logo (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Wortverschiebespiel – Dafür steht also „Hundertwasser“ (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Schulmauer (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Der Blick in den Pausenhof ist durch die Mauer fast vollständig verwehrt. Wer genau hinschaut, erkennt jedoch einen Basketballkorb (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Der Zoom macht aber dann doch mehr möglich (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
Klenzeschule
Noch eine weitere Ansicht – nun aus der Ickstattstraße –, die durch die Baustelle etwa getrübt wird (18.08.2017) © Thomas Irlbeck
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Architektur Bilder Historisches Kunst und Denkmäler

Das Haus an der alten Trambahnwendeschleife Ramersdorf

Wohnhaus Rosenheimer Straße/Wilramstraße
Wohnanlage in Ramersdorf (03.10.2015) © Thomas Irlbeck

Heute führt uns die Reise zu dieser herrlichen Mietshauswohnanlage an der Rosenheimer Straße, Ecke Wilramstraße. Unmittelbar in der Nähe (vom Fotostandpunkt in Richtung links unten) befand sich die alte Trambahnstation „Ramersdorf“ mit Wendeanlage. Hier führte auch 1973 bis 1980 die Umleitungsstrecke der Tram 24 nach Neuperlach vorbei (diese bog vom Fotostandpunkt nach rechts unten ab).

Wohnhaus Rosenheimer Straße/Wilramstraße
Der Bau ist ein Blickfang. Der relativ große Abstand zu Nachbarhäusern lässt ihn aus dieser Perspektive wie ein Schloss erscheinen (03.10.2015) © Thomas Irlbeck

Die Wohnanlage wurde 1925 bis 1927 von Eduard Thon erbaut und steht unter Denkmalschutz. Der Bayerische Denkmalatlas bezeichnet den Wohnkomplex als „viergeschossigen Satteldachbau, reich gegliedert mit Zwerchgiebeln, Dachgauben und Risaliten, Eckausbildung zur Wilramstraße mit polygonalen Eckrisaliten, reduziert historisierend“. An der Rosenheimer Straße, Ecke Wageneggerstraße, findet sich eine gleichartige Wohnanlage.

Wohnhaus Rosenheimer Straße/Wilramstraße
Detail polygonale Eckrisaliten (03.10.2015) © Thomas Irlbeck

Gartenschau 1934

Südansicht von 1934 während des Baues der Gartenschau.

Wohnhaus Rosenheimer Straße/Wilramstraße
Aus der Fotosammlung von Reinhard Veit
Wohnhaus Rosenheimer Straße/Wilramstraße
Aus der Fotosammlung von Reinhard Veit
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Der letzte Brannt – die Brennerei in Putzbrunn ist nicht mehr

Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 1: Brañtwein Breñerei (Februar 2010). Foto: Roman Ludwig

Wer die Nachbargemeinde Putzbrunn von früher noch kennt, dem ist das Gebäude ein Begriff: die Brañtwein Breñerei Putzbrunn e.G., die sehr prominent an der Hauptstraße des Orts lag (genauer Münchner Straße/Übergang Glonner Straße) – übrigens gegenüber dem Haus, das ich wegen der Ähnlichkeit mit dem Extraterrestischen gerne E.T.-Hochhaus nenne. Die Bushaltestelle, die sich dort befindet, heißt bezeichnenderweise „Brennerei“. Oft geben so markante Gebäude ganzen Ortsteilen ihren Namen (wie die Michaeliburg etwa).

Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 2: Brañtwein Breñerei (Februar 2010). Foto: Roman Ludwig

Im August 2014 wurde die Brañtwein Breñerei abgerissen (Bild 3),  der Schornstein stand noch kurze Zeit (Bild 4).

Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 3: Abrissarbeiten. Vielen Dank an die Leserin, die das Foto einsandte! Von ihr stammt auch das Video weiter unten (30.07.2014)
Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 4: Nur der Schornstein steht noch (02.08.2014) ©
Thomas Irlbeck

Der Neubau

Das Gebäude hatte nach meinem Empfinden durchaus Charme, war nicht unästhetisch. Das Problem ist, es stand nicht unter Denkmalschutz. Laut Wikipedia sind in Putzbrunn nur die Kirche St. Stephan und das Kleinbauernhaus denkmalgeschützt.

Da ich das Gebäude der Brañtwein Breñerei nicht näher kenne, möchte ich mir kein Urteil anmaßen, ob der Abriss sinnvoll oder notwendig war, ob man nicht aus dem Gebäude durch einen Umbau noch etwas hätte machen können. Aber es ist dennoch schade, da ein Identifikationsmerkmal verlorengegangen ist.

Gebäude geben Orten ein Gesicht, sie liefern Halt und Orientierung. Zu viel Veränderung lässt Orte fremd werden, zumal oft Einheitsarchitektur nachkommt, die überall in Deutschland und darüber hinaus stehen könnte.

Immerhin hat die Gemeinde beschlossen, das Nachfolgegebäude, das als Wohnhaus dienen wird, an der alten Brennerei zu orientieren. So bleibt der Eingang des Ortsbildes zumindest einigermaßen erhalten. Der Betrachter mag an den folgenden Bildern entscheiden, ob das gelungen ist:

Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 5: Branntweinbrennerei Putzbrunn (10.04.2017) © Thomas Irlbeck
Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Bild 6: Branntweinbrennerei Putzbrunn (10.04.2017) © Thomas Irlbeck

Was mir gar nicht gefällt, ist, dass die Klinkerfassade nur in der Front beibehalten wurde. Die Seite des Hauses (Garagenbereich) ist dagegen Weiß gestrichen. Dass das Haus breiter als der alte Bau geworden ist und der zusätzliche Teil in Weiß weitergffeührt wird, erhält zumindest optisch die früheren Proportionen.

Brañtwein Breñerei – Schreibfehler?

Branntweinbrennerei Putzbtrunn
Detailansicht: Keine Rechtschreibfehler!

Auf dem Firmenschild fällt auf, dass Branntwein und Brennerei mit nur einem „n“ geschrieben sind, was man als klaren Rechtschreibfehler deuten könnte. Wenn man aber genauer hinsieht, ist ein Strich auf dem „n“ (ñ). Diese heute nicht mehr sonderlich verbreitete Kennzeichnungsform (in Gestalt eines

Man nennt diese Linien auch Nasal– oder Reduplikationsstriche. Verdoppelt werden können mit dem Nasal-/Reduplikationsstrich (Nasal bedeutet schlicht Nasenlaut) entsprechend nur die Buchstaben „m“ und „n“, da diese – etwas vereinfacht ausgedrückt – die einzigen Nasenlaute sind.

Hinweis: Tilde (~) oder waagrechte Linie (-)?

Korrekt ist als Nasal-/Reduplikationsstrich im Deutschen eigentlich nur eine waagrechte gerade Linie über dem „n“ oder „m“. Der Webbrowser ist dazu in der Lage, dies darzustellen, aber es kann Probleme geben. Daher wird hier eine Tilde verwendet (ñ), das ist die spanische Variante. Aber ein Test: n̅ . Sehen Sie die korrekte Form?

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Die Königseiche bei Moosach (Grafing)

Königseiche
2013 stellte ich mir noch die Frage: Was soll dieses Objekt darstellen? (Archivbild) © Thomas Irlbeck

Bereits letztes Jahr kam ich bei einer Radtour an diesem seltsam erscheinenden Objekt vorbei, das sich unweit von Moosach bei Grafing befindet. Es sind aufrechte Holzpfähle und Holzstücke, teilweise mit länglichen Metallplatten verbunden, die in einem riesigen Kreis angeordnet sind. Was soll dies darstellen? Eine Kultstätte? Ein Kunstwerk? Ich kam nicht darauf, aber schoss ein Foto.

Vermutlich lässt sich das Rätsel durch Kombinieren und Überlegen alleine nicht lösen. Erfreulicherweise hat man nun zwei Infotafeln aufgestellt, welche die Fragen beantworten.

