Kategorien
Bilder Kunst und Denkmäler

Glyptotheke goes NPL

Glyptotheke
Die Lätare-Kirche mit der Glyptotheke (18.06.2021) © Thomas Irlbeck

Die „Glyptotheke“ wandert zwei Jahre durch Neuperlach. Nach dem Standort an der Lätare-Kirche an der Quiddestraße und einem weiteren Stopp am Theordor.Heuss-Platz (Wohnring) ist sie nun in den Grünanlagen am Karl-Marx-Ring zu finden (Nähe Karl-Marx-Ring 31).

Aber was ist die „Glyptotheke“? Es sind Stufen aus Seekiefer-Sperrholzplatten, auf denen man sitzen kann. Im Endeffekt ist es eine sehr lange und bequeme Bank, genauer sind es zwei Teile, also zwei Bänke. Es gibt genug Platz für alle!

Natürlich ist die Glyptothek am Königsplatz der Namensgeber. Dort war sie 2019/2020 ein Projekt zur vorübergehenden Erhaltung der Aufenthaltsqualität am Königsplatz. Während das Gebäude mit der Sammlung antiker Skulpturen renoviert wurde, sollte der Treffpunkt im öffentlichen Raum nutzbar bleiben. Dabei wurden die Sitzstufen des Sockels im virtuellen Sinne hinter dem Bauzaun hervorgeholt – und in Gestalt eines Holzobjektes auf dem Königsplatz aufgestellt.

Glyptotheke
Glyptotheke (18.06.2021) © Thomas Irlbeck
Glyptotheke
Die Lätare-Kirche mit der Glyptotheke (ganz links) (18.06.2021) © Thomas Irlbeck
Glyptotheke
Glyptotheke (18.06.2021) © Thomas Irlbeck
Glyptotheke
Glyptotheke (18.06.2021) © Thomas Irlbeck
Glyptotheke
Glyptotheke und eine Bücherzelle (18.06.2021) © Thomas Irlbeck
Kategorien
Bilder Bildung/Erziehung Historisches Kirche/Religion Kultur und Bräuche

Büchertausch-Regal – und eine kleine Anekdote aus den 1970er-Jahren

Büchertausch-Regal St. Monika
Büchertausch-Regal unter dem freistehenden Kirchturm der St. Monika, dem ersten denkmalgeschützten Bau Neuperlachs (30.09.2020) © Thomas Irlbeck
Büchertausch-Regal St. Monika
Büchertausch-Regal St. Monika (30.09.2020) © Thomas Irlbeck
Büchertausch-Regal St. Monika
Büchertausch-Regal St. Monika (30.09.2020) © Thomas Irlbeck

Gesehen am 30.09.2020 an unserer St. Monika am Marx-Zentrum. Unter dem Kirchturm steht ein Regal zum Bücher-Tauschen (neudeutsch eher Sharen/Teilen). Eine nette Idee, wie ich finde, zumal „Teilen“ auch ein christlicher Begriff ist. Das meine ich jetzt keineswegs abwertend. Ich bin Atheist, aber manchmal war ich in der Kirche, etwa wenn Freunde gehen mussten, weil es die Eltern befohlen hatten. Exakt in dieser Kirche bzw. genauer dem Vorgänger der St. Monika in Gestalt eines Holzprovisoriums erinnere ich mich noch genau an einen Gottesdienst. Als Bewohner des Marx-Zentrum (Peschelanger 12) war dies ja „meine“ Kirche.

Das Thema war „Teilen“. Der Pfarrer sagte, man sollte mit anderen teilen. Er bezog das auf alles Erdenkliche. Als Kinder, die damals vielleicht 10 Jahre oder so waren, probierten wir es aus und gaben uns untereinander Süßigkeiten ab. Nicht, dass wir das vorher abgelehnt hätten. Aber wir wollten gezielt die Empfehlung des Pfarrers umsetzen. Eigentlich könnte man die Geschichte unter „nicht besonders erwähnenswert“ abheften. Aber da ich wie angedeutet so selten einen Gottesdienst besucht habe, verbinde ich die St. Monika immer mit dem Vorgang des Teilens. Heute bin ich bei Facebook.

Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion Kunst und Denkmäler Veranstaltungen/Ausstellungen

Reinhard Kardinal Marx weiht neue Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum ein

St. Jakobus – Einweihung
Bild 1: Reinhard Kardinal Marx weiht das neue St. Jakobus ein (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Neuperlach hat nun ganz offiziell eine neue Kirche! Reinhard Kardinal Marx hat am Samstag, den 09.02.2019, die Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum eingeweiht.

Einweihungen von Gotteshäusern sind in Deutschland selten geworden. Elf Jahre ist Marx (was für ein passender Name für Neuperlach, siehe Karl-Marx-Ring und Marx-Zentrum) bereits im Amt, doch es ist erst das vierte Mal, dass er ein neues Gotteshaus weiht. Das liegt daran, dass die beiden christlichen Kirchen in Deutschland massive Austritte zu verzeichnen hatten und haben. Die Kirche ist für viele Leute nicht mehr attraktiv und modern genug, sie erreicht gerade jüngere Leute kaum noch. Auch die noch vorhandenen Kirchenmitglieder gehen seltener in den Gottesdienst. Auch die Zuwanderung aus Ländern, in denen andere Religionen vorherrschen, spielt eine nicht unbedeutende Rolle.

St. Jakobus – Einweihung
Bild 2: Die Kirche – zwei verschieden große Quader formen sie (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Fazit: Man braucht weniger Kirchen bzw. kleinere Kirchen. Das ist aber nicht der Grund für den Neubau. Denn die alte Kirche St. Jakobus war marode, sogar einsturzgefährdet, und wurde 2012 abgerissen.

