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Michaelikapelle

Michaelikapelle
Die Michaelikapelle von der Heinrich-Wieland-Straße aus gesehen (07.03.2012) © Thomas Irlbeck

An der Kreuzung Heinrich-Wieland-Straße/Albert-Schweitzer-Straße/Corinthstraße steht am nordöstlichen Eck die denkmalgeschützte Michaelikapelle. Wer sich hier nicht sofort was darunter vorstellen kann, es ist die riesige Kreuzung zwischen dem Schulzentrum an der Quiddestraße und dem Lidl-Markt an der Corinthstraße. Der Ostpark beginnt dort ebenso. Die Kapelle selbst befindet sich neben eben diesem Lidl-Markt.

Bis jetzt ist Neuperlach.org auf der Suche nach einem mystischen Ort, der sich auch wirklich in Neuperlach liegt und nicht nur in der Nähe des Stadtteils. Die Michaelikapelle ist ganz nahe dran. Denn der Ort, an dem sie steht, gehörte früher zur Gemarkung Perlach, und so ist sie auch im Grundbuchamt eingetragen. Die Kapelle entstand im Rahmen der Siedlung Michaeliburg, die zum Teil auf Truderinger als auch auf Perlacher Gebiet liegt. Nach dem Bau von Neuperlach und der Heinrich-Wieland-Straße sind die Stadtbezirksgrenzen entlang der Straße neu gezogen worden, sodass die Kapelle heute zum Stadtteil Trudering (Stadtbezirk Trudering-Riem) gehört.

Aber nur haarscharf: Die stadtauswärts führenden Fahrspuren der Heinrich-Wieland-Straße zählen an dieser Position schon zu Neuperlach, aber die Fahrspuren auf der anderen Seite und damit auch die am rechten Straßenrand (Blick stadteinwärts) befindliche Kapelle werden noch dem Stadtteil Stadtbezirk Trudering-Riem zugerechnet. Schade, aber die wenigen fehlenden Meter (es sind nur rund 50 Meter bis zur Grenze) lassen das Bauwerk gefühlt zu Neuperlach gehören.

Die Kapelle wurde am 7. Oktober 1900 eröffnet und ist St. Michael geweiht. Einmal im Jahr, zum Volkstrauertag, findet in der Kapelle ein Treffen der Vereine der Umgebung statt, die der Opfer der beiden Weltkriege sowie aller danach geführten Kriege gedenken. Sie erfüllt daher die Funktion einer Kriegergedächtniskapelle.

Geschichte

Die Kapelle hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In Auftrag gegeben wurde sie den Quellen nach von Michael Obermayer (auch Versionen mit Michasel Obermeyer und Michael Neumeyer sind in Umlauf) aus Straßtrudering (der als erster Siedler auch Namensgeber für die Siedlung Michaeliburg sein soll), der sich der Gemeinde Perlach gegenüber verpflichtet hatte, als Gegenleistung für die Genehmigung seines Wirtshausbetriebs, eine Kapelle zu errichten. Das Gebäude mit dem früheren Wirtshaus wurde im Volksmund wegen des burgähnlichen Aussehens Michaeliburg genannt, erst 2009 wurde es abgerissen. Da die Kapelle St. Michael geweiht ist, gerät die Theorie über die Namensherkunft allerdings ins Wanken.

Michaelikapelle
Die Michaelikapelle: Halb unter Bäumen versteckt, vorne umspült von weltlichem Verkehr (07.03.2012) © Thomas Irlbeck

Das Grundstück erwarb Obermayer 1898, die Quelle „Trudering – Waldtrudering – Riem: Münchens ferner Osten“ nennt hier als Kaufpreis 60 Mark. 1906 bekam die Kapelle neue Eigentümer, die die Verpflichtung, die Kapelle ausschließlich für römisch-katholische Gottesdienste zu benutzen, ignorierten. Die Kapelle soll als Lagerraum und für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden sein. 1922 erhielt die Kapelle nochmals einen neuen Eigentümer, der wieder Gottesdienste initiierte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Kirche in einem erbärmlichen Zustand. Dach, Fenster und Türen fehlten, selbst der Altar war entwendet worden. Die Kirchenbänke wurden offenbar in einem der strengen Nachkriegswinter verheizt. Nachdem es zunächst ernsthafte Überlegungen gab, die Kapelle abzureißen, wurde sie schließlich unter dem Einsatz einiger engagierter Bürger aus der Siedlung Michaeliburg aufwändig wiederhergestellt.

Denkmalschutz

Der Bayerische Denkmal-Atlas sagt zu dem Gebäude:

Kriegergedächtniskapelle Michaeliburg, Putzbau mit Satteldach und
Dachreiter, neugotisch, 1898; mit Ausstattung, nachqualifiziert.

Historische Fotos mal ganz anders

Hier noch ein seltenes Bild der Michaelikapelle aus früheren Zeiten (linkes Bild). Es stammt aus dem Video „Altes aus Neuperlach“ von Peter Wahrendorff. Michaelikapelle ca. 1975.

Michaelikappelle aus Video von Peter Wahrendorff
Michaelikapelle ca. 1975 (Screenshot aus dem Video „Altes aus Neuperlach“)

Auch im nächsten Bild auch ist die Michaelikapelle zu sehen, zwischen der Tram und dem linken Bildrand. Wer gut hinschaut, erkennt in dem rechten Bild auch die Michaeliburg, die Turmspitzen sind zwischen der Tram und dem Kran zu sehen.-Vielen Dank an einen Leser für den Tipp. Das Bild gibt es in der Rubrik Tram auch ohne Pfeile:

Tram 11 Karl-Marx-Ring
M/m-Zug der Linie 11 an der Haltestelle Karl-Marx-Ring. Blick ist stadteinwärts. Foto ist vom 12.09.1970 (dem Eröffnungstag!). Fotograf: Peter Wagner. Mit freundlicher Genehmigung der Freunde des Münchner Trambahnmuseums e.V.
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Altes aus Neuperlach – spektakuläres Video mit historischen Bildern

Peter Wahrendorff, der 2011 tragischerweise verstorben ist, hat Neuperlach in der Anfangszeit in einem äußerst bemerkenswerten Film festgehalten. Alles beginnt damit, dass der Flieger landet – die Wahrendorffs ziehen von Berlin nach München. Es gibt Bilder vom Bau der Häuser, von den Rohbauten, den ersten Jahren. Nach Neuperlach fährt die Trambahn, dem Ostpark fehlen noch der Ostparksee und der Michaeligarten, dafür düsen Flugzeuge mit ohrenbetäubendem Lärm über den Park, und auf der fast schon vergessenen Sommersprungschanze legte der Nachwuchs respektable Hüpfer hin. All das ist längst Vergangenheit, aber dieses Video holt diese zurück ins Jetzt.

Hinweis zum Bild

Das Video hat im linken Bereich einen Bildfehler, also bitte nicht wundern.

Danke!

Ein ganz besonderer Dank geht an die Kinder von Peter Wahrendorff, die mir die Genehmigung erteilt haben, dieses eigentlich private Video hier zu zeigen.

Neuperlach 1968 bis 1975, Teil 1 von 2

Inhalt: Die Berliner kommen – Rohbaubesichtigung Okt. 1968 – Der längste Block in Neuperlach, der Z-Block – Südseite Quiddestraße – Blick nach Altperlach – Die Zugspitze hinter St. Michael – Stadtblick nach München – Blick vom Dach im 8. Stock – Münchenblick – Unsere Wohnung Quiddestraße – Beim Ausmessen der Steckdosen usw. – Neuperlach 1975 (eher 1971/1972!?) – Blick ohne Wohnring – Rundgang über unsere Spielplätze – Unser Perlach Mobile (auch als Raumspindel „Space Churn“ bekannt, der Verfasser) – Die Ständlerstraße noch ganz leer

Neuperlach 1968 bis 1975, Teil 2 von 2

Inhalt: Die LVA in Neuperlach – Schulzentrum an der Quiddestraße –, Unser Ostpark: noch kahl! – Mit eigener Sprungschanze – Damals gab es noch Flugzeuge im Ostpark! – Michaeligarten: Wo bist du? – Das war Perlach damals!