Königseiche
Königseiche 1909 (von der Infotafel abfotografiert)

Es handelt sich bei diesem Objekt um ein Naturdenkmal auf der Flur Breitwiese. Es entstand 2012 und erinnert an die mächtige Maximilians- oder Königseiche, einer Stieleiche, die rund 1.000 Jahre alt gewesen ist und am 7. April 1988 exakt an dieser Stelle Opfer der Osterstürme wurde. Der Kreis des Naturdenkmals bildet den enormen Stammumfang ab, der stolze 13 Meter betrug. Mit integriert wurden die letzten noch enthaltenen Stammreste der Königseiche sowie fünf Sitzsteinblöcke aus heimischem Nagelfluh. Wenige Meter entfernt (im ersten Bild ganz rechts) wurde – ebenso 2012 – eine neue Stieleiche gepflanzt.

Frühe urkundliche Erwähnung

Bereits in einer Urkunde aus dem 13. Jahrhundert wurde die Königseiche als „alter und großer Baum“ erwähnt.

Namensherkunft Königs-/Maximilianseiche

König Ludwig I. kaufte die Eiche 1846 von Kaspar Maier ab, dem Bauern am nahe gelegenen Schartlhof, und zahlte ihm 70 Gulden, um den Baum vor Abholzung zu schützen und der Nachwelt zu erhalten. Dennoch wurde die Eiche Maximilianseiche und nicht etwa Ludwigseiche genannt. Eine Erklärung könnte eine Namensverwechslung sein. Auf dem an der Eiche angebrachten Schild stand fälschlicherweise „Diese mehr als tausendjährige Eiche wurde von weiland Maximilian II. König von Bayern, dem Unvergeßlichen, gekauft, um sie vor Vernichtung durch die Axt zu bewahren (gestiftet von Bürgern Haidhausens 1882, renov. 1892 und 1898)“. Erst 1952 wurde der Fehler in einem neuen Schild korrigiert.

Die 1.000-jährige Königseiche – Ausflugsziel und Kraftplatz

Eine historische Aufnahme von 1909 lässt erahnen, wie mächtig der Baum war. Schon damals war die Eiche längst zu einem beliebten Ausflugsziel geworden. Die Besucher schätzten den Ort als Kraftzentrum.

Rettungsversuche

Die Eiche wurde keinesfalls ihrem Schicksal überlassen. Bereits 1949 wurden Sanierungen an dem altersschwachen Baum durchgeführt. Dabei wurde im Inneren des Baumes ein Gerüst aus Eichenpfählen installiert und mit 12 Kubikmetern Beton aufgefüllt. Herausbrechende Teile des Baumes konnten auf diese Weise durch starke Verschraubungen an dem Gerüst wieder fixiert werden. Mit einer 25 Meter langen Eisenkette, mehrere Zentner schwer, wurde der Baum zusammengeschnürt. Derartige Reparaturen unter Einsatz von Beton werden heute nicht mehr durchgeführt, da sie dem Baum mehr schaden als nützen. Denn die sich dort festsetzende Feuchtigkeit führt zu Pilzbefall. Auch geht die Sicherheit vor, gerade wenn Bäume nahe an Straßen stehen. Bäume, die ein Risiko darstellen, werden gefällt. Alleebäume werden heutzutage kaum mehr als 80 bis 100 Jahre alt.

Reste Königseiche
Reste Königseiche (von der Infotafel abfotografiert)

Bei der Sanierung von 1949 wurden auch drei Ruhebänke aufgestellt und eine Treppe errichtet, um den Zugang von der Straße zu erleichtern. Ebenso wurde das Alter der Eiche näher bestimmt. Bei eine Zählung der Jahresringe an einem herausgebrochenen Stammstück kommt der Heimatkundler Ludwig Aicher zu dem Ergebnis, dass der Baum mehr als 1.000 Jahre alt ist.

Das Ende – und ein Weiterleben als Denkmal und Madonnenskulptur

Ab 1960 verfällt der Baum zusehends. Schuld an dem Niedergang soll auch der Fichtenaufwuchs gehabt haben, der dem Baum Licht entzog. Denn Eichen brauchen viel Licht. Pläne, die Fichten zu entfernen, konnten nicht umgesetzt werden, da Verhandlungen der Behörden scheiterten.

1988 kam dann, wie schon erwähnt, das Ende. Der Baum konnte den Osterstürmen nichts mehr entgegensetzen und stürzte um. Der Platz mit den Resten der Königseiche (Foto) wurde abgesichert. Aus den vermodernden Resten des Baumes wird 2000 ein großer Ast geborgen, aus dem der Ebersberger Bildhauer German Larasser eine lebensgroße Madonnenskulptur mit Christuskind schnitzte, die in de Kapelle des Schartlhofes angebracht wurde. Der Baum ist damit nicht nur durch sein Naturdenkmal unsterblich geworden, sondern lebt auch in dieser Madonnenskulptur weiter.

Das Naturdenkmal

Die aktuellen Fotos vom 18. Juli 2014 zeigen das Naturdenkmal. Deutlich sind die alten Stammreste zu erkennen. Eine der beiden Infotafeln wurde in die Mitte des eigentlichen Denkmals gesetzt und die andere neben der Neupflanzung platziert (letztes Foto). Die neu geschaffene Lichtung soll dauerhaft freigehalten, also Wildwuchs regelmäßig entfernt werden, damit die neue Eiche genug Licht erhält. Dazu hat der Landkreis Ebersberg eigens einen 903 Quadratmeter großen Bereich um das Naturdenkmal herum erworben. Dennoch erscheint es eher unwahrscheinlich, dass die Nachfolger-Eiche auch eines Tages 1.000-Jähriges feiern darf.

Königseiche
Naturdenkmal Königseiche. Deutlich … (18.07.2014) © Thomas Irlbeck
Königseiche
… lassen sich die Originalstücke … (18.07.2014) © Thomas Irlbeck
Königseiche
… der Königseiche erkennen (18.07.2014) © Thomas Irlbeck
Königseiche Neupflanzung
Königseiche Neupflanzung (18.07.2014) © Thomas Irlbeck

Trivia

Blitzableiter

Der Baum verfügte über einen Blitzableiter. Auch wenn das jetzt kurios erscheinen mag, bei Mammutbäumen ist eine solche Einrichtung nicht unüblich.

Verschwundene Neupflanzung

Laut einem Bericht des Münchner Merkur wurde bereits 1990 eine neue Eiche gepflanzt und eine Gedenktafel angebracht. Im Frühjahr 2011 stellte man dann fest, dass der Baum verschwunden ist. Es wird vermutet, dass ein Arbeitstrupp den Baum versehentlich beseitigt hat.

Umgebungskarte Königseiche
Umgebungskarte Naturdenkmal Königseiche. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0
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Die Kirche mit dem „angeschrägten“ Hochhaus-Turm

St.-Augustinus-Kirche
St.-Augustinus-Kirche (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Wie sicherlich das eine oder andere Mal erwähnt, habe ich mit der Kirche als Institution weniger als wenig am Hut. Aber Kirchenarchitektur kann mich durchaus begeistern. Dabei zieht mich hier vor allem klassische Kirchenarchitektur an. Moderne Kirchenbauten gibt es nur sehr wenige, die mir gefallen.

Der heutige mystische Ort ist die katholische St.-Augustinus-Kirche in Trudering, die folgerichtig an der St.-Augustinus-Straße liegt. Die Kreuzung zur Bajuwarenstraße ist hier ganz in der Nähe, und – wen wundert es – an dieser befindet sich auch die Augustinus-Apotheke. Räumlich sind wir zwar ein Stückchen von Neuperlach entfernt. Doch das Ziel, endlich einen mystischen Ort in Neuperlach zu finden, kommen wir heute vielleicht näher denn je.

Der Neuperlach-Faktor liegt in der Architektur. Die Kirche ist kein klassischer, aber auch kein typisch moderner Bau. Es ist 1950er-Jahre Architektur, so gesehen also der Nachkriegsmoderne zuzuordnen. Genauer wurde die Kirche 1952 bis 1955 geplant und gebaut. Am 28. August 1955 zum Fest des heiligen Augustinus wurde sie geweiht.