Wenn die Kirche schon abgerissen werden muss, ergibt es Sinn, den Neubau an den sinkenden Bedarf anzupassen. So wurde eine weit kleinere Kirche gebaut. Die Anzahl der Sitzplätze sank von mehreren Hundert auf nun 50.

Die Kirche wurde auf dem Standplatz des alten Kindergartens gebaut, der ebenfalls marode war und abgerissen worden war. Dafür entstand am alten Platz der Kirche nun ein neuer Kindergarten. Es wurden also die Plätze getauscht.

Ergänzung/Richtigstellung: Kapelle oder Kirche?

Anfangs wurde das neue St. Jakobus als „Kapelle“ bezeichnet. In jüngerer Vergangenheit ist davon die Rede , dass es doch eine „Kirche“ geworden sei. Laut Pressemitteilung der Erzdiözese ist St. Jakobus eine „Kirche“. Die Tagespresse hat das übernommen. Laut der Kathpedia liegt der Unterschied nicht in der Größe des Baus, sondern darin, ob der Bau eine eigene Pfarrei besitzt. Auch wenn in Neuperlach Pfarreien zusammengelegt wurden, würde ich schon bejahen, dass St. Jakobus über eine Pfarrei verfügt. Bezeichnen wir St. Jakobus also als „Kirche“.

Architektur

Die neue Kirche hat 2,6 Millionen Euro gekostet. Die Nutzfläche beträgt 315 Quadratmeter. Letztlich besteht der Bau aus zwei unterschiedlich großen Quadern. Einer ist gemauert und wurde mit Holz verkleidet. Der größere Hauptbau, der den Gebetsraum enthält, ist aus Beton und behielt seinen Sichtbeton. Nur der schräg versenkte Eingangsbereich des Hauptbaus stört die strenge mathematische Form, aber selbst das Kreuz fügt sich der Quaderstruktur, da es nicht freisteht, sondern – ums Eck gebogen – mit der (Sichtbeton-)Oberfläche verschmilzt (siehe u.a. Bild 3).

St. Jakobus – Einweihung
Bild 3 (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Die Kirche gehört zur Architekturgattung Brutalismus. Der Begriff basiert entgegen eines weitverbreiteten Irrtums keineswegs etymologisch auf dem Ausdruck „brutal“, sondern ist aus dem Französischen béton brut abgeleitet, was „roher Beton“ bedeutet. Ganz einfach gesagt handelt es sich um Bauten, bei denen großflächig „nackter“ Beton zu sehen ist (Sichtbeton), der also nicht verputzt oder mit Fassadenplatten verkleidet ist.

Doch Stil und Umsetzung stoßen hier auf große Kritik. Iimmer wieder erhalte ich Kommentare, wie hässlich die neue Kirche doch sei. Vielleicht gefällt den Kirchenbesuchern aber der Altarstein besser, den das Künstlerpaar Lutzenberger & Lutzenberger, das sich für die Innenausstattung verantwortlich zeichnet, auf einer Wanderung im Allgäu entdeckt hat.

Der Bau war gezeichnet von vielen Verzögerungen. Bereits im Februar 2017 (!) schien die Kirche vom Rohbaustadium nicht mehr weit entfernt zu sein und dennoch mussten wir noch zwei weitere Jahre auf die Fertigstellung warten.

Vielen Dank an Tobias D. für die Fotos!

St. Jakobus – Einweihung
Bild 3 (09.02.2019). Foto: Tobias D.
St. Jakobus – Einweihung
Bild 5 (09.02.2019). Foto: Tobias D.
St. Jakobus – Einweihung
Bild 6: Kunst in Form von Tafeln zum Thema Heiliger Jakobus (09.02.2019). Foto: Tobias D.

Die Kirche drei Tage vor der Einweihung

St. Jakobus
Bild 7 (06.02.2019) © Thomas Irlbeck
St. Jakobus
Bild 8 (06.02.2019) © Thomas Irlbeck

Rückblick

Das war die alte Kirche St. Jakobus, die 2012 abgerissen wurde.

St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss (19.11.2011) © Thomas Irlbeck

Mehr zum Thema: Rückblick auf den Abriss von St. Jakobus am Quidde-Zentrum (2012)

Quellen

Kategorien
Architektur Bilder Historisches Straßenverkehr

Neuperlach ohne Ständlerstraße (1969/1970)

Neuperlach ohne Ständlerstraße (1969/1970)

Blick vom Strehleranger Richtung Perlach 1969 1970
Bild 1: Blick von einem Wohnhaus am Strehleranger Richtung Perlach (1969/1970). Wo nur ist die Ständlerstraße? Foto: Astrid Stähn; Farben aufgefrischt von neuperlach.org
Map – Nachgestellt – Blick vom Strehleranger Richtung Perlach 1969 1970
Bild 2: Umgebungskarte Nawiaskystraße mit Standort des nachgestellten Fotos, der in etwa dem ursprünglichen Standpunkt entsprechen sollte. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Was heute unvorstellbar erscheint, Neuperlach gab es einmal ohne Ständlerstraße. Astrid Stähn hat ein herrliches Foto ausgegraben, das 1969 oder 1970 entstanden ist. Es wurde von einem Wohnblock am Strehleranger aufgenommen. Der Blick geht Richtung Perlach, St. Michael Perlach ist gut zu erkennen. Die Querstraße im Bild unten ist die Nawiaskystraße. Hinter dieser wurde später der Neuperlacher Teil Ständlerstraße gebaut – das heißt, die bestehende Ständlerstraße in Harlaching wurde verlängert –, abgetrennt durch einen bepflanzten Erddamm, um den Verkehrslärm abzuschirmen. (Wann diese Verlängerung der Ständlerstraße genau eröffnet wurde, fehlt leider in meiner sonst einigermaßen kompletten Neuperlach-Chronologie. Wer bei der Komplettierung dieser und anderer Angaben helfen kann, darf sich gerne melden.)