Hinweis zur Musik

Als musikalische Untermalung waren ursprünglich Stücke von Bert Kaempfert zu hören. Sie sind authentisch für diese Zeit. Leider musste die Originalmusik entfernt werden, denn bei einem Test identifizierte YouTube Material von UMG. Da sich YouTube, die GEMA und UMG bis heute nicht auf eine Lizenzierung des Materials einigen konnten, verpasste YouTube dem Video eine Sperre für Deutschland. Das Video wäre daher nur mit Tricks in Deutschland zu sehen gewesen. Daher musste die Musik leider durch lizenzfreie Musik ersetzt werden. Als Notbehelf ist im Folgenden der Soundtrack aufgeführt. Wer will, kann damit die Originalmusik rekonstruieren und nebenher laufen lassen.

Soundtrack

1. Catalania 2:08
2. Wonderland By Night (Wunderland bei Nacht) 3:12
3. A Swingin’ Safari 3:06
4. Danke Schoen 2:40
5. Red Roses For A Blue Lady 2:20
6. Moon Over Naples (Spanish Eyes) 2:36
7. Remember When 2:59
8. Strangers In The Night 3:20
9. Mister Sandman 2:30
10. Something 2:42

Alle Titel sind auf dem Album „Colour Collection“ enthalten, das es bei Amazon als CD gibt.

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Rückblick auf den Abriss von St. Jakobus (2012)

St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude bereits wegen Einsturzgefahr gesperrt (19.11.2011) © Thomas Irlbeck

Inzwischen sind eine ganze Reihe von Gebäuden verschwunden, die unser Neuperlach geprägt haben. Etwa der ehemalige Sitz der Neuen Heimat am Plett-Zentrum nebst integriertem Ladenzentrum, das Bürohaus Peschelanger 3 und die Kleiderfabrik „Bruestle Textilien“ an der Nawiaskystraße. Auch die Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum nebst zugehörigem Kindergarten ist dem Abrissbagger zum Opfer gefallen. Am Standort der Kirche wurde der neue Kindergarten gebaut. Dort, wo sich der Kindergarten befand, entstand das neue St. Jakobus. Beide tauschten also gewissermaßen die Plätze. Der neue Bau ist weit kleiner, um der sinkenden Zahl an Kirchengängerm gerecht zu werden, und wurde zunächst als Kapelle geplant, aber dann doch als Kirche eingeweiht (2019): Reinhard Kardinal Marx weiht neue Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum ein

St. Jakobus musste gehen, da der Bau marode geworden war. Erst einmal gab es massive Betonschäden, sodass eine sehr aufwendige Betonsanierung notwendig gewesen wäre. Sogar Einsturzgefahr wurde dem Gebäude attestiert. Ferner sollen die Dachträger den Anforderungen des Brandschutzes nicht mehr genügt haben. Erschwerend kam hinzu, dass der Bau mit Formaldehyd und Asbest belastet war, berichtete die Süddeutsche Zeitung am 10.03.2012. Eine Sanierung wurde aus Kostengründen verworfen. Es gab damals aber auch Stimmen, die behaupteten, der Zustand von St. Jakobus sei nicht so schlimm gewesen und das Gebäude hätte sehr wohl mit vertretbarem Aufwand gerettet werden können.

Bereits im Dezember 2011 wurde die Kirche aus Sicherheitsgründen geschlossen. Der Abriss begann im November 2012. Die Bilderstrecke zeigt St. Jakobus vor und während des Abrisses.

Abriss

Der Abriss ging schnell. Am 18. November wurde die erste Wand eingerissen, am 20.12.2012 war bereits fast nichts mehr übrig von dem Bau.

Abriss St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss (02.10.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
„Hier stirbt die Kirche“ ist zu lesen, wie wahr! (25.10.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Das Gebäude sieht an dieser Stelle noch intakt aus, aber das täuscht … (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
… denn die erste Wand ist bereits weg (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (21.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (26.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (20.12.2012) Foto: Benedikt Bast

Die neue Kirche

Am Ende darf der Nachfolger nicht fehlen. Die neue Kirche ist kleiner. Sie hat mit alten Bau den hohen Anteil an Sichtbeton (Brutalismus) gemeinsam.

St. Jakobus
Das neue St. Jakobus drei Tage vor der Einweihung. Wie weiter oben  beschrieben, steht die Kirche nicht an der gleichen Position wie die alte Kirche, sondern gegenüber, wo früher der Kindergarten war. Kirche und Kindergarten tauschten die Plätze (06.02.2019) © Thomas Irlbeck
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Presserundgang durch Neuperlach – der Artikel

Marx-Zentrum (SZ, Rumpf)
Marx-Zentrum. Foto: Rumpf, © Süddeutsche Zeitung. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Süddeutschen Zeitung

Der Süddeutsche Verlag hat mir freundlicherweise erlaubt, den Artikel, der aus dem Presserundgang durch Neuperlach entstanden ist, hier zu veröffentlichen. Vielen Dank! Die Rechte liegen natürlich weiterhin beim Süddeutschen Verlag, entsprechend darf der Artikel nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden.

Für den Artikel hier klicken: Die Stadt am Rande der Stadt →

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„Dieses Rattenloch ist kein Zuhause“

St. Monika
Das Marx-Zentrum (schwarze Häuser Mitte und rechts) und St. Monika (25.08.2012). Foto: Lesereinsendung

Es gibt Filme, die sieht man sich nur an, weil sie direkt vor der eigenen Haustüre gedreht wurden. Im Marx-Zentrum. „Das beste Jahr meines Lebens“ ist so ein Film, der vor kurzem im SWR wiederholt wurde und auch auf DVD erhältlich ist. Ausgerechnet auf der Geburtstagsfeier von Laura (gespielt von Christine Neubauer) wird ihr Mann Niklas (Huub Stapel) verhaftet. Der Vorwurf: Kreditbetrug. Es gebe eine anonyme Anzeige, heißt es. Am Anfang glaubt Laura nur an ein großes Missverständnis, doch mit jeder Filmminute spitzt sich die Lage zu. Zunächst muss Laura ihren Luxus aufgeben. Die Möbelfirma ihres Mannes ist pleite. Auch das luxuriöse Haus ist futsch. Laura zieht mit ihren beiden Kindern ins Marx-Zentrum, das offenbar eine Entsorgungsstätte für gescheiterte Reiche ist (siehe TV-Serie Arme Millionäre). Sohn und Tochter sind von dem heruntergekommenen Hochhausblock gar nicht begeistert. Das Filmteam half ein wenig nach, um von vornherein eine mögliche Neuperlach-Liebe zu verhindern – beim Einzug werden sie von einem übel hustenden Penner begrüßt. Die Tochter bezeichnet das Marx-Zentrum als „Rattenloch“.

… Rattenloch?
In „Das beste Jahr meines Lebens“ bezieht sich das „beste“ nicht aufs Marx-Zentrum – im Gegenteil

Die Kinder rebellieren zunächst, fügen sich aber letztendlich. Laura freundet sich mit ihrer allein lebenden Nachbarin Ziggy (Sandra Borgmann) an. Die unkonventionelle Frau, die ihr Geld mit Taxifahren und Telefonsex verdient, bringt Laura auf neue Gedanken und findet auch einen Bezug zu den Kindern. Nachdem Laura es auch mit dem Taxifahren versucht hatte, was mit einem kleinen alkoholbedingten Unfall ein jähes Ende fand, tritt Laura einen Job als Bedienung in dem verlotterten italienischen Lokal „La Grotta“ an, das irgendwo in der Innenstadt liegt. Dort wird sie vom Koch angegrabscht. Der ihr zur Hilfe eilende Arbeitskollege Robert (Nicki von Tempelhoff), mit dem sie später eine Affäre haben wird, befördert ihn mit einem mächtigen Faustschlag ins Spital. Der Koch fällt erst einmal für längere Zeit aus. Das ist die Chance für Laura und spätestens jetzt wird es arg kitschig. Laura steigt zur Küchenchefin auf und bringt mit Talent und Vollweib-Einsatz das Lokal wieder auf Vordermann. Währenddessen findet Laura heraus, dass ihr Mann nicht nur die Banken betrogen hatte, sondern auch sie. Er hatte ein Verhältnis mit seiner Sekretärin. Aber auch das wirft sie nur kurz aus der Bahn.