Ungewöhnlich: Die Form des Turmes ist die eines „angeschrägten“ Quaders

Das Neuperlachige ist die Form des Turmes, der 26 Meter Höhe misst bei einem Grundriss von 7 × 9 Metern. Dieser sieht wie ein Quader aus und hat auch das in Neuperlach obligatorische Flachdach. Damit ähnelt der Turm von der Optik einem Hochhausblock, wobei es hier doch zwei Unterschiede gibt. Erstens: Das Flachdach ist weit auskragend. Zweitens: Der Quader ist bei strengerer Betrachtung keiner, der Turm verjüngt sich nach oben hin zumindest leicht. Das Besondere ist, dass die Schräge nur auf der Nordseite vorhanden ist, im Bild ist das rechts. Das Foto kann diesen Effekt nur begrenzt zeigen – siehe weiter unten unter Nicht objektiv, sondern eine Sache der Perspektive.

Glocken

St.-Augustinus-Kirche
Nordseite des Kirchenschiffs (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Im Turm befinden sich sieben Glocken, die 1955 auf Basis einer zinnfreien Bronzelegierung in Erding gegossen wurden. Die Töne der Glocken lauten von unten nach oben: As – c’ – es’ – f’ – as’ – b’ – c’’

Kirchenschiff und Orgel

Das Kirchenschiff misst 15 Meter in der Höhe, ist 45 Meter lang und 22 Meter breit. Es verfügt über ein übliches Satteldach. Verspätung gab es bei der Kirchenorgel. Diese wurde erst 1965 von der Firma Carl Schuster und Sohn erbaut und in Betrieb genommen. Die 41 Register sind auf Hauptwerk, Positiv, Schwellwerk und Pedal verteilt.

Kirchturm ohne Kreuz – der Flughafen Riem war schuld

St.-Augustinus-Kirche, Kreuz Detail
Der Abstand des Kreuzes zur Turmwand wird nach oben hin größer. Durch Klick vergrößern, um den Effekt gut sehen zu können (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Der Flughafen Riem, 1939 eröffnet, sorgte für ein Kuriosum. Aus Sicherheitsgründen galten in der Einflugschneisen des Stadtgebiets strenge Bauhöhenbegrenzungen. Diese kann man heute noch in Neuperlach sehen. An der Haupteinflugschneise war eine Begrenzung auf 25 Meter vorgeschrieben (was acht Stockwerke ermöglichte), wobei man bei Dachaufbauten manchmal großzügig waren, sodass manche Häuser doch zumindest punktweise auf rund 26 Meter kamen. Außerhalb der Haupteinflugschneise – bereits das Marx-Zentrum lag ein paar Meter von dieser entfernt – gab es weniger strenge Limitierungen. So waren für die Häuser im Marx-Zentrum bis zu 35 Meter erlaubt, was sich in bis zu 14 Stockwerken (zuzüglich teilweise mehrstöckiger Dachaufbauten) widerspiegelt.

Genau diesr Bauhöhenbegrenzung war verantwortlich dafür, dass die St.-Augustinus-Kirche kein Kreuz auf dem Turm tragen durfte. Mit 26 Meter Höhe des Turmes war offenbar schon alles ausgeschöpft. Als Ersatz war aber aber ein kleines Kreuz auf dem Dach des Kirchenschiffs ganz vorne am Haupteingang (Westseite) aufgesetzt worden. 1992 wurde der Flughafen Riem stillgelegt, doch erst 2002 bekam der Kirchturm sein Kreuz. Im Rahmen einer umfassenden Sanierung wurde an der Nordseite des Turms ein zwölf Meter langes vergoldetes Kreuz angebracht, das sechs Meter über das Flachdach hinausragt, und das alte Kreuz auf dem Satteldach entfernt. Obwohl gerade diese Nordseite nicht senkrecht, sondern schräg läuft, steht das Kreuz selbst exakt vertikal. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass dies durch zwei unterschiedlich lange waagrechte Halterungen erzielt wird (die Abbildung zeigt es, diese anklicken, um zu vergrößern). Der Abstand des Turms zum Kreuz wird nach oben hin größer. Aber auch bei den Fenstern am rechten Rand des Turmes (Abbildung am Artikelanfang) sieht man, dass deren Abstand zur rechten Turmwand nach oben hin kleiner wird.

Nicht objektiv, sondern eine Sache der Perspektive

Ein Objektiv ist nur dem Begriff nach objektiv. In der Realität gibt es starke Verzerrungen, je weitwinkiger, desto größer werden sie. Objekte laufen dann auf einmal spitz nach oben oder unten zu, Hochhäuser und Türme, speziell am Bildrand, drohen umzustürzen. Diese stürzenden Linien lassen sich per Bildbearbeitung automatisch oder manuell aufrichten. Hat man ein Gebäude vor sich, bei dem die Kanten wirklich senkrecht laufen, lässt sich auf diese Weise ein gutes Ergebnis erzielen und ein Schiefer Turm von Pisa vermeiden. Besitzt ein Gebäude aber keine oder nicht durchgehend senkrechte Kanten, da es sich tatsächlich verjüngt, wird es schwieriger, da es weniger oder keine Anhaltspunkte gibt. Eine normale Entzerrung stürzender Linien würde hier ein Ergebnis erzielen, das an der Realität vorbeigeht. Daher wurde hier die Entzerrung behutsam eingesetzt. Dabei wurde darauf geachtet, dass alle senkrechten Kanten inklusive des Kreuzes möglichst vertikal verlaufen. Die einzige Schräge ist damit die Turmnordseite, die aber hier im Ergebnis möglicherweise subjektiv zu stark ausfällt. Es muss klar sein, dass dies nur ein Kompromiss sein kann. Keine Aufnahme, ganz speziell in diesem Fall, kann eine Betrachtung vor Ort ersetzen.

Der heilige Augustinus

St.-Augustinus-Kirche, Relief
Relief an der Westseite mit dem heiligen Augustinus (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Augustinus von Hippo (* 13. November 354 in in Tagaste, auch: Thagaste, in Numidien, heute Souk Ahras in Algerien; † 28. August 430 in Hippo Regius, heute Annaba in Algerien) war „einer der vier lateinischen Kirchenlehrer der Spätantike und ein wichtiger Philosoph an der Epochenschwelle zwischen Antike und Mittelalter“ (Quelle: Wikipedia). Von den Westkirchen wird Augustinus als Heiliger verehrt.

An der Westseite der Kirche mit dem Haupteingang befindet sich ein Relief des heiligen Augustinus (siehe Abbildung). Der Künstler Siegfried Moroder meißelte dieses 1958 aus den Sandsteinblöcken heraus, die bereits beim Bau der Kirche eingefügt worden waren.

Umgebungskarte

Umgebungskarte St.-Augustinus-Kirche
Umgebungskarte St.-Augustinus-Kirche. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Per ÖPNV erreicht man die Kirche am besten so: Bus 195, N49: Gnadenwaldplatz oder Bus 139, 195, N49: St.-Augustinus-Straße

Quellen

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Bilder einer („anderen“) Ausstellung – Jan Deichmann eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum

CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung. Der Künstler ist im Bild(e)! (11.05.2013) © Thomas Irlbeck

Allenfalls dem Begriff nach bedeutet Ausstellung, etwas ins Aus zu stellen. Doch wer sich den Ort anschaut, an dem der Graffiti- und Streetart-Künstler Jan Deichmann alias CAZ132 (zur Website von CAZ132) sein neues Atelier hinverlagert hat, der findet mit dem Quidde-Zentrum ein schrecklich heruntergekommenes Ladenzentrum, das schon vor Jahren hätte abgerissen werden sollen, aber irgendwie von den Verantwortlichen bislang vergessen wurde. Einst war es der Stolz Neuperlachs mit Supermärkten, Schreibwarengeschäft, Apotheke, Wienerwald und Stadtsparkasse, später dann auch mit der legendären Stadtteilbibliothek. Läden im eigentlichen Sinn gibt es dort nicht mehr, heute kann man einen Teil der Räume nicht einmal mehr mieten, weil sie nicht mehr „verkehrssicher“ sind oder ein undichtes Dach haben.

CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Ausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck

Ein total marodes Zentrum mit „Einstürzende Neubauten“-Flair ist aber eine Chance für Kunst und Kultur fernab vom Mainstream, weil eben einige Räume doch noch zu haben und auch entsprechend günstig sind. Entsprechend hat CAZ132 hier ins Schwarze getroffen. Seine Räume gehören zu den besseren, da diese vor kurzem noch ein Café und eine Bar beherbergten und somit nicht einfach verfielen. Etwas Laufkundschaft ist hier auch zu finden, da das Quidde-Zentrum auf dem Neuperlacher Fußwegsystem liegt. Heute – zufälligerweise hat Neuperlach Geburtstag und ist stolze 46 geworden (Grundsteinlegung Neuperlach 11. Mai 1967), wir gratulieren –, ist offiziell Eröffnung des neuen Ateliers. Neues und Altes – Totes und Lebendiges –, die Gegensätze könnten kaum größer sein.

Heute ging es nicht darum, Werke zu verkaufen – Preise waren entsprechend auch keine auf den Werken angebracht –, sondern mit interessierten Bürgern, mit Kunstliebhabern, Presse und einfach mit Menschen von nebenan ins Gespräch zu kommen und neue Kontakte zu knüpfen. Entsprechend kam quasi Hinz und Kunst (o.k., Kunz) in die neuen Räume – zum Staunen und Plaudern. Tatsächlich war neben dem Fachpublikum auch die nette, liebe Familie aus dem Nachbarblock zum Schauen da. Immer wieder treffen neue Gäste ein.

Ich erfahre einiges. Da wird die Wohnungsbaugesellschaft WSB auch schon einmal lobend erwähnt, weil sie Stellen im Stadtteil, die in der Vergangenheit immer wieder mit Schmierereien verunstaltet wurden, nun von Künstlern verschönern lässt. Das Konzept geht auf: Mehrere von CAZ132 neu gestaltete Flächen sind seit Jahren kein Opfer von Vandalismus mehr geworden. Auch über den Verfall Neuperlachs wird gesprochen, über neue Tendenzen und über das hässliche Wort Nachverdichtung. Bis in alle Unendlichkeit wird auch das Quidde-Zentrum nicht mehr stehen. Ein Jahr könnte es durchaus noch so weitergehen, dann oder auch etwas später aber kommt der Neubau. Neben Läden (genauer darüber) wird es viele, viele Wohnungen geben, die ach so dringend gebraucht werden. Bis dahin wird vor allem eines hier zu Hause sein: die Kreativität.

Was Sie schon immer wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten: Was bedeutet NPL83? Wohl jeder Neuperlacher ist schon mal auf den Begriff NPL83 gestoßen. Doch was steckt dahinter? NPL83 ist eine Künstlervereinigung, die von Hakan K., Grosses K, ENZ und eben CAZ132 gegründet wurde. Schwerpunkte sind Musik und bildende Kunst.
NPL steht keinesfalls für Neurolinguistisches Programmieren, das wäre dann ja NLP, sondern schlicht für Neuperlach. Die 83 ist nicht das Gründungsjahr, sondern der alte Postleitzahlzusatz für Neuperlach (8000 München 83). Gegründet wurde NPL83 auch „erst“ 1986.

Link

Website von Jan Deichmann/CAZ132

CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) © Thomas Irlbeck
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Kunstausstellung CAZ132 (11.05.2013) Foto: Jan Deichmann
CAZ132 eröffnet Atelier im Quidde-Zentrum
Das Atelier von außen (11.05.2013) © Thomas Irlbeck

Zwei Jahre später

Atelier von CAZ132 im Quidde-Zentrum
Atelier von CAZ132 (31.10.2015) © Thomas Irlbeck
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Luftschutzbau Nr. 7

Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck
Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck
Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck

Ein Bunker hat aufgrund seiner enormen Festigkeit etwas Bewahrendes, Schützendes, etwas Ewiges. Gleichzeitig tangiert er aber immer auch das Endliche, denn er ist unauflöslich mit den Schrecken des Krieges verbunden, mit dem Vergänglichen, dem Tod. Speziell Hochbunker alter Bauart verkörpern etwas Geheimnisvolles, Mystisches. Kaum mehr als einen Steinwurf von Neuperlach entfernt steht er, der Hochbunker an der Sonnwendjochstraße, Ecke Waldstraße. Die offizielle Adresse lautet Sonnwendjochstraße 54c. Vom Bunker blickt man auf die Heinrich-Wieland-Straße, den Ostpark. Der Standort indes gehört zum Stadtteil Josephsburg und damit zu Berg am Laim.

1941 wurde der Bunker als „Luftschutzbau Nr. 7“ (im Folgenden kurz als „Nr. 7“ bezeichnet) nach Plänen von Karl Meitinger (* 1882; † 1970) errichtet, einem Münchener Architekten und Baubeamten, der sich für weitere Hochbunker wie den bekannten Hochbunker an der Blumenstraße, aber auch für diverse Schwimmbäder (Städtisches Männerfreibad in der Schyrenstraße, Frauenfreibad in den Isarauen, Nordbad …) und völlig andere Arten von Bauten, etwa Wohnanlagen, verantwortlich zeichnet.

Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck

Markant ist der achteckige Grundriss von Nr. 7, ebenso die monumentale Freitreppe. Der Stil folgt der Tradition des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Wehrbaus. Vier Geschosse hat der turmähnliche Bau, die mit einem Zeltdach abschließen. Inzwischen steht Nr. 7 unter Denkmalschutz. Der Hochbunker ist derzeit nahezu leer und für die Allgemeinheit nicht zugänglich.

Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck
Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck

Es gibt noch zahlreiche weitere Hochbunker in München. Wikipedia listet 25 noch existierende Bauten auf. 3 Hochbunker wurden abgerissen. Die meisten stehen einfach leer, so wie auch Nr. 7. Manche Hochbunker werden für kulturelle Zwecke genutzt, etwa Kunstausstellungen oder als Musik- und Theaterschule. Der Hochbunker an der Claude-Lorrain-Straße in Giesing wurde gar zu einem Wohnhaus umgebaut. Wohnen hinter 2,40 Meter dicken Wänden (das ist normalerweise die Raumhöhe!), das gibt es. Der Hochbunker an der Ungererstraße wurde umgebaut – und ist jetzt ein achtgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus mit ca. 1.000 m² Wohn- und Nutzfläche. Nur zwei Hochbunker sind noch als Schutzbauten (in der Schleißheimerstraße und in der Blumenstraße) vorgesehen, eine Rolle, die sie hoffentlich nie mehr ausfüllen müssen.

Luftschutzbau Nr. 7
Luftschutzbau Nr. 7 (06.02.2013) © Thomas Irlbeck

Mit dem ÖPNV erreicht man den Hochbunker am besten per Tram 21 oder Autobus 195 an der Haltestelle St.-Veit-Straße.

Die GPS-Koordinaten des Hochbunkers lauten 48.120833 11.645278.

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Über Neuperlach ins Schwarze Meer: Der Hachinger Bach

Hachinger Bach
Baumhaus- und Brückenromantik am Hachinger Bach in Perlach Süd
Hachinger Bach
Die Autobahn A8 überquert den Hachinger Bach an der Grenze zwischen Unterbiberg und Unterhaching
Hachinger Bach
Der Hachinger Bach bei Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Auf der Suche nach mystischen Orten in Neuperlach werden wir nun das erste Mal einen Ort finden, der tatsächlich (auch) in Neuperlach liegt und nicht haarscharf daneben. Genau genommen ist es kein Ort, sondern vielmehr ein linienförmiges Gebilde: der Hachinger Bach. An seinem Verlauf gibt es eine ganze Reihe mystischer Orte. Auch als Ort der Ruhe ist der Bach an vielen Stellen mindestens eine Kraftzone. Da auch Taufrituale an Gewässern durchgeführt werden, hat ein Gewässer grundsätzlich einen gewissen mystischen Charakter. Zudem ranken sich noch Sagen und Legenden um den Hachinger Bach, dazu später mehr. Schließlich soll noch ein Experiment den Bach „erfahrbar“ machen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Kinder baden im Hachinger Bach an der Sebastian-Bauer-Strasse im August 1932
Kinder baden im Hachinger Bach an der Sebastian-Bauer-Strasse im August 1932. Bild: Festring Perlach
Ansichtskarte Hachinger Tal
Ansichtskarte Hachinger- und Gleißental aus der Vogelperspektive (um 1909). Urheber: unbekannt, Lizenz: Public Domain

Zunächst einmal das Wichtigste: Der Hachinger Bach fließt durch Oberhaching, Taufkirchen, Unterhaching, Unterbiberg, Perlach und dann eben auch Neuperlach. Gleich hinter Neuperlach taucht dann der Bach in den Untergrund ab, worauf später noch näher eingegangen wird. Letztlich fließt der Bach über seine Folgegewässer ins Schwarze Meer.