Im historischen Foto erkennt man ganz links und ganz rechts zwei Tiefgaragenabfahrten. Die rechte existiert noch, die andere Tiefgarage wurde im Rahmen einer Nachverdichtung (Patrizia Bachquartier) abgerissen und neu gebaut (in Bild 3 ist die Tiefgarageneinfahrt mit „2“ markiert). Der Grund: Die in Neuperlach lange üblichen Tiefgaragen sind nicht so stabil, um Häuser tragen zu können. Auch benötigt man bei Nachverdichtungen zusätzliche Abstellplätze, also braucht es in solchen Fällen neue, stabilere Tiefgaragen.

Foto nachgestellt

Nachgestellt – Blick vom Strehleranger Richtung Perlach 1969 1970
Bild 3: Heutige Position – 1: Nawiaskystraße, 2: Einfahrt neu gebaute Tiefgarage, 3: bestehende Tiefgaragenabfahrt (hinter Büschen), 4a/b/c: Wohnhäuser des Patrizia Bachquartier (26.01.2019) © Thomas Irlbeck

Nun habe ich das alte Foto nachgestellt. Dabei befinde ich mich tatsächlich wohl ziemlich genau an der Stelle, an der das alte Foto geschossen wurde. Das neue Foto entstand mit dem Rücken zu dem Wohnblock, quasi lehnend an ihm. Dabei konnte ich leider lediglich vom Erdgeschoss aus fotografieren.

Die Stelle ist natürlich nicht mehr wiederzuerkennen. Immerhin kann man die Nawiaskystraße identifizieren (mit „1“ markiert). Die rechte Tiefgaragenabfahrt (mit „3“ markiert) ist hinter Büschen versteckt. Die drei weißen Häuser (man sieht zwei ein halb davon – mit „4a/4b/4c“ markiert) mit den gemischten Hoch- und Querformatfenstern – das bereits erwähnte Patrizia Bachquartier – wurden übrigens erst 2015/2016 gebaut.

Um das Ganze etwas besser herauszuarbeiten, zeige ich weitere Fotos mit anderen Ansichten dieses Quartiers.

Rechte Tiefgarage Nawiaskystraße
Bild 4: Näher an der zweiten, rechten Tiefgaragenabfahrt (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Neue Tiefgarage Nawiaskystraße
Bild 5: Einfahrt zu der neu gebauten, ersten (linken) Tiefgarage (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Neue Tiefgarage Nawiaskystraße
Bild 6: Näher dran an der Tiefgarageneinfahrt (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Nawiaskystraße, rechte Tiefgarage
Bild 7: Die zweite, noch bestehende Tiefgarageneinfahrt von der anderen Seite aus gesehen (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Nawiaskystraße, Spielplatz nahe Tiefgarageneinfahrt
Bild 8: Spielplatz nahe Tiefgarageneinfahrt (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Nawiaskystraße, Blick Richtung Lidl und Quiddestraße
Bild 9: Blick Richtung Lidl und Quiddestraße. In das Gebäude rechts ist die neue Tiefgarageneinfahrt integriert (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Nawiaskystraße
Bild 10: Nawiaskystraße – Die Häuserdurchfahrt aus dem obigen Bild nun von der anderen Seite aus gesehen. Wir stehen hier nahe Lidl/Quiddestraße (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Nawiaskystraße
Bild 11: Wie Bild 10, aber näher dran (26.01.2019) © Thomas Irlbeck
Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion Kunst und Denkmäler Sprache/Wortherkunft

Neuperlach hat sein erstes denkmalgeschütztes Gebäude: St. Monika

St. Monika
St. Monika mit dem Marx-Zentrum im Hintergrund (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
Die katholische Kirche St. Monika am Marx-Zentrum hat jetzt Denkmalschutz. Für Neuperlach ist das ein Novum.
St. Monika
St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck

Bislang war Neuperlach ein weißer Fleck auf der Karte, was den Denkmalschutz angeht. Kein einziges Gebäude hatte es auf die Denkmalschutzliste geschafft. Es ist naheliegend, dass man das geringe Alter des Stadtteils als Begründung sucht. Meist stellt man sich ja beim Thema Denkmalschutz ältere Gebäude in ebenso älteren Baustilen vor. Der Olympiapark, 1972 eröffnet, bekam jedoch 1998 den Denkmalschutz – übrigens inklusive aller Häuser, auch der Hochhäuser, die denen von Neuperlach nicht unähnlich sind. Nun hat der weltweit einzigartige Olympiapark aber internationale Bedeutung, Neuperlach wird da immer im Schatten liegen. Dennoch, für das Ansehen eines Stadtteils ist es förderlich, wenn er auch architektonisch etwas Besonderes schafft, quasi für die Ewigkeit, denn denkmalgeschützte Gebäude müssen ja erhalten werden.

St. Monika
St. Monika und das Marx-Zentrum werden vom Regenbogen überspannt (25.08.2012). Foto: Lesereinsendung

Beim dem Thema Denkmalschutz in Neuperlach könnte man aber auf den Gedanken kommen, ob vielleicht einer der Altbauten, die es in sehr geringer Anzahl gibt, Denkmalschutzstatus bekommen hat. Tatsächlich stehen die Michaelikapelle und das Quetschwerk Mächler an der Putzbrunner Straße schon seit längerer Zeit unter Denkmalschutz. Der Haken ist, beide befinden sich haarscharf nicht mehr in Neuperlach, sondern ein paar Meter außerhalb der Grenze, genauer in Trudering (Michaelikapelle) bzw. in Waldperlach (Quetschwerk Mächler).

Tatsächlich aber wurde einem der Neubauten der Denkmalstatus verliehen: Unsere Kirche St. Monika an der Max-Kolmsperger-Straße 3 bis 9, die übrigens zur Pfarrei Christus Erlöser gehört, ist nun auf der Denkmalschutzliste.