Christine Neubauer
Christine Neubauer lobt im Film die herrliche Aussicht, die man von den oberen Stockwerken im Marx-Zentrum hat. Foto: Siebbi / Lizenz: CC BY 3.0

Der Film ist größtenteils vorhersehbar, und wo er das nicht ist, ist er nicht immer ganz logisch und glaubwürdig. Als Laura die Geliebte zur Rede stellt, gibt diese innerhalb von Sekunden nicht nur die Affäre zu, sondern auch ohne Not und ohne zu zögern, hinter der anonymen Anzeige zu stecken, als Rache, weil Niklas sich nicht ganz für sie entscheiden wollte und eine Trennung von Laura ablehnte.

Letztlich ist der Film nur eine auf Zelluloid gebannte Trivialliteratur-Schnulze mit schwülstigem Happy-End. Die Charaktere folgen einer strikten Gut-Böse-Einteilung. Witzige Elemente, die den Film noch in eine Komödie retten könnten, findet man so gut wie keine, es sei denn, man interpretiert abgedroschene Szenen, etwa die, in der Lauras spießige, reiche Freundin Helene (Andrea L‘Arronge) zufällig zum Taxifahrgast wird, als irgendwie komisch. Oder die Einstellung, in der Laura an ihrem ehemaligen Wohnhaus vorbeifährt und wehmütig das Schild „Zu verkaufen“ entdeckt.

Ich habe selbst im Marx-Zentrum gewohnt. Ich zog 1974 dorthin, da war das Marx-Zentrum noch eine halbe Baustelle; als 8-Jähriger sah ich damals mit Freude den Bauarbeitern zu, die die letzten Arbeiten erledigten. So waren die Fußgänger- und Lieferbereiche noch nicht gepflastert und es war noch kein Laden fertig gestellt. Auf dem nahe gelegenen Sportplatz gab es aber Baracken mit Einkaufsmöglichkeiten. Heute lebe ich in einem Wohnblock, der fast derselben Architektur unterliegt, also auch „hübsch“ mit schwarzen Platten verkleidet ist. Er schließt sich nahtlos, ohne dass auch nur ein Zentimeter dazwischen wäre, an das Marx-Zentrum an. Man könnte den Bau als eine Art Erweiterung des Marx-Zentrum sehen, der Schönheitsfehler liegt jedoch darin, dass er bereits ein paar Jahre vor dem Marx-Zentrum entstand, so gesehen ist das Marx-Zentrum eher eine Erweiterung meines Wohnblocks. Formal sind beide Wohnanlagen getrennt. Weitere Bauten mit der gleichen Architektur gibt es in Neuperlach keine. Damit will ich sagen, die Bezeichnung „Rattenloch“ trifft mich ebenso. Immerhin werden die Bezeichnungen „Marx-Zentrum“ und irgendwelche Straßennamen im Film weder erwähnt, noch sind entsprechende Schilder zu sehen. Das verringert die Chance, dass man sich am Tag nach solchen Filmausstrahlungen bei Arbeitskollegen und Bekannten für sein Zuhause rechtfertigen muss. Allerdings fällt der Name Neuperlach mehrere Male. Ich habe Verständnis, dass Bewohner sich über solche Negativdarstellungen ärgern. Meinen Ärger unterdrücke ich damit, dass ich der künstlerischen Freiheit einen sehr hohen Rangwert einräume, auch wenn ich nichts Künstlerisches an diesem Film erkennen kann.

Kleines Stadtwappen München
Kleines Stadtwappen München. Lizenz: Public Domain

Die Wahrheit ist, trotz sicher einiger vorhandener Missstände lebt es sich im Marx-Zentrum und drumherum gut. Die Wohnungen haben einen Komfort, wie er von heutigen Neubauten oft nicht mehr erreicht wird. Die schwarzen Gebäude (seit 2020 wird auf Anthrazit umgestellt) mit den vielen gelben Sichtbetonelementen mag man als bedrohlich, unästhetisch ansehen. Mit etwas Phantasie findet man in der Gestaltung aber die Münchner Identifikationsfarben der Stadtflagge: schwarz-gelb (siehe Abbildung). Aber dass diese das Motiv des Architekten waren, bleibt ein Gerücht.

Infos kompakt

Produktionsjahr: 2005
Regie: Olaf Kreinsen
Drehbuch: Georg Heinzen
Darsteller: Chistine Neubauer, Huub Stapel. Stefan Merki, Andrea L´Arronge, Sandra Borgmann, Nicki von Tempelhoff
Spieldauer: 90 Minuten
FSK 12

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Friedhof am Perlacher Forst

Friedhof am Perlacher Forst
Aussegnungshalle Friedhof am Perlacher Forst (06.05.2011) © Thomas Irlbeck

Zugegeben liegt unser heutiger mystischer Ort nicht in Neuperlach und auch überhaupt nicht in Perlach. Aber der Name „Friedhof am Perlacher Forst“ könnte „perlachiger“ nicht sein. Außerdem ist unsere heutige Einrichtung der „Mutterfriedhof“ des nicht eigenständigen Friedhof Perlach, und Letzterer befindet sich nur als einen Steinwurf vom Neuperlacher Wohnring entfernt. Es gibt also genug Verbindungen zu Perlach, auch wenn der Friedhof an der Stadelheimer Straße 24 offiziell zu Obergiesing gehört. Im Nordwesten grenzt das Gelände an das Gefängnis Stadelheim. Das Waldgebiet des Perlacher Forst beginnt ein Stück hinter dem Friedhof im Südwesten, getrennt durch die Bundesautobahn 995. In der Umgebungskarte am Artikelende ist links unten noch ein kleiner Ausschnitt des Perlacher Forst zu sehen.

Per ÖPNV erreicht man den Friedhof mit der Trambahn (Linie 27), die vor dem Friedhof ihren Endpunkt hat. Diese Haltestelle heißt heute Schwanseestraße, früher Schwanseeplatz und noch früher „Friedhof am Perlacher Forst“ und nochmals früher „Perlacher Forst“. Außerdem wird die Haltestelle Schwanseestraße von der Buslinie 139 bedient, die ostwärts nach Neuperlach Zentrum und von dort weiter zur Messestadt West fährt.

Der Friedhof wurde 1931 eröffnet und verfügt über rund 27.000 Grabplätze. Des Weiteren finden sich zwei Ehrenhaine für KZ-Opfer.
Aussegnungshalle Friedhof am Perlacher Forst

Gräber bekannter Persönlichkeiten

Friedhof am Perlacher Forst
Friedhof am Perlacher Forst. Grab der Geschwister Scholl und von Christoph Probst und deren Eltern. Foto: קיין אומוויסנדיקע פּרעפֿערענצן / Lizenz: CC BY-SA 4.0

Auf dem Friedhof haben die Mitglieder der Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus „Weiße Rose“ Hans Leipelt (*1921, †1945), Christoph Probst (* 1919, † 1943), Alexander Schmorell (* 1917, † 1943), Hans Scholl (* 1918, † 1943), Sophie Scholl (* 1921, † 1943) und Marie-Luise Schultze-Jahn (* 1918, † 2010) ihre letzte Ruhestätte. Hans Leipelt, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Hans Scholl und Sophie Scholl wurden von den Nazis im Gefängnis Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet. Marie-Luise Schultze-Jahn entging der Hinrichtung, da Hans Leipelt die gesamte Verantwortung für die Widerstandshandlungen auf sich nahm. Sie wurde schließlich zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt und 1945 von US-Soldaten befreit.

Wilhelm Hoegner (* 1887, † 1980), „Vater“ der Bayerischen Verfassung, bayerischer Ministerpräsident und Ehrenbürger der Landeshauptstadt München hat hier ebenso seine letzte Ruhe gefunden. Nach ihm wurde eine Straße in Perlach benannt.