Ein Bach ohne eindeutige Quelle – und mit ungewöhnlicher Mündung

Das zwölf Kilometer lange Gewässer beginnt in einer ehemaligen Gletscherabflussrinne zwischen Deisenhofen und Oberhaching. Dabei zeigt sich die erste Besonderheit, der Hachinger Bach hat keine eindeutige Quelle. Die Stelle, wo der Hachinger Bach in Erscheinung tritt, liegt in einem Bereich, in dem das vom Deininger Weiher ausgehende Gleißental zum Hachinger Tal wird. Auf einer Länge von rund 100 Metern tritt stetig mehr Grundwasser aus dem Boden, sodass der Boden immer mehr Feuchtigkeit aufweist, bis tatsächlich eine sichtbare Wasserrinne und damit der Bach entsteht. Da das Grundwasser ständigen Schwankungen unterworfen ist, lässt sich kein genauer Quellpunkt ausmachen. Um zu verhindern, dass das Bachbett ganz trocken fallen kann, wurde neben einem Parkweg ein Rohr installiert, das Wasser einleitet. Die Wassermenge steigt im weiteren Bachverlauf an – durch Grundwassereintritt und Zuflüsse wie den Entenbach in Taufkirchen.

Doch nördlich von Unterhaching ist der Bach in Gefahr, da die Flinzschicht, die das Wasser hält und den Bach vor einem Versickern bewahrt, stark abfällt. Ebenso sinkt das Grundwasser. Doch die Schlammablagerungen, die der Bach selbst geschaffen hat, verschonen ihn vor diesem Schicksal. Dadurch versickerte der Bach nicht mehr wie ursprünglich irgendwo kurz nach Unterhaching in der Münchner Schotterebene, sondern schaffte es noch bis zu einer Stelle, die nördlich des heutigen Ostparks liegt. Doch heute ist alles anders. Der Bach unterquert nach dem Ostpark noch die Heinrich-Wieland-Straße und hat dann noch 120 Gnadenmeter an der Oberfläche, bevor er seit 1933 in einem Einlaufbauwerk mit automatischem Schmutzrechen abtaucht. Neben dem Einlaufbauwerk wurde ein Versickerungsbecken angelegt, das bei Hochwasser Überschwemmungen verhindern soll.

Jetzt wird es unterirdisch

Der Bach fließt ab dem Einlaufbauwerk unterirdisch durch ein profanes Betonrohr bis zum so genannten Hüllgraben, einem künstlich angelegten Kanal, der am Zamdorfer Gleisdreieck beginnt. Von dort geht es oberirdisch weiter zum sogenannten Abfanggraben, der zwischen Johanneskirchen und Aschheim liegt. Dieser führt schließlich zum Mittlere-Isar-Kanal westlich von Neufinsing. Letzterer fließt dann bei Tiefenbach, westlich von Landshut, in die Isar. Diese wiederum mündet bekanntlich in die Donau und diese fließt noch „bekannlicher“ ins Schwarze Meer.

Renaturierung

Der Bach wurde wie viele Gewässer auch an vielen Stellen begradigt. Auch heute noch fließt er an manchen Stellen schnurgerade, oft sogar in einer kanalähnlichen Betonrinne. An einigen Stellen, etwa in einem Teilabschnitt in Unterbiberg, wurde aber inzwischen eine Renaturierung durchgeführt. Inwieweit diese Renaturierungen gelungen sind, zeigen die Fotos weiter unten.

Nach oben kommen!

Forderungen, den Hachinger Bach auch in Berg am Laim, wo er ja unterirdisch fließt, an die Oberfläche zu holen, gibt es immer wieder. Man hat auch eine vorbereitende Maßnahme durchgeführt und vom Einlaufbauwerk bis zum Pavillon der U-Bahn-Station Josephsburg ein Bachbett angelegt. Doch dieses ist bis heute ungenutzt. Update: 2014 sollte es weitergehen und der Bach hier offengelegt werden. Bis Januar 2021 ist aber nichts passiert. Update 2021: Angeblich soll die Umsetzung nun 2021 geschehen.

Legende

Früher versiegte die Quelle des Baches rund alle sieben Jahre, um dann ein Jahr später wieder aufzutauchen. Dafür und auch für das Versickern des Bachs hatte man damals keine Erklärungen. Entsprechend entstanden einige Sagen, in denen dafür dem Teufel die Verantwortung dafür gegeben wurde. Ferner ist eine Sage bekannt, in der von einem Erbschaftsstreit um eine Mühle am Bach zwischen zwei Söhnen die Rede ist. Da sich die Söhne nicht einigen konnten, soll Gott höchstpersönlich die Quelle zum Versiegen gebracht haben, um die Mühle vorübergehend sinnlos zu machen.

Wortherkunft

Der Name Hachinger Bach leitet sich von Hacho ab, einem Bajuwaren, der zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert Siedlungen entlang des Bachlaufs errichtete.

Das Experiment – Entlang am Hachinger Bach

In dem angekündigten Experiment möchte ich den gesamten Hachinger Bach mit dem Fahrrad abfahren und auch das ominöse Wasserrohr an der Quelle lokalisieren. Der Grundgedanke ist, dass wenn ich nach Deisenhofen auf der normalen Straße fahre, ich möglicherweise gar nichts finde, da das Wasserrohr gut versteckt und der Bachverlauf unklar sein könnten. Also fange ich lieber auf der sicheren Seite an (im wahrsten Wortsinne!), das heißt beim Einlaufbauwerk am Michaelibad. Von dort aus taste ich mich gewissermaßen zum anderen Ende der Schnur. Meine selbst gesetzte Vorgabe ist, möglichst immer am Ufer zu fahren, zumindest aber in Sichtnähe zum Bach. An Stellen, wo der Bach durch Privatgrundstücke fließt, sind Ausnahmen möglich, aber zu weit sollte ich mich nicht vom Bach wegbewegen. Alle Bilder sind übrigens in der Reihenfolge streng von der Mündung in Richtung Quelle angeordnet. Der Blick wechselt aber mitunter und geht mal in die eine und mal die andere Richtung (je nachdem, was es zu sehen gibt und auch um Gegenlichtaufnahmen möglichst zu vermeiden). Das Experiment kann beginnen. Werde ich die Aufgabe meistern und am Ende vor dem erwähnten Rohr stehen?

Noch ein Hinweis: In dem nachfolgenden Text mag man mir verzeihen, dass ich den Verlauf Richtung Quelle beschreibe und dabei immer mal wieder die Formulierungen der „Bach unterquert, schlängelt sich (oder ähnlich)“ verwende, obwohl das ja dann quasi flussaufwärts wäre. Natürlich kann selbst der Hachinger Bach nicht Richtung Quelle und auch nicht bergauf fließen. Aber es ließe sich anders nur sehr kompliziert ausdrücken, daher diese sprachliche Ungenauigkeit.

Das Einlaufbauwerk

Hachinger Bach
Der Hachinger Bach verschwindet im Einlaufbauwerk (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Das kurze oberirdische Stück des Bachs in Josephsburg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Ich starte am Einlaufbauwerk, das sich an der Kampenwandstraße befindet. Das Kleine Brauhaus Wilder Mann ist hier ganz in der Nähe. Das Gelände mit dem Einlaufbauwerk ist eingezäunt und durch Bewuchs nur schlecht einsehbar. Lediglich den Bach sieht man deutlich verschwinden, der dann auf der anderen Seite nicht mehr auftaucht und sich unterirdisch auf seine Reise gen Norden begibt. In dem kurzen Stück zwischen Einlaufbauwerk und Heinrich-Wieland-Straße hat der Bach immerhin ein würdevolles Bett.