Namensherkunft St. Monika

Den Namen hat die Kirche von der heiligen Monika von Tagaste (* um 332 in Tagaste in Numidien; † Oktober 387 in Ostia). Sie ist die Mutter des heiligen Augustinus. Die heilige Monika gilt als Patronin der christlichen Frauen und Mütter sowie für die Seelenrettung der Kinder.

Chronologie St. Monika

1970, 4. Advent: Erster Gottesdienst in der Behelfskirche (Holzbaracke).
01.06.1980: Grundsteinlegung
29.11.1981: Einweihung durch Joseph Kardinal Ratzinger, der 2005 Papst wurde (Benedikt XVI).
23.01.1982: Glockenweihe
2018: Eintrag in das Denkmalschutzregister.

St. Monika
Kirchweihjubiläum (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Ich persönlich kann mich noch an das Provisorium in der Holzbaracke erinnern, habe dort auch mal einen Gottesdienst besucht. Dann, 1980, begannen die Arbeiten für den massiven Bau mit seiner Klinkerfassade (Sichtziegel) und seinem recht mächtigen Glockenturm (und einem besonderen Kreuz; siehe für Detailaufnahme unten im Artikel), der aber wegen des Flughafens Riem nicht höher werden durfte als die umliegenden Häuser. Genauer, die Grenze lag bei 35 Metern. Eine Besonderheit ist, dass der – freistehende – Kirchturm ins Neuperlacher Fußwegsystem integriert wurde. Man geht gewissermaßen durch den Turm, der Tordurchgang ist nur marginal schmaler als der Fußweg. Hier wurde Neuperlach konsequent weitergebaut.

Architektur

Der Stil ist nichtsdestotrotz eher klassisch. Viele moderne Kirchen im Brutalismusstil wirken verstörend. Nicht so St. Monika: Form, Fassade und Material (Ziegeloptik) sind zurückhaltend. Trotz des Fassadenstilbruchs mit den umliegenden Gebäuden, speziell dem mit schwarzen Asbestplatten verkleideten Marx-Zentrum (das seit 2020 schrittweise auf Anthrazit umgstellt wird), wirkt die Kirche keineswegs wie ein Fremdkörper. Das mag auch daran liegen, dass der Bau nur zwei Geschosse hoch ist und die Kirche primär durch ihren Turm in Erscheinung tritt. Dieser wiederum folgt einer strengen Quaderform, was ihn zu den Hochhäusern optisch kompatibel macht.

Die Google-Maps-Ansicht weiter oben oder alternativ diese Google-Maps-Ansicht zeigt das mehrteilige und mehrstufige Pultdach besonders gut. Der erste äußere Dachteil läuft längs, der andere äußere quer, der große Mittelteil hingegen verbindet durch seine Ausrichtung im 45°-Winkel die anderen beiden elegant. Der auf diese Weise geformte Eingangsbereich erweckt den Eindruck eines Viertelkreisbogens, wodurch er besonders einladend, imposant wirkt (Bild etwas weiter unten).

Der Bayerische Denkmal-Atlas weiß zu dem Gebäude Folgendes zu berichten:

Kirchenzentrum St. Monika; Pfarrkirche, sechseckiger Sichtziegelbau in Ecklage mit mehrfach gestuftem Pultdach, Pfarrhaus und Pfarramt angegliedert, freistehender Kirchturm mit erdgeschossigem Tordurchgang; Kinderhort, zweigeschossiger Riegel mit Stirnwand aus Sichtziegeln; Kindergarten, eingeschossiger Putzbau aus vier Pavillons mit Pultdächern; Hausmeisterhaus, eingeschossiger Pultdachbau, von Josef Wiedemann mit Rudolf Ehrmann und Volker Westermayer, 1975-1981; Altar, Ambo, Taufstein und Tabernakel, von Blasius Gerg, gleichzeitig; Werktagskapellenfenster, von Edzard Seeger, gleichzeitig.

St. Monika
Haupteingangsbereich (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Kindergarten St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Kindergarten St. Monika (06.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Detail Tordurchgang und Turmzugang via Brücke (05.09.2018)
St. Monika
Andere Seite – Detail Tordurchgang und Turmzugang via Brücke (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Detail Haupteingang (05.09.2018) © Thomas Irlbeck
St. Monika
Turm mit Durchgang auf dem Neuperlacher Fußwegsystem. Foto: Rufus46, bearbeitet durchNeuperlach.org / Lizenz: CC BY-SA 3.0
St. Monika
Kirchturmkreuz (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Fotospielerei

St. Monika
Uhrenspielerei (05.09.2018) © Thomas Irlbeck

Aktuelle Entwicklung

2019 wurde ein weiteres Neuperlacher Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen. Dieses Mal ist es bemerkenswerterweise ein Betonbau: die Mensa am Schulzentrum an der Quiddestraße. Mehr dazu im Artikel Mensa am Schulzentrum an der Quiddestraße – erstmals erhält ein Neuperlacher Betonbau Denkmalschutz.

Bau der St. Monika

St. Monika im Bau
St. Monika im Bau (ca. August 1980). Lesereinsendung von Marianne Niedermeier
Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion

Das Katechumenium

Katechumenium
Bild 1: Eingangsbereich. Der Weg zu Gott ist barrierefrei (16.07.2017) © Thomas Irlbeck
Katechumenium
Bild 2  (16.07.2017) © Thomas Irlbeck

2017 habe ich über St. Philipp Neri an der Kafkastraße berichtet. Den Bau sehe ich als einen der langweiligsten Bauten in Neuperlach an. Das Katechumenium ist ein Ableger von St. Philipp Neri und befindet sich in Neuperlach Süd an der Putzbrunner Straße, Ecke Stubaier Straße. Auch diesen Bau würde ich von der Architektur als unspektakulär und langweilig bezeichnen. Seine Geschichte ist aber hochinteressant und hat etwas mit „Über den Wolken“ zu tun, also der Faszination des Fliegens.