Ein Besuch auf dem Friedhof

Ich stelle mein Rad vor einem der Nebeneingänge ab. Gleich fällt auf, wie groß das Gelände ist. Es gibt natürlich noch größere Friedhöfe, aber ein wenig Orientierungssinn sollte man schon mitbringen, wenn man dort einen Rundgang unternimmt. Obwohl auf dem Gelände Fahrrad fahren streng verboten ist, sieht man auffallend viele Radler. Ich hätte es nicht mal gewagt, mein Rad auch nur schiebend mitzuführen. Einige der Leute, die auf dem Rad am mir vorbeifahren, sind in einem Alter, in dem es für sie vielleicht der weit bequemere oder gar der faktisch einzig mögliche Weg ist, um überhaupt zur Grabstätte ihrer verstorbenen Angehörigen zu gelangen. Hier sollten wir nachsichtig sein. Doch dann brausen an mir immer wieder sehr junge Radler vorbei. Diese Bewegung kann aber die Atmosphäre eines Friedhofs nicht angreifen. Ein paar Gartenbaufahrzeuge sind auch unterwegs. Ich gehe zweimal kreuz und quer über das Gelände, in einer für mich untypisch geringen Geschwindigkeit, an der Aussegnungshalle vorbei, an den Urnengräbern und an den Ehrenhainen. Jegliche Alltagshektik ist verschwunden, die Mystik eines Friedhofs ist über den Dingen.

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Auf der Suche nach der Michaeliburg

Michaeliburg
Die Michaeliburg. Der Burgfrieden ist dahin (02.07.2009). Foto: Thomas Irlbeck, als Public Domain freigegeben
Michaeliburg
Die Michaeliburg hat keine Burgfenster mehr (02.07.2009). © Thomas Irlbeck
Michaeliburg
Ein Türmchen von der Nähe (02.07.2009). © Thomas Irlbeck

Schon als Kind habe ich mich gefragt, woher denn die benachbarte Siedlung Michaeliburg (die heute teilweise in Trudering (Stadtbezirk Trudering-Riem) und teilweise im Stadtteil Neuperlach (Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach liegt) ihren Namen hat. Denn eine Burg hatte ich dort nie gesehen. Noch fast bekannter als die Siedlung ist das in der Nähe befindliche Michaelibad, welches das größte Freizeitbad von München darstellt. Es liegt zwar in Neuperlach, sein Name ist aber auch von der Michaeliburg abgeleitet.

Ich ging lange Zeit davon aus, dass es früher mal eine Burg gab, die schon lange nicht mehr existiert. Letzte Woche gab es im familiären Umfeld eine Erwähnung des Themas. Anlass waren neu angebotene Wohnungen in der Siedlung Michaeliburg. Damals konnte ich zur Entstehung des Namens Michaeliburg nichts beitragen außer Spekulationen.

Wie es der Zufall will, brachte am Montag der Pizzabote eine tz-Zeitung als Gratisangebot mit. Dort las ich, die Michaeliburg würde noch stehen, würde aber bald abgerissen werden. Das klingt spannend, aber auch traurig. Wie auch immer, es ist eine letzte Gelegenheit für Fotos.

Michaeliburg
Vor dem Haupteingang der Burg (02.07.2009). © Thomas Irlbeck
Michaeliburg
Brunnen vor der Michaeliburg (02.07.2009). © Thomas Irlbeck

Also machte ich mich auf die Suche. Die Burg sollte nach der Beschreibung in der Zeitung nur einen Steinwurf von meinem Haus entfernt sein. Immerhin befindet sich die Zehntfeldstraße, an der die Burg liegen soll, gleich hinter meinem Haus. Ich nahm den Ausgang in meinem Haus und schritt durch die Parkanlagen. Wenige Minuten später erblickte ich schon die Türme der Burg. Natürlich hatte ich das Gebäude schon mal gesehen, aber leider nicht genauer angeschaut und auch nicht als Burg eingestuft. Es ist ja auch eher ein „Bürgchen“ mit zwei „Türmchen“.

Laut dem tz-Artikel (30.06.2009, Seite 6) sei das Gebäude 1898 „angeblich“ vom Gastwirt Michael Neumeyer errichtet worden, der dort eine Gaststätte betrieben haben soll, was den Namen „Michaeliburg“ erklären würde (andere Quellen sagen „Obermayer“ oder „Obermeyer“). Das Haus habe Georg Seger gehört, dem Opa von Gabriele Strauß, die die Ex-Frau von Max Strauß ist (der bekanntlich wiederum der Sohn vom berühmten Franz Josef Strauß ist). Später sei das Objekt an Gabriele Strauß, ihren Bruder und eine Cousine gewandert. Vor sechs Monaten sei das Grundstück an den Unternehmer Pöttinger verkauft worden, der nun einen Neubau hinstellen will. Hier gäbe es nun Ärger, denn den Anwohnern ist die vorgesehene Bebauung zu dicht, es gäbe zu viel Beton und zu wenig Freiflächen und Grün. Allerdings sei die Bebauungsdichte bereits reduziert worden. Den Anwohnern ist es aber immer noch zu dicht. Vier Komplexe mit 23 Eigentumswohnungen sollen entstehen. Eine Modernisierung des Gebäudes wäre zu aufwändig. Die Burg sei nun nicht mehr zu retten, da sie nicht unter Denkmalschutz stehe.

Michaeliburg
Das Bad (oder was immer das mal gewesen ist) hat schon bessere Zeiten gesehen (02.07.2009). © Thomas Irlbeck

Gabriele Strauß kenne das Gebäude aus der Kindheit. Die Geschichte mit der Gaststätte sei ein Märchen, meint sie, da sich im Haus lauter Ein-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Klo auf dem Gang draußen befinden würden. Ihr Großvater, der Maurer war, habe das Gebäude gekauft und eine Baustoffhandlung aufgebaut. Er habe dann ein Logo entworfen, welches das Haus zeigt und diesem den Namen Michaeliburg gegeben – als eine Art Marketing-Gag.

Als ich die ersten Fotos schoss, sprach mich ein Anwohner an. Er behauptete, vieles, das in dem besagten Artikel stehen würde, würde nicht stimmen. Der Bauherr wäre ein anderer, er könne aber den genauen Bauherrn momentan nicht nennen. Laut dem Anwohner wurde das Gebäude ursprünglich als Jagdschloss errichtet. Die Remise wäre dann später abgerissen worden. Hinter dem Gebäude habe es einen Bauernhof gegeben. An dieser Stelle steht heute ein Lidl-Markt (Kreuzung Corinthstraße/Bajuwarenstraße/Zehntfeldstraße).

Ja, zumindest der Lidl-Markt ist nicht zu übersehen. Im Discounter einkaufen, im Schatten der Burg, das ist noch für kurze Zeit möglich.

Michaeliburg Bautafel
Dieses Objekt soll als Ersatz für die Burg kommen. Von der Bautafel abfotografiert (02.07.2009). © Thomas Irlbeck

Name der Siedlung „Michaeliburg“

Der Vorname „Michael“ des Burgbauers „Neumeyer“ (oder „Obermeyer“ bzw. „Obermeyer“) scheint auf den ersten Blick der Siedlung den Namen gegeben zu haben. Allerdings existiert seit 1900 in der Siedlung die Michaelikapelle, die St. Michael geweiht ist, was die Namenstheorie ins Wanken bringt.

Trivia zum Standort: Trudering? Perlach?

Auch noch interessant: Die Siedlung Michaeliburg lag schon von Anfang teils auf Perlacher und teils auf  Truderinger Gebiet. Das Gebäude der Michaeliburg ist dabei Ersterem zuzurechnen. Das bedeutet, der Ort, an dem die Michaeliburg stand, gehörte früher zur Gemarkung Perlach, und so ist sie auch im Grundbuchamt eingetragen. Konkret sind dort die Grundstücke bis etwa zur Zehntfeldstraße unter Gemarkung Perlach verzeichnet. Nach dem Bau von Neuperlach und der Heinrich-Wieland-Straße sind die Stadtbezirksgrenzen entlang der Straße neu gezogen worden, sodass der Standort der Michaeliburg heute zum Stadtbezirk Trudering-Riem gehört.

Update 28.04.2011: Abriss und Nachfolger

Die Michaeliburg ist Geschichte. Knapp zwei Jahre nach Beginn der Entkernung ist es an der Zeit, mal nachzuschauen, ob das alte Burg einen würdigen Nachfolger erhalten hat. Ich würde sagen, nein, auch wenn das subjektiv ist. Der neue Bau ist ein Allerweltsbau. Schade, dass das historische Gebäude, das vermutlich der Siedlung den Namen gab, ein Opfer der Abrissbirne wurde.