Im Ostpark

Hachinger Bach
Der Bach überquert die Heinrich-Wieland-Straße. Hier ein Blick auf das kurze Stück (Blick nach Norden), das der Bach hier noch bis zum Einlaufbauwerk hat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Nachdem der Bach die Heinrich-Wieland-Straße unterquert hat (Bild links), geht es ziemlich idyllisch durch den Ostpark. Es gibt diverse Brücken, auch Stellen, wo man nur mit Mühe auf einem kleinen Trampelpfad dem Gewässer folgen kann. Aber es lohnt sich. Ich zeige einfach mal einige der schönsten und typischsten Stellen. Bei einigen Bildern kann man kaum glauben, sich im künstlich angelegten Ostpark zu befinden. Es lohnt sich aber, die offensichtlichen Wege zu verlassen und dem Bach haut-, besser wassernah zu folgen.

Hachinger Bach
Der Ostpark: So künstlich angelegt … (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
… sieht der Park hier gar nicht aus (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Im Ostpark: Eine der vielen Brücken über den Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

In Neuperlach West

Nachdem der Hachinger Bach die Staudingerstraße unterquert hat, fließt er am Adolf-Baeyer-Damm durch Neuperlach West. Das Ufer ist hier schön grün angelegt, aber das Ufer ist nicht so natürlich und wild wie im Ostpark. Hier steht jedoch das Erholungserlebnis der Bürger im Vordergrund, so führen an einer Stelle z.B. Betonstufen runter zum Bach (siehe die ersten drei Bilder). Unter der Ständlerstraße verlässt der Bach schließlich Neuperlach (letztes Bild).

Hachinger Bach
Der Hachinger Bach in Neuperlach West (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier führen Stufen runter zum Ufer (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Die Stufen nun von der anderen Seite (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier lässt es sich wirklich gut aushalten (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Auch das gibt es: eine der winzigen Inseln (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier unterquert der Bach die Ständlerstraße (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Perlach – hier ist die Zeit stehen geblieben

St. Michael Perlach
St. Michael am Pfanzeltplatz (20.02.2021) © Thomas Irlbeck

Nach der Ständlerstraße schlängelt sich das Bächlein durch Perlach, also gewissermaßen Altperlach. Hier findet sich ein extrem abwechslungsreicher Verlauf. Es gibt wilde Stellen, aber auch gezähmte, bei denen der Bach fast schon trostlos in einer schnurgeraden Betonrinne dahinplätschert. Auffällig sind die vielen Brücken, von denen manche speziell nur für den Zugang von Einfamilienhäusern gebaut wurden. Einige der Brücken sind sehr simpel, andere aufwändiger und auch mit schwerem Gerät befahrbar.

St. Paulus Perlach
St. Paulus Perlach (30.03.2021) © Thomas Irlbeck

Die Häuser weisen meist sehr dörflichen Charakter auf, aber auch Neubauarchitektur, die verdächtig nach Einheitsarchitektur von der Stange aussieht, hat sich stellenweise breit gemacht. Einöde wechselt sich mit belebten Stellen ab. Das Zentrum ist natürlich der Pfanzeltplatz, wo auch ein Marktplatz und die meisten Läden angesiedelt sind. Viele der Geschäfte haben ihren ursprünglichen Charakter behalten, bei manchen scheint die Zeit in den 1960er-Jahren stehen geblieben zu sein.

Am Pfanzeltplatz treffen wir auch auf den ersten echten mystischen Ort, die 1728 errichtete barocke römisch-katholische Pfarrkirche St. Michael (siehe Bild links). Etwas weiter stadtauswärts – der Sebastian-Bauer-Straße folgend – kommen wir noch einmal an einer Kirche und damit an einem weiteren wirklichen mystischen Ort vorbei, der evangelisch-lutherischen St.-Paulus-Kirche (siehe Bild rechts).Es ist keine Kirche wie jede andere, es ist vielmehr die älteste evangelische Kirche Münchens. Sie wurde 1849 nach Plänen des Architekten Georg Friedrich Ziebland (* 1800; † 1873) gebaut. Von ihm stammen unter anderem auch die Staatlichen Antikensammlungen am Königsplatz.

Unter den S-Bahn-Gleisen verlässt der Bach schließlich das eigentliche Perlach. Jetzt geht es weiter durch Perlach Süd (nicht zu verwechseln mit Neuperlach Süd!).

Hachinger Bach
Eine natürlich wirkenden Stelle mit Insel (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier wirkt der Bach arg kanalmäßig eingezwängt. Rechts oben sieht man noch einen Teil des alten Ballauf-Hofes (Holzwiesenstraße), der dann abgerissen und als Pflegeheim neu gebaut wurde (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier in Perlach fühlt man sich noch fast wie auf dem Dorf (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Pfanzeltplatz mit Marktplatz (rechts hinter den Bäumen) (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Denkmalgeschützes Eckhaus an der Sebastian-Bauer-Straße – zweigeschossiger Putzbau mit Satteldach, einseitig mit Schopfwalm, und Eckturm mit Spitzhelm, Fachwerkgeschoss und Eisenbalkon, Neurokoko, um 1900 (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Der Perlacher Hof – natürlich – in Perlach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Perlach Süd – Idylle und eine geheimnisvolle Kapelle

Obwohl es in Perlach Süd ein Gewerbegebiet gibt, befinden sich am Bach die vielleicht idyllischsten Punkte überhaupt. Der Bach fließt dabei westlich der Unterbiberger Straße und parallel zu ihr. Am Ufer führt ein einfacher Pfad. An einigen Punkten läuft der Bach fast schon spektakulär durch Privatgrundstücke und ganz nah an Privathäusern vorbei. Es gibt viel zu entdecken – interessante Brücken, ein Baumhaus und ganz besonders geformte Bäume.

Am südlichsten Zipfel von Perlach kann ein weiterer echter mystischer Ort bestaunt werden, eine Kapelle gleich neben dem Bach. Leider ist „bestaunen“ schon fast zu viel versprochen, denn das Gotteshaus steht auf einem nicht zugänglichen, eingefriedeten Privatgrundstück. Das Wohnhaus und die Einrichtungen um das Haus herum machen nicht mehr den frischsten, ja fast schon einen verlassenen Eindruck. Dem Besucher bleibt leider nur ein Blick auf die Kapelle (siehe letztes Bild). Vielleicht weiß ja einer der Neuperlach.org-Leser mehr über die Kapelle.

Hachinger Bach
Jetzt wird es ziemlich privat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Noch mal sehr privat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Eine Brücke und ein Baumhaus (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Baumhaus und Brücke aus der Nähe (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Zäune sind doch keine Hindernisse für einen Bach! (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Ein ganz besonderer Baum (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Auch Brücken der einfachsten Art verbinden (06.12.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Kapelle am Hachinger Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Unterbiberg

Nun führt der Bachverlauf mich nach Unterbiberg, einem Ortsteil von Neubiberg. Hier hat der Bach richtig viel Platz. Es gibt einen Park und große Felder und es ist alles nicht so zugewachsen. Das erleichtert es auch, Bilder zu machen, die nicht wie die bisherigen den Bach vor einem eher unruhigen, grünen Hintergrund zeigen. Als Erstes komme ich an der Grundschule Unterbiberg vorbei, ein sehr farbenfrohes Gebäude, das bezeichnenderweise an der Straße „Am Hachinger Bach“ liegt. Als Nächstes führt mich mein Weg an der barocken römisch-katholischen Kirche St. Georg vorbei, dem bereits vierten mystischen Ort. Das dürfte rekordverdächtig für diese Reihe auf Neuperlach.org sein! Der Bau von St. Georg wurde 1725 begonnen und rund 20 Jahre später abgeschlossen. Der Friedhof ist übrigens noch viel älter, etwa 600 Jahre. Kurz hinter St. Georg verlasse ich den bebauten Teil von Unterbiberg. Nun wird es zunächst auf ein paar Metern fast so was wie wildromantisch, wenn man mal über die steinerne schnurgerade Kanalrinne hinwegsieht. Etwas weiter hinten wird der Bach begradigt über riesige Felder geführt. Hier sind noch keine Baumaschinen angerückt, um eine Neubausiedlung aus dem Boden zu stampfen, immerhin. Der Bach ist Hauptakteur in der Szenerie, ein Blick zurück auf St. Georg darf nicht fehlen. Nur das Rauschen der A8 im Hintergrund trübt die Stimmung.