Der Begriff „Katechumenium“

Zunächst einmal zum Namen: Sollte sich jemand auf eine Stelle bei St. Philipp Neri bewerben, so sei empfohlen, den Zungenbrecher Katechumenium ganz fleißig zu üben. Und zwar vor dem Bewerbungsgespräch.

Katechumenium leitet sich von Katechumene ab, dem Taufanwärter. Im Lateinischen heißt es catechumenus. Im Katechumenium schließlich ist die Neokatechumenale Gemeinschaft von St. Philipp Neri ansässig. Neo bedeutet natürlich neu, und der zugrunde liegende Neokatechumenale Weg ist – man ahnt es – ein Weg zur Wiederentdeckung der Taufe.

Der eingeschossige Bau ist sicherlich keine Schönheit. Es mag Geschmackssache sein, aber ein edles Schwarz statt des Graubrauns würde dem Gebäude sicherlich besser stehen.

Frühere Nutzung: Erst wurde in den Flughimmel geschaut – nun durch die großen Dachfenster in den göttlichen Himmel

Ursprünglich war in dem Gebäude die „Flugsicherung“ untergebracht, wie ein alter Stadtplan bestätigt. Die großen Dachfenster sind ein Hinweis auf die Beobachtung der Flugbewegungen. 1992 mit dem Ende des Riemer Flughafens ist das Gebäude dann an St. Philipp Neri gegangen.

Katechumenium
Bild 3 (16.07.2017) © Thomas Irlbeck
Katechumenium
Bild 4: Die großen Dachfenster sind kein Zufall. Näheres im Textl (16.07.2017) © Thomas Irlbeck
Katechumenium
Bild 5 (16.07.2017) © Thomas Irlbeck
Katechumenium
Bild 6 (16.07.2017) © Thomas Irlbeck
Katechumenium
Bild 7 (19.12.2017) © Thomas Irlbeck
Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion

St. Philipp Neri – Langweilige Bauten

St. Philipp Neri
Bild 1: St. Philipp Neri von der Kafkastraße aus gesehen mit Bushaltestelle und Boden-Freiluft-Kruzifix (22.05.2017) © Thomas Irlbeck

Heute muss sich mal wieder eine Kirche gefallen lassen, mit ihrem Aussehen das Gefühl von Langeweile aufkommen zu lassen: die katholische Kirche St. Philipp Neri in Neuperlach Ost. Sie steht an der Kafkastraße 17, Höhe Sudermannallee.

Der Bus stadteinwärts hält direkt vor der Kirche, hier steigen auch Kunden des Sudermann-Zentrum ein und aus. Mein Gähnen während der Betrachtung des Kirchenbaus wirkt ansteckend. Einige Fahrgäste schlafen ein und verpassen ihren Bus.

Die Form der Kirche entspricht einem mathematisch genauen Quader. Das Gebäude präsentiert sich als eingeschossiger Zweckbau. Statt eines Kirchturms hat man draußen vor der Kirche ein Kreuz aufgestellt.

Eröffnet wurde die Kirche im November 1973. Sie gehört seit 2009 zur Pfarrei Christus Erlöser (zusammen mit St. Jakobus, St. Monika, St. Stephan und St. Maximilian Kolbe). Der Name der Kirche leitet sich von dem Gegenreformator Filippo Romolo Neri ab (* 21.07.1515 in Florenz; † 26.05.1595 in Rom).

St. Philipp Neri
Bild 2: Hier zeigt sich die strenge Quaderform (22.05.2017) © Thomas Irlbeck
St. Philipp Neri^
Bild 3: Die Informationstafeln und Bäume bieten wenigstens ein bisschen Widerstand gegen die Eintönigkeit des Baus (22.05.2017) © Thomas Irlbeck
St. Philipp Neri
Bild 4: Weitere Ansicht von der Kafkastraße (22.05.2017) © Thomas Irlbeck
Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion

Die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde München II – Langweilige Bauten

Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 1: Die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde München II. Bei der Durchfahrt durch unseren Stadtteil (hier auf der Kurt-Eisner-Straße) sieht man vor allem das, der ästhetischere Teil bleibt verborgen. Daher ist diese typische Ansicht das Startbild, denn es soll das gezeigt werden, das sich dem Bürger als Erstes bzw. primär offenbart (28.03.2017) © Thomas Irlbeck

Eine neue Serie
Zugegeben, ich war mir bei der Idee zu dieser neuen Serie nicht wirklich sicher, inwieweit sie Sinn ergibt. Der Plan ist nämlich, Gebäude in Neuperlach festzuhalten, die unspektakulär, unscheinbar sind, also weder eine ansprechende Architektur haben, noch durch gewagte Elemente oder durch Verfall provozieren. Es sind also gerade Objekte, die selten bis gar nicht fotografiert werden dürften. Oft sind es Zweckbauten, teilweise als Profanarchitektur ausgeführt. Doch vielleicht liegt genau dort der Reiz. Auch verschwinden in Neuperlach immer wieder Bauten oder werden völlig umgestaltet. Dann gibt es nur noch Bilder im Kopf, die immer mehr verblassen. Kaum einer kann dann mehr ganz genau sagen, wie das mal früher aussah. Beispielsweise wurde „Bruestle Textilien“ an der Nawiaskystraße in Neuperlach West abgerissen, heute befindet sich dort ein Lidl-Markt. Von dem recht mächtigen Betonklotz habe ich nur ein einziges Foto gefunden, bei dem leider der Urheber einer Verbreitung nicht zugestimmt hat, sodass ich keine Erinnerung öffentlich zeigen darf. Da Wohnhäuser zum Glück in Neuperlach erfahrungsgemäß nie abgerissen werden, soll sich die Serie auf Gewerbebauten und soziale Einrichtungen konzentrieren. Trotz einiger Gründe, die für die Serie sprechen, sie bleibt natürlich experimentell.

Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 2: Den ansprechenderen Teil sieht man vor allem vom Parkplatz aus (28.03.2017) © Thomas Irlbeck

In der ersten Folge geht es um die evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße, Ecke Karl-Marx-Ring/Hugo-Lang-Bogen. Das Mercure-Hotel ist gleich gegenüber. Der Bau wirkt nicht nur belanglos, sondern sieht auch aus, als wäre er aus verschiedenen Baustilen zusammengestückelt worden, was er wohl auch ist. Durch seine geringe Höhe und auch durch das Fehlen eines Kirchturms fällt er aber immerhin kaum auf.

Von der Straßenseite am auffälligsten ist ausgerechnet der langweilige gelbe, quaderförmige Bau. Der mit Schießschartenfenstern und Kreuz ausgestattete Teil in dem ansprechenderen Rot ist primär nur vom Parkplatz aus einsehbar, aber kaum bei der normalen Durchfahrt durch unseren Stadtteil.

Die II im Namen hat ihren Ursprung durch eine Teilung der evangelisch-reformierten Gemeinde. Das Gebiet umfasst „die Orte rechts der Isar mit den Postleitzahlen von München 81500 bis an die tschechische und österreichische Grenze, begrenzt im Westen durch die Isar, im Norden durch die Bundesstraße 11 bis Bayerisch Eisenstein sowie im Osten und Süden durch die Staatsgrenzen zur Tschechischen Republik und zu Österreich“, heißt es auf der offiziellen Website der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde München II. Der Gottesdienst beginnt sonntags um 10:30.

Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 3: Noch einmal die Ansicht an der Kurt-Eisner-Straße (28.03.2017) © Thomas Irlbeck
Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 4: die Kirchengemeinde von einer Wohnanlage am Karl-Marx-Ring aus gesehen. Im Hintergrund ein Hochhaus vom Architekten Ernst Barth (28.03.2017) © Thomas Irlbeck
Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 5: Näher dran (28.03.2017) © Thomas Irlbeck
Evangelisch-reformierte reformierte Kirchengemeinde München II an der Kurt-Eisner-Straße
Bild 6: Selber Standpunkt, aber Blick Richtung Karl-Marx-Ring/Hugo-Lang-Bogen (28.03.2017) © Thomas Irlbeck
Kategorien
Architektur Bilder Kirche/Religion Mystisches/Legenden

Die Serbisch-Orthodoxe Kirche am Wohnring

Serbisch-Orthodoxe Kirche
Bild 1: Serbisch-Orthodoxe Kirche „Heiliger Märtyrerkönig Jovan Vladimir“ (16.02.2017) © Thomas Irlbeck

Unser heutiger mystischer Ort ist ein sehr auffälliges, für deutsche Augen eher ungewöhnliches Gebäude. Kein Wunder, denn katholische Kirchen haben in München bekanntlich einen höheren Verbreitungsgrad, und hier sehen wir ja schließlich eine Serbisch-Orthodoxe Kirche. Sie ist die einzige Serbisch-Orthodoxe Kirche in München. Ihr Name ist Heiliger Märtyrerkönig Jovan Vladimir. Sie liegt fast unmittelbar vor dem Neuperlacher Wohnring, also an einer der bekanntesten Wohnanlagen in Neuperlach.

Dennoch werden viele Neuperlacher diese Kirche noch nie gesehen haben. Das liegt daran, dass sie von der viel befahrenen Putzbrunner Straße aus nur schwer einsehbar ist – und von anderen Straßen (Schumacherring vor dem Wohnring etwa) auch kaum. Man muss von dort ein paar Meter am Hans-Fried-Weg laufen, um die Kirche sehen zu können. Übrigens grenzt an die Kirche unmittelbar der Friedhof Perlach, der auch nicht besonders bekannt ist. Wie auch der Friedhof Perlach liegt die Kirche offiziell haarscharf noch in Perlach, aber der sehr nahe Wohnring erzeugt Satellitenstadt-Atmosphäre.

Serbisch-Orthodoxe Kirche
Bild 2 (16.02.2017) © Thomas Irlbeck

Geschichte und Daten zur Kirche „Heiliger Märtyrerkönig Jovan Vladimir“

Die Serbisch-Orthodoxe Kirchengemeinde in München wurde bereits 1946 gegründet. Unter den ersten Mitgliedern waren frühere serbische Kriegsgefangene. Der Bau der Kirche und des Kirchenzentrums an der Putzbrunner Straße fand aber erst 1994 (Kirchenzentrum vor der Kirche, auf den Bildern nicht zu sehen, siehe Umgebungskarte) bzw. 1996 (Kirchengebäude) statt. Bis dahin wurden für Gottesdienste und andere Aktivitäten provisorisch Räume in Kirchen und Wohnungen angemietet. Heute betreut die Gemeinde rund 25.000 orthodoxe Serben. Die Adresse von Kirchenzentrum und Kirche ist Putzbrunner Straße 49.

Quelle: Die Serbisch-Orthodoxe Kirchengemeinde in München

Die Serbisch-Orthodoxe Kirche

Rund 80 Prozent der elf Millionen Serben weltweit bekennen sich zur orthodoxen Kirche. Mehr unter dem Wikipedia-Artikel Serbisch-Orthodoxe Kirche.