So sieht es heute aus:

Michaeliburg Nachfolger
Der Ersatz für die alte Michaeliburg. Würdig? Nicht um die Burg! (28.04.2011) © Thomas Irlbeck
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Das alte Haus an der Peralohstraße

Peralohstraße
Das Haus an der Peralohstraße … (25.04.2011) © Thomas Irlbeck

Verlassen, halb verfallen ist es, das Haus an der Peralohstraße. Das „Peraloh“ im Straßennamen ist nichts anderes als der alte Name für Perlach, und genau dort befindet sich auch die Straße. Das Haus erinnert mit seinem Türmchen ein klein wenig an die mittlerweile abgerissene Burg in der benachbarten Siedlung Michaeliburg. Was das Haus wohl für Geschichten zu erzählen hat?

Peralohstraße
… hat schon mal bessere Zeiten gesehen (25.04.2011) © Thomas Irlbeck

Update 18.04.2019 – Ein erneuter Besuch

Peralohstraße
Äußerlich hat sich nur wenig verändert (18.04.2019) © Thomas Irlbeck
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Bilder Kirche/Religion Mystisches/Legenden

Die Kapelle im Wald

Josefskapelle in Waldperlach
Die Josefskapelle liegt im Truderinger Wald. Sie hat einen charakteristischen Vorplatz (21.04.2011) © Thomas Irlbeck

Der Truderinger Wald, der bekanntlich hinter den letzten Neuperlacher Hochhäusern des Graf-Zentrum beginnt, hat so manchen mystischen Ort zu bieten. Über die Mariengrotte und den Schwedenstein wurde bereits berichtet. Das ist aber noch nicht alles: Gut im Wald versteckt findet sich ein kleines Gotteshaus, die Josefskapelle. Ihr Standort ist zwar nicht in Neuperlach, aber wir bleiben zumindest Perlach treu, das Gebiet gehört zu Waldperlach.

Entstehungsgeschichte

Die Geschichte begann damit, dass der Waldperlacher Pfarrei St. Bruder Klaus im Frühjahr 1977 eine Josefsfigur gestiftet wurde. Gemeint ist der heilige Josef von Nazareth, also der Ziehvater Jesu. Zur Unterbringung und zum Schutz der Figur kam der Vorschlag auf, eine Kapelle im Wald zu errichten. Der Bau wurde alleine aus Spendenmitteln finanziert, nachdem das Ordinariat die Bau- und Nachfolgekosten nicht übernehmen wollte. Am 1. Mai 1980 wurde die Kapelle schließlich eingeweiht.

Die Kapelle

Der Bau mit kreisrunder Grundfläche liegt am Friedrich-Panzer-Weg, der zunächst durch Waldperlach als geteerte Straße beginnt und ab dem Waldrand als Wirtschaftsweg weiterläuft. Auch wenn der Bau nicht wirklich alt ist und das Flair vergangener Jahrhunderte fehlt, ist der Ort alleine durch die Waldlage etwas Besonderes. Auf dem Vorplatz der Kapelle gibt es zunächst ein großes Kruzifix sowie eine Holzskulptur der Mutter Gottes zu bestaunen. Der eigentliche Schatz, die gestiftete Josefsfigur mit Christuskind auf dem Arm, ist in der Kapelle zu finden, hinter einem Gitterzaun.

Josefskapelle in Waldperlach
Ein paar Schritte näher dran (21.04.2011) © Thomas Irlbeck
Josefskapelle in Waldperlach
Die kreisrunde Form wird spätestens jetzt deutlich (21.04.2011) © Thomas Irlbeck
Josefskapelle in Waldperlach
Im Innern der Kapelle. Hier steht die Josefsfigur (21.04.2011) © Thomas Irlbeck
Josefskapelle in Waldperlach
Die Josefsfigur ist hinter einem Gitter aufgestellt (21.04.2011) © Thomas Irlbeck
Josefskapelle in Waldperlach
Die Figur ohne störendes Gitter (22.04.2011) © Thomas Irlbeck
Josefskapelle in Waldperlach
Und noch ein wenig näher dran: der heilige Josef mit dem Christuskind (22.04.2011) © Thomas Irlbeck

Friedrich Panzer

Fast alle Straßennamen in Waldperlach haben etwas mit Märchen und Sagen zu tun (Neuperlach.org berichtete: Erzähl doch keine Märchen). So auch der Friedrich-Panzer-Weg, an dem wie erwähnt die Josefskapelle liegt. Friedrich Panzer (* 1794; † 1854) war ein bayerischer Sagensammler und Architekt. Die Sagen trug er auf seinen Dienstreisen zusammen. Sein besonderes Interesse galt denjenigen Erzählungen, in denen er Spuren alten Götterglaubens annahm. Diese mythologische Sagendeutung wird aber heute abgelehnt.

Weitere Josefskapellen und -kirchen

Es gibt in Deutschland und auch im Ausland sehr viele Josefskapellen und -kirchen (Schreibweise auch: Joseph…). Eine Übersicht findet sich auf Wikipedia. Die meisten sind dem heiligen Josef von Nazareth, dem Ziehvater Jesu, geweiht, einige aber auch dem heiligen Josef von Arimathäa, einem Jünger Jesu.

Anfahrt

Josefskapelle Umgebungskarte
Umgebungskarte Josefskapelle. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

ÖPNV-Benutzer fahren mit dem Metrobus 55 von Neuperlach Zentrum (U5, ab Dezember 2011 auch U7) bis Waldheimplatz. Von dort bewegt man sich stadtauswärts auf breiten Putzbrunner Straße bis zur Kreuzung Friedrich-Panzer-Weg. Hier biegt man links ab und folgt dem Friedrich-Panzer-Weg. Nicht weit vom Waldrand taucht dann die Kapelle auf der rechten Wegseite auf. Automobilfahrer programmieren ihr Navigationsgerät auf „Am Bauernwald 1“. Dort lässt sich leicht ein Parkplatz finden. Zu Fuß geht es dann am Friedrich-Panzer-Weg wie beschrieben weiter.

Quelle

Recherche zur Josefskapelle in Waldperlach (Festring Perlach e.V.,. Franz Kerscher, Waldheimplatz 22a, München)

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Architektur Bilder Mystisches/Legenden

Der unbekannte Friedhof gleich am Wohnring

Friedhof Perlach
Der Friedhof Perlach mit der denkmalgeschützten Aussegnungshalle im neuklassizistischen Stil (fertiggestellt ca. 1902), der Hintergrund wird von den Neuperlacher Hochhäusern geprägt. Hier treffen zwei Welten aufeinander (20.04.2011) © Thomas Irlbeck
Friedhof Perlach
Vor dem Eingang des „Friedhof Perlach“ befindet sich die gleichnamige Bushaltestelle, die von der Metrobuslinie 55 und der Nachtbuslinie N45 angefahren wird (20.04.2011) © Thomas Irlbeck
Friedhof Perlach
Eingang (20.04.2011) © Thomas Irlbeck

Ob es auf Neuperlacher Gebiet mystische Orte gibt, ist umstritten. Zwar spürte Neuperlach.org bereits zweimal einen mystischen Ort auf, beide Orte lagen aber haarscharf außerhalb Neuperlachs (Alter Schwede und Mini-Lourdes im Truderinger Wald). In diesem dritten und keinesfalls letzten Teil sind wir aber dieses Mal so nahe an Neuperlach dran wie noch nie.

An der Putzbrunner Straße, die Neuperlach Nord/Mitte und Neuperlach Süd teilt, liegt er, der „Friedhof Perlach“. Die Adresse ist Putzbrunner Straße 51. Gemeint ist also nicht der „Neue Südfriedhof“ an der Hochäckerstraße und auch nicht der Friedhof am Perlacher Forst an der Stadelheimer Staße, sondern ein weniger bekannter und recht kleiner Friedhof – fast quadratsich mit einer Kantenlänge von rund 125×130 Metern. Quasi der Altperlacher Friedhof, wenngleich es Altperlach als Stadtteil offiziell nicht gibt, es heißt Perlach. Fast unmittelbar hinter den letzten Gräbern stehen die ersten Neuperlacher Hochhäuser. Diese Kulisse könnte widersprüchlicher kaum sein, dort der bescheidene, alte Friedhof und dahinter die moderne „Entlastungsstadt“ mit viel Beton und noch mehr Beton.