Bald nähert sich der Bachverlauf der Autobahn. Und der Bach fließt unter der Autobahn durch. Das wäre eigentlich nicht schlimm, doch das Tunnelbauwerk hat nur einen engen Notdurchgang. Natürlich weiß ich, dass es noch andere Unter-/Überquerungsmöglichkeiten in der Nähe gibt, aber ich will ja direkt dem Bach folgen. Nur mit Mühe schaffe ich es, mein Rad in den schmalen Tunnel mit den scharfen abknickenden Mauern einzufädeln. Zum Glück leide ich nicht unter Klaustrophobie. Das gerade Stück lege ich sogar fahrend zurück, am Ende muss ich das Rad wieder ausfädeln. Geschafft!

Grundschule Unterbiberg
Die Grundschule Unterbiberg am Hachinger Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Der Hachinger Bach in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
St. Georg, Unterbiberg
St. Georg in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterbiberg: Hier wird es fast wildromantisch (06.10.2012)
Hachinger Bach
Südlich von Unterbiberg, Blick zurück auf St. Georg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterbiberg, im Hintergrund die A8 (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Begradigter Hachinger Bach in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Kurz vor der Autobahnunterführung ein Blick zurück (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Nicht vertrauenerweckend, aber da „muss“ ich durch (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterführung unter der A8: Bequem ist was anderes (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Schon etwas knapp (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Unterhaching

Nach der unbequemen Tunnel-Tour bin ich nun auf der anderen Seite, die zu Unterhaching gehört. Hier führt der Bach erstmals durch einen Ort, wo sich der Name des Baches auch im Ortsnamen findet. Doch die Freude währt nur kurz, der Bach verschwindet nach wenigen Metern in einem sehr gut eingezäunten Grundstück. Da geht es endgültig nicht mehr weiter, auch nicht so einfach an der Seite vorbei. Ich schaue mich ein wenig um. Ich befinde mich auf einem riesigen Parkplatz, auf dessen Ende das Geothermiekraftwerk Unterhaching liegt. Über den Parkplatz komme ich zu einer Hauptstraße, der Biberger Straße. Würde ich dieser folgen, würde ich sicherlich bald wieder auf den Bach treffen. Doch mir läuft die Zeit davon. Viel zu lange habe ich für die vielen Fotostopps gebraucht. Auch schlägt das Wetter nun so langsam um.

Hachinger Bach
Unterführungsbauwerk für Schlanke: Da kam ich … (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
… tatsächlich raus. Jetzt aber weiter! (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier geht‘s nicht mehr weiter. Und nun? (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Endstation Geothermiekraftwerk Unterhaching (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Fazit

Das Projekt Wasserrohr-Lokalisierung ist daher erst einmal gescheitert, aber gesehen habe ich dennoch eine Menge Interessantes. Einen mystischen Ort auf Neuperlacher Gebiet habe ich allerdings, wenn man strengste Maßstäbe anlegt, wieder nicht gefunden, es sei denn, man lässt den Bach als Ganzes durchgehen, wie ich es am Anfang angedeutet habe. Aber es wird sicherlich eines Tages noch einen 9. Teil der Serie geben. Dann werden die Karten neu gemischt.

Am Ende noch ein kleines Zuckerl:

Das Michaeli-Gymnasium hat gleich zweimal einen Bezug zum Hachinger Bach

Michaeli-Gymnasium
Michaeli-Gymnasium. Foto: Rufus46 / Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Das 1971 gegründete staatliche Michaeli-Gymnasium im Stadtteil Josephsburg, der zum Stadtbezirk Berg am Laim gehört, liegt nicht nur in der Nähe des Hachinger Bachs, genauer an dem erwähnten Einlaufbauwerk, sondern hat auch eine passende postalische Adresse. Man würde sich für eine Schule von Weltruf, die rund 1.300 Schüler und rund 100 Lehrkräfte beheimatet, einen Straßennamen wie etwa Heinrich-Mann-Straße oder Albert-Einstein-Allee wünschen, doch der Betonbau liegt an der Hachinger-Bach-Straße 25. Mit etwas Augenzwinkern betrachtet nimmt der verniedlichende Name dem renommierten Gymnasium etwas von seinem Weltstadtflair. Aber München ist ja vielleicht gar keine Weltstadt, sondern eher ein Weltdorf und durch den Straßennamen wird die Schule wiederum etwas Besonderes. Sicherlich wird schon der eine oder andere mit angelsächsischen Wurzeln die Adresse falsch als „Häjtschinger Bach“ ausgesprochen haben.

Eine weitere Eigenheit des Gebäudes ist, dass man aus Gründen der Kostenersparnis das gleichzeitig im Stadtteil Fürstenried entstandene Thomas-Mann-Gymnasium nach exakt den gleichen Bauplänen errichtetet hat. Ähnliches findet man auch in Neuperlach – auch dort sehen sich die meisten Schulen zum Verwechseln ähnlich, etwa die Grundschule am Karl-Marx-Ring, die Grundschule an der Kafkastraße und (früher, vor dem Umbau) die Wilhelm-Röntgen-Realschule an der Klabundstraße. Effizienz ist alles.

Kunst

Die Bachmühle in Taufkirchen
Die Bachmühle in Taufkirchen. Bild: Festring Perlach

Der Hachinger Bach im Winter 2021

Unser Hachinger Bach heute – im Ostpark. Wir sind ganz nahe an der Stelle, an der der Bach unter der Heinrich-Wieland-Straße verschwindet. Wir sind hier noch in Neuperlach (Fotostandpunkt), das andere Bachufer liegt bereits in Ramersdorf. Mehr zum Thema im Artikel „Über Neuperlach ins Schwarze Meer: Der Hachinger Bach“

Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck

Quellen (nicht die des Baches)

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Architektur Bilder Kirche/Religion Kunst und Denkmäler Mystisches/Legenden

Michaelikapelle

Michaelikapelle
Die Michaelikapelle von der Heinrich-Wieland-Straße aus gesehen (07.03.2012) © Thomas Irlbeck

An der Kreuzung Heinrich-Wieland-Straße/Albert-Schweitzer-Straße/Corinthstraße steht am nordöstlichen Eck die denkmalgeschützte Michaelikapelle. Wer sich hier nicht sofort was darunter vorstellen kann, es ist die riesige Kreuzung zwischen dem Schulzentrum an der Quiddestraße und dem Lidl-Markt an der Corinthstraße. Der Ostpark beginnt dort ebenso. Die Kapelle selbst befindet sich neben eben diesem Lidl-Markt.

Bis jetzt ist Neuperlach.org auf der Suche nach einem mystischen Ort, der sich auch wirklich in Neuperlach liegt und nicht nur in der Nähe des Stadtteils. Die Michaelikapelle ist ganz nahe dran. Denn der Ort, an dem sie steht, gehörte früher zur Gemarkung Perlach, und so ist sie auch im Grundbuchamt eingetragen. Die Kapelle entstand im Rahmen der Siedlung Michaeliburg, die zum Teil auf Truderinger als auch auf Perlacher Gebiet liegt. Nach dem Bau von Neuperlach und der Heinrich-Wieland-Straße sind die Stadtbezirksgrenzen entlang der Straße neu gezogen worden, sodass die Kapelle heute zum Stadtteil Trudering (Stadtbezirk Trudering-Riem) gehört.

Aber nur haarscharf: Die stadtauswärts führenden Fahrspuren der Heinrich-Wieland-Straße zählen an dieser Position schon zu Neuperlach, aber die Fahrspuren auf der anderen Seite und damit auch die am rechten Straßenrand (Blick stadteinwärts) befindliche Kapelle werden noch dem Stadtteil Stadtbezirk Trudering-Riem zugerechnet. Schade, aber die wenigen fehlenden Meter (es sind nur rund 50 Meter bis zur Grenze) lassen das Bauwerk gefühlt zu Neuperlach gehören.