Serbisch-Orthodoxe Kirche
Bild 3 (16.02.2017) © Thomas Irlbeck
Serbisch-Orthodoxe Kirche
Bild 4 (16.02.2017) © Thomas Irlbeck
Serbisch-Orthodoxe Kirche Map
Bild 5: Umgebungskarte der Serbisch-Orthodoxe Kirche. Es ist zu erahnen, dass die Kirche von der Hauptstraße (Putzbrunner Straße) kaum einsehbar ist. Ganz oben ist übrigens der Wohnring. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Heiliger Märtyrerkönig Jovan Vladimir

Jovan Vladimir (serb. Јован Владимир; bulg. Иван Владимир Ivan Vladimir; deutsch auch Johannes Wladimir; * 10. Jahrhundert; † 22. 05.1016) war laut Wikipedia Herrscher von Duklja, dem bedeutendsten serbischen Fürstentum seiner Zeit. Er wird von der Serbisch-Orthodoxen Kirche als Märtyrer und nationale Symbolfigur verehrt. Mehr unter dem Wikipedia-Artikel Jovan Vladimir.

Kategorien
Architektur Bilder Bürokratisches Historisches Kirche/Religion Kunst und Denkmäler Mystisches/Legenden

Die Kirche mit dem „angeschrägten“ Hochhaus-Turm

St.-Augustinus-Kirche
St.-Augustinus-Kirche (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Wie sicherlich das eine oder andere Mal erwähnt, habe ich mit der Kirche als Institution weniger als wenig am Hut. Aber Kirchenarchitektur kann mich durchaus begeistern. Dabei zieht mich hier vor allem klassische Kirchenarchitektur an. Moderne Kirchenbauten gibt es nur sehr wenige, die mir gefallen.

Der heutige mystische Ort ist die katholische St.-Augustinus-Kirche in Trudering, die folgerichtig an der St.-Augustinus-Straße liegt. Die Kreuzung zur Bajuwarenstraße ist hier ganz in der Nähe, und – wen wundert es – an dieser befindet sich auch die Augustinus-Apotheke. Räumlich sind wir zwar ein Stückchen von Neuperlach entfernt. Doch das Ziel, endlich einen mystischen Ort in Neuperlach zu finden, kommen wir heute vielleicht näher denn je.

Der Neuperlach-Faktor liegt in der Architektur. Die Kirche ist kein klassischer, aber auch kein typisch moderner Bau. Es ist 1950er-Jahre Architektur, so gesehen also der Nachkriegsmoderne zuzuordnen. Genauer wurde die Kirche 1952 bis 1955 geplant und gebaut. Am 28. August 1955 zum Fest des heiligen Augustinus wurde sie geweiht.

Ungewöhnlich: Die Form des Turmes ist die eines „angeschrägten“ Quaders

Das Neuperlachige ist die Form des Turmes, der 26 Meter Höhe misst bei einem Grundriss von 7 × 9 Metern. Dieser sieht wie ein Quader aus und hat auch das in Neuperlach obligatorische Flachdach. Damit ähnelt der Turm von der Optik einem Hochhausblock, wobei es hier doch zwei Unterschiede gibt. Erstens: Das Flachdach ist weit auskragend. Zweitens: Der Quader ist bei strengerer Betrachtung keiner, der Turm verjüngt sich nach oben hin zumindest leicht. Das Besondere ist, dass die Schräge nur auf der Nordseite vorhanden ist, im Bild ist das rechts. Das Foto kann diesen Effekt nur begrenzt zeigen – siehe weiter unten unter Nicht objektiv, sondern eine Sache der Perspektive.

Glocken

St.-Augustinus-Kirche
Nordseite des Kirchenschiffs (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Im Turm befinden sich sieben Glocken, die 1955 auf Basis einer zinnfreien Bronzelegierung in Erding gegossen wurden. Die Töne der Glocken lauten von unten nach oben: As – c’ – es’ – f’ – as’ – b’ – c’’

Kirchenschiff und Orgel

Das Kirchenschiff misst 15 Meter in der Höhe, ist 45 Meter lang und 22 Meter breit. Es verfügt über ein übliches Satteldach. Verspätung gab es bei der Kirchenorgel. Diese wurde erst 1965 von der Firma Carl Schuster und Sohn erbaut und in Betrieb genommen. Die 41 Register sind auf Hauptwerk, Positiv, Schwellwerk und Pedal verteilt.

Kirchturm ohne Kreuz – der Flughafen Riem war schuld

St.-Augustinus-Kirche, Kreuz Detail
Der Abstand des Kreuzes zur Turmwand wird nach oben hin größer. Durch Klick vergrößern, um den Effekt gut sehen zu können (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Der Flughafen Riem, 1939 eröffnet, sorgte für ein Kuriosum. Aus Sicherheitsgründen galten in der Einflugschneisen des Stadtgebiets strenge Bauhöhenbegrenzungen. Diese kann man heute noch in Neuperlach sehen. An der Haupteinflugschneise war eine Begrenzung auf 25 Meter vorgeschrieben (was acht Stockwerke ermöglichte), wobei man bei Dachaufbauten manchmal großzügig waren, sodass manche Häuser doch zumindest punktweise auf rund 26 Meter kamen. Außerhalb der Haupteinflugschneise – bereits das Marx-Zentrum lag ein paar Meter von dieser entfernt – gab es weniger strenge Limitierungen. So waren für die Häuser im Marx-Zentrum bis zu 35 Meter erlaubt, was sich in bis zu 14 Stockwerken (zuzüglich teilweise mehrstöckiger Dachaufbauten) widerspiegelt.

Genau diesr Bauhöhenbegrenzung war verantwortlich dafür, dass die St.-Augustinus-Kirche kein Kreuz auf dem Turm tragen durfte. Mit 26 Meter Höhe des Turmes war offenbar schon alles ausgeschöpft. Als Ersatz war aber aber ein kleines Kreuz auf dem Dach des Kirchenschiffs ganz vorne am Haupteingang (Westseite) aufgesetzt worden. 1992 wurde der Flughafen Riem stillgelegt, doch erst 2002 bekam der Kirchturm sein Kreuz. Im Rahmen einer umfassenden Sanierung wurde an der Nordseite des Turms ein zwölf Meter langes vergoldetes Kreuz angebracht, das sechs Meter über das Flachdach hinausragt, und das alte Kreuz auf dem Satteldach entfernt. Obwohl gerade diese Nordseite nicht senkrecht, sondern schräg läuft, steht das Kreuz selbst exakt vertikal. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass dies durch zwei unterschiedlich lange waagrechte Halterungen erzielt wird (die Abbildung zeigt es, diese anklicken, um zu vergrößern). Der Abstand des Turms zum Kreuz wird nach oben hin größer. Aber auch bei den Fenstern am rechten Rand des Turmes (Abbildung am Artikelanfang) sieht man, dass deren Abstand zur rechten Turmwand nach oben hin kleiner wird.