Friedhof Perlach
Der hintere Teil des Friedhof Perlach wird noch mehr von der Neuperlach-Skyline dominiert. Zum „Wohnring“ ist es nur ein Steinwurf. Lediglich die Bäume verdecken etwas die Sicht (20.04.2011) © Thomas Irlbeck

Eine Besonderheit sind die strengen Regeln für diejenigen, die hier ihre letzte Ruhe finden möchten. Der Verstorbene oder der Erwerber des Grabnutzungsrechts muss einen Wohnsitz im Stadtviertel oder einem angrenzenden Stadtviertel (ganz genau in einem der Stadtbezirksviertel 16.31, 16.32, 16.33, 16.34, 16.35, 16.41, 16.42, 16.43, 16.44, 16.45, 16.46, 16.47, 16.51, 16.52, 16.53, 16.54 sowie 16.55) von mindestens 20 Jahren gehabt haben bzw. haben.

Auf dem Friedhof Perlach sind auch einige Prominente beerdigt. So hat der bekannte bayerische Volksschauspieler Willy Harlander (* 1931; † 2000), der in unzähligen Filmen und Fernsehserien mitwirkte, hier seine letzte Ruhestätte.

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Bilder Historisches Kunst und Denkmäler Mystisches/Legenden

Alter Schwede (General Horn)

Schwedenstein
Der Schwedenstein (in einigen Karten als „General Horn“ bezeichnet) steht am Wegesrand einer der vielen Waldwege im Truderinger Wald (21.08.2010) © Thomas Irlbeck

Im Truderinger Wald, auf dem zu Waldperlach gehörigen Gebiet, unweit der Kiesgrube am alten Quetschwerk Fritz Roth, steht der Schwedenstein. Es handelt sich um einen Gedenkstein, welcher der Legende nach General Horn gewidmet ist. Angeblich ist Gustav Carl Horn im Dreißigjährigen Krieg 1632 bei Kämpfen um Perlach gefallen und unter dem Gedenkstein beerdigt. Doch diese Legende gilt als widerlegt, denn General Horn ist anderen Quellen zufolge 1657 in Skara (Schweden) gestorben und in Stockholm beerdigt. Ein gefallener General kämpft nur selten einfach so weiter, als wäre nichts geschehen. Bei einer Probeausgrabung am Gedenkstein wurden keine Gebeine gefunden, was die Theorie mit dem Schweden-Grab noch löchriger macht. Allerdings gilt als gesichert, dass Perlach 1632 tatsächlich von schwedischen Truppen und kurze Zeit später von kaiserlichen Truppen geplündert wurde.

An der „Schweden“-Theorie ist noch mehr faul. Der Stein ist nämlich erheblich älter, er soll um 1500 herum entstanden sein. Das Original befindet sich übrigens seit 1952/1953 im Münchner Stadtmuseum. Was heute noch im Truderinger Wald steht, ist eine Nachbildung, die 1988 an der Originalstelle platziert wurde.

Schwedenstein
Ein bisschen näher dran, und schon zeigt sich die Schönheit des Denkmals noch wahrhaftiger (21.08.2010) © Thomas Irlbeck
Schwedenstein
Gedenktafel am Schwedenstein. Der legendenumwobene Stein ist also leider nur eine Nachbildung, die aber inzwischen auch ganz schön alt aussieht (21.08.2010) © Thomas Irlbeck
Umgebungskarte Schwedenstein. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Wem ist der Stein aber gewidmet, wenn die Story vom untoten General doch eher wenig glaubhaft ist? Einer anderen Legende nach soll das Teil ein Denkmal für den Empfang Kaiser Karls V. 1530 sein. Von der Jahreszahl kommt das schon näher hin. Der Kaiser zog zu dieser Zeit von Innsbruck über München nach Augsburg. Damals war das Gebiet noch unbewaldet. Auf dieser „Perlacher Haydn“ wurde zu Ehren des Kaisers eine Jagd veranstaltet.

Nicht weit vom Schwedenstein entfernt gibt es eine kleine Siedlung, die eine schmale Zunge im Wald mit nur einer Straße darstellt und irgendwo zwischen der Truderinger Grenzkolonie und der Kolonie Waldfrieden im Niemandsland eingeklinkt ist. Obwohl man noch zum Stadtgebiet gehört, gibt es dort keine Läden und auch keinen öffentlichen Nahverkehr. Diese einzige Straße heißt – wie auch sonst – Schwedensteinstraße, die Siedlung wird häufig folgerichtig als Schwedensiedlung bezeichnet. Der Schwede zieht also weite Kreise. Alter Schwede!

Trivia

  • Neben dem Stadtmuseum bemühte sich auch der Verschönerungsverein Perlach um den alten Stein, um den Ortskern aufzuwerten. Allerdings erfolglos.
  • Tagelanges Herumirren im Truderinger Wald muss nicht sein, um das Steinchen zu lokalisieren: Die GPS-Koordinaten des Schwedensteins lauten 48.09135, 11.678267.
  • Der Spruch „Alter Schwede!“ hat seinen Ursprung in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Näheres hierzu: Wikipedia: Alter Schwede (Redewendung)

Quellen

  • Walter Graßmann: der Schwedenstein, in: Gudrun Gersmann / Torsten Reimer (Hg.): München im Dreißigjährigen Krieg. Ein universitäres Lehrprojekt, 1. Version vom 6.12.2000
  • Wikipedia: Gustav Horn
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Historisches Kultur und Bräuche Mystisches/Legenden Skurril/Satire/Nonsens Sprache/Wortherkunft

Erzähl doch keine Märchen! (Waldperlach)

Märchen
Märchenwaldperlach – Der wohl märchenhafteste Stadtteil Münchens: Waldperlach! Lizenz: Public Domain
Einfach märchenhaft (04.08.2010) © Thomas Irlbeck
Schneewittchen im Glassarg
Schneewittchen im Glassarg. Lizenz: Public Domain

Es war einmal … Nein, den Stadtteil gibt es immer noch. Die Rede ist vom wohl märchenhaftesten Stadtteil Münchens: Waldperlach. Die Straßen heißen dort

  • Aschenbrödelstraße
  • Däumlingstraße
  • Dornröschenstraße
  • Drosselbartstraße
  • Elfenstraße
  • Erlkönigstraße
  • Eulenspiegelstraße
  • Frau-Holle-Straße
  • Froschkönigweg
  • Gänselieselstraße
  • Heinzelmännchenstraße
  • Isegrimstraße
  • Koboldstraße
  • Märchenweg
  • Nixenweg
  • Puppenweg*
  • Robinsonstraße**
  • Rotkäppchenplatz
  • Rotkäppchenstraße
  • Rübezahlstraße
  • Rumpelstilzchenstraße
  • Schneewittchenstraße
  • Sterntalerstraße
  • Struwelpeterstraße

* gemeint ist das Marionetten-, Puppen- oder Kasperlspiel
** gemeint ist Robinson Crusoe

Szene aus „Frau Holle“. Beim Betten-Ausschütteln schneit es – zumindest im Märchen. Foto: Christian Heindel / Lizenz: CC BY-SA 2.0
Hänsel und Gretel
Hänsel und Gretel. Lizenz: Public Domain

Damit hat ein Großteil der Straßen dort einen Bezug zu Märchen, Sagen und ähnlichen phantastischen Geschichten.

Eine Frage in einem Forum brachte mich heute auf das Thema. Woher kommen diese Namen? War hier ein Scherzbold am Werk? Ein Märchenpapst? Die Antwort, dass thematische Schwerpunkte die Orientierung vereinfachen würden und z.B. für Taxifahrer eine Erleichterung seien, geht etwas am Thema vorbei. Genauso gut könnte man auch Maler, Dichter, Gebirge oder Kräuterarten bemühen.

Tatsache aber ist, dass Perlach (inklusive Waldperlach und Fasangarten) 1930 nach München eingemeindet wurde. Bei Eingemeindungen stellt sich das Problem, dass leider dann ein paar Straßen Dubletten bilden. Zweimal „Marienplatz“ geht einfach nicht in München (ja, liebe Pasinger, ich weiß, ihr habt dennoch euren Marienplatz behalten). Also müssen jede Menge Straßen umbenannt wurde.