Die Kapelle wurde am 7. Oktober 1900 eröffnet und ist St. Michael geweiht. Einmal im Jahr, zum Volkstrauertag, findet in der Kapelle ein Treffen der Vereine der Umgebung statt, die der Opfer der beiden Weltkriege sowie aller danach geführten Kriege gedenken. Sie erfüllt daher die Funktion einer Kriegergedächtniskapelle.

Geschichte

Die Kapelle hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In Auftrag gegeben wurde sie den Quellen nach von Michael Obermayer (auch Versionen mit Michasel Obermeyer und Michael Neumeyer sind in Umlauf) aus Straßtrudering (der als erster Siedler auch Namensgeber für die Siedlung Michaeliburg sein soll), der sich der Gemeinde Perlach gegenüber verpflichtet hatte, als Gegenleistung für die Genehmigung seines Wirtshausbetriebs, eine Kapelle zu errichten. Das Gebäude mit dem früheren Wirtshaus wurde im Volksmund wegen des burgähnlichen Aussehens Michaeliburg genannt, erst 2009 wurde es abgerissen. Da die Kapelle St. Michael geweiht ist, gerät die Theorie über die Namensherkunft allerdings ins Wanken.

Michaelikapelle
Die Michaelikapelle: Halb unter Bäumen versteckt, vorne umspült von weltlichem Verkehr (07.03.2012) © Thomas Irlbeck

Das Grundstück erwarb Obermayer 1898, die Quelle „Trudering – Waldtrudering – Riem: Münchens ferner Osten“ nennt hier als Kaufpreis 60 Mark. 1906 bekam die Kapelle neue Eigentümer, die die Verpflichtung, die Kapelle ausschließlich für römisch-katholische Gottesdienste zu benutzen, ignorierten. Die Kapelle soll als Lagerraum und für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden sein. 1922 erhielt die Kapelle nochmals einen neuen Eigentümer, der wieder Gottesdienste initiierte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Kirche in einem erbärmlichen Zustand. Dach, Fenster und Türen fehlten, selbst der Altar war entwendet worden. Die Kirchenbänke wurden offenbar in einem der strengen Nachkriegswinter verheizt. Nachdem es zunächst ernsthafte Überlegungen gab, die Kapelle abzureißen, wurde sie schließlich unter dem Einsatz einiger engagierter Bürger aus der Siedlung Michaeliburg aufwändig wiederhergestellt.

Denkmalschutz

Der Bayerische Denkmal-Atlas sagt zu dem Gebäude:

Kriegergedächtniskapelle Michaeliburg, Putzbau mit Satteldach und
Dachreiter, neugotisch, 1898; mit Ausstattung, nachqualifiziert.

Historische Fotos mal ganz anders

Hier noch ein seltenes Bild der Michaelikapelle aus früheren Zeiten (linkes Bild). Es stammt aus dem Video „Altes aus Neuperlach“ von Peter Wahrendorff. Michaelikapelle ca. 1975.

Michaelikappelle aus Video von Peter Wahrendorff
Michaelikapelle ca. 1975 (Screenshot aus dem Video „Altes aus Neuperlach“)

Auch im nächsten Bild auch ist die Michaelikapelle zu sehen, zwischen der Tram und dem linken Bildrand. Wer gut hinschaut, erkennt in dem rechten Bild auch die Michaeliburg, die Turmspitzen sind zwischen der Tram und dem Kran zu sehen.-Vielen Dank an einen Leser für den Tipp. Das Bild gibt es in der Rubrik Tram auch ohne Pfeile:

Tram 11 Karl-Marx-Ring
M/m-Zug der Linie 11 an der Haltestelle Karl-Marx-Ring. Blick ist stadteinwärts. Foto ist vom 12.09.1970 (dem Eröffnungstag!). Fotograf: Peter Wagner. Mit freundlicher Genehmigung der Freunde des Münchner Trambahnmuseums e.V.
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Bilder Historisches Kunst und Denkmäler Mystisches/Legenden

Alter Schwede (General Horn)

Schwedenstein
Der Schwedenstein (in einigen Karten als „General Horn“ bezeichnet) steht am Wegesrand einer der vielen Waldwege im Truderinger Wald (21.08.2010) © Thomas Irlbeck

Im Truderinger Wald, auf dem zu Waldperlach gehörigen Gebiet, unweit der Kiesgrube am alten Quetschwerk Fritz Roth, steht der Schwedenstein. Es handelt sich um einen Gedenkstein, welcher der Legende nach General Horn gewidmet ist. Angeblich ist Gustav Carl Horn im Dreißigjährigen Krieg 1632 bei Kämpfen um Perlach gefallen und unter dem Gedenkstein beerdigt. Doch diese Legende gilt als widerlegt, denn General Horn ist anderen Quellen zufolge 1657 in Skara (Schweden) gestorben und in Stockholm beerdigt. Ein gefallener General kämpft nur selten einfach so weiter, als wäre nichts geschehen. Bei einer Probeausgrabung am Gedenkstein wurden keine Gebeine gefunden, was die Theorie mit dem Schweden-Grab noch löchriger macht. Allerdings gilt als gesichert, dass Perlach 1632 tatsächlich von schwedischen Truppen und kurze Zeit später von kaiserlichen Truppen geplündert wurde.

An der „Schweden“-Theorie ist noch mehr faul. Der Stein ist nämlich erheblich älter, er soll um 1500 herum entstanden sein. Das Original befindet sich übrigens seit 1952/1953 im Münchner Stadtmuseum. Was heute noch im Truderinger Wald steht, ist eine Nachbildung, die 1988 an der Originalstelle platziert wurde.

Schwedenstein
Ein bisschen näher dran, und schon zeigt sich die Schönheit des Denkmals noch wahrhaftiger (21.08.2010) © Thomas Irlbeck
Schwedenstein
Gedenktafel am Schwedenstein. Der legendenumwobene Stein ist also leider nur eine Nachbildung, die aber inzwischen auch ganz schön alt aussieht (21.08.2010) © Thomas Irlbeck
Umgebungskarte Schwedenstein. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Wem ist der Stein aber gewidmet, wenn die Story vom untoten General doch eher wenig glaubhaft ist? Einer anderen Legende nach soll das Teil ein Denkmal für den Empfang Kaiser Karls V. 1530 sein. Von der Jahreszahl kommt das schon näher hin. Der Kaiser zog zu dieser Zeit von Innsbruck über München nach Augsburg. Damals war das Gebiet noch unbewaldet. Auf dieser „Perlacher Haydn“ wurde zu Ehren des Kaisers eine Jagd veranstaltet.

Nicht weit vom Schwedenstein entfernt gibt es eine kleine Siedlung, die eine schmale Zunge im Wald mit nur einer Straße darstellt und irgendwo zwischen der Truderinger Grenzkolonie und der Kolonie Waldfrieden im Niemandsland eingeklinkt ist. Obwohl man noch zum Stadtgebiet gehört, gibt es dort keine Läden und auch keinen öffentlichen Nahverkehr. Diese einzige Straße heißt – wie auch sonst – Schwedensteinstraße, die Siedlung wird häufig folgerichtig als Schwedensiedlung bezeichnet. Der Schwede zieht also weite Kreise. Alter Schwede!

Trivia

  • Neben dem Stadtmuseum bemühte sich auch der Verschönerungsverein Perlach um den alten Stein, um den Ortskern aufzuwerten. Allerdings erfolglos.
  • Tagelanges Herumirren im Truderinger Wald muss nicht sein, um das Steinchen zu lokalisieren: Die GPS-Koordinaten des Schwedensteins lauten 48.09135, 11.678267.
  • Der Spruch „Alter Schwede!“ hat seinen Ursprung in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Näheres hierzu: Wikipedia: Alter Schwede (Redewendung)

Quellen

  • Walter Graßmann: der Schwedenstein, in: Gudrun Gersmann / Torsten Reimer (Hg.): München im Dreißigjährigen Krieg. Ein universitäres Lehrprojekt, 1. Version vom 6.12.2000
  • Wikipedia: Gustav Horn