Laut  einem Artikel auf der Webseite der Katholischen Gemeinde St. Michael mit St. Georg (Seite nicht mehr verfügbar) wurden nicht nur Dubletten entfernt, sondern alle an die Monarchie (die bekanntlich 1918 endete) erinnernden Straßennamen. Sehr detailreich ist hier WAPE Bürger IG und verrät folgende Namensanpassungen:

  • Äussere-Prinz-Rupprecht-Str. → Rotkäppchenstraße
  • Finkenstraße → Rübezahlstraße
  • Hirschenstraße → Rumpelstilzchenstraße
  • Hohenzollernstraße → Frau-Holle-Straße
  • Innere-Prinz-Rupprecht-Str. → Schneewittchenstraße
  • Kaiser-Wilhelm-Straße → Erlkönigstraße
  • Otto-Rieger-Straße → Gänselieselstraße
  • Prinz-Arnulf-Straße → Isegrimstraße
  • Prinz-Franz-Straße → Robinsonstraße
  • Prinz-Heinrich-Straße → Aschenbrödelstraße
  • Prinz-Leopold-Straße → Heinzelmännchenstraße
  • Prinzregentenstraße → Däumlingstraße
  • Waldperlachstraße → Waldperlacher Straße
  • Wittelsbacherstraße → Eulenspiegelstraße
  • Zeppelinstraße → Koboldstraße

Nicht alle der märchenhaften Namen sind aus der Umbenennung 1930 hervorgegangen. Auch bei neu gebauten Straßen wurde die Tradition teilweise fortgesetzt. Die Struwelpeterstraße etwa wurde erst 1953 errichtet.

Hänsel und Gretel
Hexenhaus aus „Hänsel und Gretel“. Lizenz: Public Domain

Auffallend ist auch, dass einige neu gebaute Straßen einen Bezug zur germanischen Götter- und Sagenkultur bekamen, so der Asenweg und die Beowulfstraße. Auch weitere Waldperlacher Straßennamen haben indirekt mit Sagen zu tun, Friedrich Panzer etwa war unter anderem ein bayerischer Sagenforscher und wurde 1955 mit der Benennung einer Straße geehrt (Friedrich-Panzer-Weg).

Bis heute schwingt die Tradition in Waldperlach fort. Wer glaubt, die jüngeren Namensvergaben wären im kommunalpolitischen Kleinmief untergegangen, wird eines Besseren belehrt: 2000 etwa wurde eine Straße nach Klara Ziegler benannt, eine Schauspielerin, die als Deutschlands letzte Heldendarstellerin gilt und u.a. die Brunhild in den „Nibelungen“ spielte. Eine (noch unvollständige) Übersicht dieser Straßen zeigt diese Aufstellung:

Asenweg Asen: nordische Bezeichnung der germanischen Götter
Beowulfstraße Beowulf (möglicherweise „Bienen-Wolf“): ein Held der Gauten aus dem gleichnamigen frühmittelalterlichen epischen Heldengedicht in angelsächsischen Stabreimen.
Friedrich-Panzer-Weg Bayerischer Sagenforscher
Klara-Ziegler-Bogen Deutschlands letzte Heldendarstellerin, spielte u.a. Brunhild in den „Nibelungen“
Maria-Nicklisch-Straße Deutsche Schauspielerin. Spielte u.a. die Hexe in „Faust“ (Verfilmung; 1988).
Peter-Lühr-Straße Deutscher Schauspieler. Filmografie: „Der Mann, der zweimal leben wollte“, „Hunde, wollt ihr ewig leben“, „Unheimliche Geschichten“ u.v.m.

Der Bezug zu den Nibelungen in Gestalt des Klara-Ziegler-Bogens passt gut zur Straßenvergabe in der angrenzenden Gemeinde Neubiberg:

Fortsetzung in Neubiberg: Hier findet der sagenhafte Stadtteil nahtlos seine Fortsetzung in Gestalt der Nibelungensage. Die Straßen heißen hier Brunhildenstraße, Nibelungenstraße, Rheingoldstraße, Siegfriedstraße, Walkürenstraße und Wotanstraße.

Die Frage nach dem Grund für den Hang zu den Märchen und Sagen wurde aber immer noch nicht zufriedenstellend beantwortet. Möglicherweise war Waldperlach einfach immer schon märchenhaft. Und wenn nicht, ist es das durch die Straßennamen vielleicht inzwischen geworden. Aber vielleicht weiß ja ein Leser mehr … 2012 feierte Waldperlach übrigens 100-Jähriges. 100 Jahre, das ist der Zeitraum, den Dornröschen schlafen sollte.

Ist Waldperlach mystisch?

Klar, Straßennamen alleine machen aus einem Ort noch lange nichts Mystisches. Viele werden nun enttäuscht sein, denn der Märchenbezug spiegelt sich tatsächlich nur in den Straßennamen wider. Zumindest zwei Steinkreise verleihen dem Stadtteil einen gewissen Flair, der in die mystische Richtung geht: Mini-Stonehenge in Waldperlach.

In der Nähe von Waldperlach gibt es zudem eine Mariengrotte: Mini-Lourdes im Truderinger Wald

Die folgenden Bilder zeigen, wie es in Waldperlach aussieht (oder aussah, wenn wir das erste Bild einbeziehen):

Leiberheim in Waldperlach 1920
Leiberheim in Waldperlach um 1920. Lizenz: Public Domain
Leiberheim
Wirtshaus/Biergarten Leiberheim am Eck Schneewittchenstraße/… (29.08.2017) © Thomas Irlbeck
Leiberheim
…Nixenweg (29.08.2017) © Thomas Irlbeck
Waldperlach, Koboldstraße
Koboldstraße (18.09.2019) © Thomas Irlbeck
Waldperlach Koboldstraße/Sundergaustraße
Romantik in der Koboldstraße, Ecke Sundergaustraße (18.09.2019) © Thomas Irlbeck

Biotop (Rothsee)

Auch das ist Waldperlach: Der Baggersee (Rothsee) mit dem Biotop ist ein Überbleibsel des früheren Kieswerks Fritz Roth und liegt auf Waldperlacher Grund.

Biotop Rothsee
Biotop (20.04.2018) © Thomas Irlbeck
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Architektur Bilder

Pharao-Haus – das Pyramidenhochhaus

Pharao
Das Pharao-Haus (05.06.2010) © Thomas Irlbeck

Als ein Freund hoher Häuser musste ich mir auch mal das Pharao-Haus in München Oberföhring anschauen – ein spektakulärer Bau mit 400 Wohneinheiten, der von weitem wie eine Pyramide aussieht. Er setzt sich aus drei rechtwinklig angeordneten Flügeln zusammen. Die streng nach oben verjüngende Bauweise ermöglichte es, in jedem Stockwerk Terrassen anzulegen. Ganze drei Fahrstühle sorgen für den vertikalen Transport von Bewohnern und Besuchern.

Auch wenn an der Stelle nur ein einzelnes Hochhaus steht und keine Trabantenstadt, sind eine ganze Reihe an Gemeinsamkeiten mit Neuperlach unverkennbar. Das Pharao-Haus …

  • … stammt aus den 1970er-Jahren, genauer wurde es 1974 errichtet, etwa zeitgleich mit dem Marx-Zentrum.
  • … hat 18 Stockwerke und ist damit ähnlich hoch (von der reinen Anzahl der Stockwerke) wie das höchste Haus in Neuperlach (dort 17 Stockwerke).
  • … gilt wie die großen Wohnblöcke in Neuperlach als anonymer Wohnkomplex.
  • … diente wie z.B. das Marx-Zentrum häufig als Kulisse für TV-Krimis. Das mit den TV-Krimis verbundene Milieu hat sicherlich mit zu dem eher schlechten Ruf des Pharao-Hauses beigetragen.
    … hat eine integrierte Gastronomie- und Ladenpassage. Diese wurde anstelle eines vierten Wohnflügels angelegt und als Flachbau ausgeführt.

Trotz einiger Gemeinsamkeiten mit den Wohnblöcken in Neuperlach ist das Pharao-Haus in München von seiner Form und Größe einzigartig. Es gibt jedoch in Schwabing mit dem „Fuchsbau“ noch ein ebenfalls dreiflügelig angeordnetes Gebäude, das allerdings wesentlich kleiner ist.

Pharao
Ansicht von Westen. Foto: Diplomtrucker / Lizenz: Public Domain
Pharao
Ansicht von Osten. Im Vordergrund ist die Laden- und Gastronomiepassage zu sehen. Foto: Diplomtrucker / Lizenz: Public Domain
Pharao
Foto: T. Koch / Lizenz: CC BY-SA 4.0
Pharao
Die Klingelanlage verfügt über alphabetisch sortierte Namen, sonst hätte man wohl bei 400 Wohneinheiten keine Chance, etwas zu finden (21.07.2010) © Thomas Irlbeck

Quellen

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Baustellen Bilder Hausverwaltung Sprache/Wortherkunft

Einen heben – Einbau Rollstuhlaufzug in meinem Haus

In meinem Haus wurde heute ein Rollstuhllift eingebaut, der dem Haus zur Barrierefreiheit verhilft und die ersten 7 Stufen=rund 1,50 Meter vom Erdgeschoss zum Hochparterre überbrückt. Die Hausverwaltung sprach abwertend, mindestens aber unüberlegt von einem „Behindertenlift“ (siehe weiter unten – „Hintergrund – Schreiben vom Hausverwalter“). Die Anzahl der Fahrstühle erhöht sich auf damit im Haus auf 4. Neben diesem neuen Lift gibt es noch zwei normale Personenfahrstühle sowie einen Lastenaufzug.

Rollstuhlaufzug Karl-Marx-Ring 58
Die Monteure wirken routiniert. Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung der Monteure (29.04.2010) © Thomas Irlbeck
Rollstuhlaufzug Karl-Marx-Ring 58
Passt alles? 29.04.2010) © Thomas Irlbeck
Rollstuhlaufzug Karl-Marx-Ring 58
Die Plattform wird mal testweise aufgeklappt (29.04.2010) © Thomas Irlbeck

Hintergrund – Schreiben vom Hausverwalter

Rollstuhlaufzug Karl-Marx-Ring 58
Detail (29.04.2010) © Thomas Irlbeck

Heute (19.11.2009) erhielt ich ein Schreiben von meinem Verwalter. Unter anderem wurde ich darüber informiert, dass in meinem Haus am rückwärtigen Eingang ein „Behindertenlift“ eingebaut werden solle. Dieser soll die ersten ca. 1,50 Meter zwischen Erdgeschoss und Hochparterre überbrücken und damit eine Barrierefreiheit herstellen. Der Begriff „Behindertenlift“ wird in den nachfolgenden Ausführungen des Verwalterschreibens durchgehend weiterverwendet.

Vor einiger Zeit empfahl mir ein Internetbekannter, dass man nicht mehr „Behinderter“ sagen sollte. Es hieße jetzt „Mensch mit Mobilitätseinschränkungen“. Recht hat er. Denn damit steht der Mensch wieder im Vordergrund und wird nicht auf seine Einschränkung reduziert. Der Bekannte kritisierte seinerseits noch mal die Terminologie, als eine Zeitung den Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl sprachlich in einen „Behindertenstuhl“ setzte. Warum spricht mein Verwalter nicht einfach von einem „Rollstuhlaufzug“?

Dass der Aufzug am rückwärtigen Eingang eingebaut wird, liegt daran, dass man nur dort auf das Niveau der Personenfahrstühle kommt, dieser Eingang liegt entsprechend höher. Beim Haupteingang muss man erst die Treppe außen überwinden und innerhalb des Hauses dann noch einmal ein paar Stufen. Somit bräuchte man gleich zwei Aufzüge.

Nach nur drei Jahren – Rollstuhllift soll wieder weg (29.11.2013)

Über drei Jahre sind nun vergangen, dass der Rollstuhlaufzug eingebaut wurde. Bezahlt wurden Anschaffung, Einbau und Wartung von Herrn N., einem Eigentümer, der große körperliche Einschränkungen beim Laufen hatte. Nur die Stromkosten wurden von der Eigentümergemeinschaft übernommen. Das Nutzungsrecht für den Lift erhielt ausschließlich Herr N.

Im Januar dieses Jahres verstarb Herr N. tragischerweise. Die Erbin hat nun angeboten, den Rollstuhllift der Eigentümergemeinschaft kostenfrei zu überlassen. Nur Wartungs- und Instandhaltungskosten seien von der Eigentümergemeinschaft zu tragen.

Für mich war klar, dass man den Lift übernehmen sollte. Zum Entsorgen ist er zu schade und es ist gut, wenn er da ist – für alle Fälle. Bei der gestrigen Eigentümerversammlung war der Rollstuhllift ein Tagesordnungspunkt. Die Verwalterin mahnt mit Recht, dass jeder von uns einmal auf den Rollstuhl angewiesen sein könnte.

Dennoch entwickelt sich eine sehr negative Stimmung im Saal gegen den Rollstuhllift. Ein Eigentümer weist darauf hin, dass der Rollstuhllift so gut wie nie verwendet worden und daher sinnlos sei. Dem wird entgegnet, dass Herr N. ihn sehr wohl benutzt habe – zumindest in den letzten Monaten, in denen er im Rollstuhl gesessen sei und nicht mehr auf Krücken gehen konnte. Der Eigentümer kontert, der Lift wäre an der falschen Hausseite eingebaut worden – nämlich am Hintereingang und nicht am Vordereingang.

Ich erwidere, dass es nicht anderes möglich gewesen sei, da nach der Türe des Haupteingangs (Südseite) im Flur noch einmal ein paar Stufen kämen. Die Fahrstühle wären so nicht barrierefrei zu erreichen gewesen. Der Hintereingang (Nordseite) ist dagegen höher und man steht nach dem Öffnen der Türe schon niveaugleich vor den Fahrstühlen.

Außerdem ist ja die Tiefgarage auf der Nordseite der Wohnanlage, die Südseite wäre noch weniger unpraktisch. Der Eigentümer beschreibt, wie umständlich der Rollstuhllift für Herrn N. gewesen sei. Aus der Tiefgarage habe Herr N. die normale Autorampe nach oben fahren müssen, da es sonst nur Treppen nach oben gebe. Dort sei er aber dann am anderen Ende der Wohnanlage rausgekommen und habe über die Lieferzufahrt quasi wieder zurückfahren müssen.

Ein anderer Eigentümer ruft „Wir übernehmen den Rollstuhllift nicht“ und muss sich belehren lassen, dass darüber alle Eigentümer abzustimmen hätten. Von verschiedenen Eigentümern wird auf die nicht geringen Wartungskosten hingewiesen. Außerdem könnte es ja mal gesetzliche Änderungen geben und dann müssten Sicherheitseinrichtungen für viel Geld nachgerüstet werden. Aufhänger dafür waren die Fahrstühle der Wohnanlage, die erst vor kurzem ausgetauscht wurden und jetzt mit einem Kabinenabrutschschutz versehen werden müssen.

Für mich ist das nicht überzeugend. Hin und wieder sehe ich einen Mann (Bewohner oder Besucher?), der im Rollstuhl sitzt und, da er keinen Schlüssel für den Lift besitzt, in einer strapaziösen und langwierigen Prozedur von seiner Begleiterin die Treppe „hinaufgestützt“ wird. Im Saal ist aber niemand, der nicht mehr Treppensteigen kann. Viele Eigentümer sind allerdings bereits jenseits der 70, da kann man nicht erwarten, dass es mit dem Laufen für alle Ewigkeit so gut funktionieren wird.

Dann kommt es, wie ich es vor Beginn der Versammlung nicht erwartet hatte. Mit gewaltiger Mehrheit wird der Antrag auf die kostenfreie Übernahme abgelehnt. Ich stimme mit „Ja“, aber ich bin fast der Einzige, der sich für die Übernahme ausspricht.

Nun wird der Rollstuhllift also demontiert und entsorgt. Es sei denn, es meldet sich noch jemand, der bereit ist, den Rollstuhllift in Eigenregie und auf eigene Betriebskosten zu übernehmen.

Update: Daraus wurde nichts, der Lift wurde entfernt.

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In eigener Sache

Umstellung auf Blog

Die ursprüngliche Neuperlach-Website wurde in einen Blog übertragen. Durch das Blogsystem soll es erleichtert werden, über Aktuelles zu berichten und neue Bilder einzustellen. Die bisherigen Inhalte bekamen eine Generalüberholung.

Über Anmerkungen und Ergänzungen würde ich mich sehr freuen.

Viel Spaß!