Nicht objektiv, sondern eine Sache der Perspektive

Ein Objektiv ist nur dem Begriff nach objektiv. In der Realität gibt es starke Verzerrungen, je weitwinkiger, desto größer werden sie. Objekte laufen dann auf einmal spitz nach oben oder unten zu, Hochhäuser und Türme, speziell am Bildrand, drohen umzustürzen. Diese stürzenden Linien lassen sich per Bildbearbeitung automatisch oder manuell aufrichten. Hat man ein Gebäude vor sich, bei dem die Kanten wirklich senkrecht laufen, lässt sich auf diese Weise ein gutes Ergebnis erzielen und ein Schiefer Turm von Pisa vermeiden. Besitzt ein Gebäude aber keine oder nicht durchgehend senkrechte Kanten, da es sich tatsächlich verjüngt, wird es schwieriger, da es weniger oder keine Anhaltspunkte gibt. Eine normale Entzerrung stürzender Linien würde hier ein Ergebnis erzielen, das an der Realität vorbeigeht. Daher wurde hier die Entzerrung behutsam eingesetzt. Dabei wurde darauf geachtet, dass alle senkrechten Kanten inklusive des Kreuzes möglichst vertikal verlaufen. Die einzige Schräge ist damit die Turmnordseite, die aber hier im Ergebnis möglicherweise subjektiv zu stark ausfällt. Es muss klar sein, dass dies nur ein Kompromiss sein kann. Keine Aufnahme, ganz speziell in diesem Fall, kann eine Betrachtung vor Ort ersetzen.

Der heilige Augustinus

St.-Augustinus-Kirche, Relief
Relief an der Westseite mit dem heiligen Augustinus (30.08.2013) © Thomas Irlbeck

Augustinus von Hippo (* 13. November 354 in in Tagaste, auch: Thagaste, in Numidien, heute Souk Ahras in Algerien; † 28. August 430 in Hippo Regius, heute Annaba in Algerien) war „einer der vier lateinischen Kirchenlehrer der Spätantike und ein wichtiger Philosoph an der Epochenschwelle zwischen Antike und Mittelalter“ (Quelle: Wikipedia). Von den Westkirchen wird Augustinus als Heiliger verehrt.

An der Westseite der Kirche mit dem Haupteingang befindet sich ein Relief des heiligen Augustinus (siehe Abbildung). Der Künstler Siegfried Moroder meißelte dieses 1958 aus den Sandsteinblöcken heraus, die bereits beim Bau der Kirche eingefügt worden waren.

Umgebungskarte

Umgebungskarte St.-Augustinus-Kirche
Umgebungskarte St.-Augustinus-Kirche. Quelle: OpenStreetMap, Lizenz: Open Database License 1.0

Per ÖPNV erreicht man die Kirche am besten so: Bus 195, N49: Gnadenwaldplatz oder Bus 139, 195, N49: St.-Augustinus-Straße

Quellen

Kategorien
Architektur Bilder Freizeit & Erholung Kirche/Religion Kunst und Denkmäler Mystisches/Legenden Natur/Umwelt(schutz) Sprache/Wortherkunft

Über Neuperlach ins Schwarze Meer: Der Hachinger Bach

Hachinger Bach
Baumhaus- und Brückenromantik am Hachinger Bach in Perlach Süd
Hachinger Bach
Die Autobahn A8 überquert den Hachinger Bach an der Grenze zwischen Unterbiberg und Unterhaching
Hachinger Bach
Der Hachinger Bach bei Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Auf der Suche nach mystischen Orten in Neuperlach werden wir nun das erste Mal einen Ort finden, der tatsächlich (auch) in Neuperlach liegt und nicht haarscharf daneben. Genau genommen ist es kein Ort, sondern vielmehr ein linienförmiges Gebilde: der Hachinger Bach. An seinem Verlauf gibt es eine ganze Reihe mystischer Orte. Auch als Ort der Ruhe ist der Bach an vielen Stellen mindestens eine Kraftzone. Da auch Taufrituale an Gewässern durchgeführt werden, hat ein Gewässer grundsätzlich einen gewissen mystischen Charakter. Zudem ranken sich noch Sagen und Legenden um den Hachinger Bach, dazu später mehr. Schließlich soll noch ein Experiment den Bach „erfahrbar“ machen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Kinder baden im Hachinger Bach an der Sebastian-Bauer-Strasse im August 1932
Kinder baden im Hachinger Bach an der Sebastian-Bauer-Strasse im August 1932. Bild: Festring Perlach
Ansichtskarte Hachinger Tal
Ansichtskarte Hachinger- und Gleißental aus der Vogelperspektive (um 1909). Urheber: unbekannt, Lizenz: Public Domain

Zunächst einmal das Wichtigste: Der Hachinger Bach fließt durch Oberhaching, Taufkirchen, Unterhaching, Unterbiberg, Perlach und dann eben auch Neuperlach. Gleich hinter Neuperlach taucht dann der Bach in den Untergrund ab, worauf später noch näher eingegangen wird. Letztlich fließt der Bach über seine Folgegewässer ins Schwarze Meer.

Ein Bach ohne eindeutige Quelle – und mit ungewöhnlicher Mündung

Das zwölf Kilometer lange Gewässer beginnt in einer ehemaligen Gletscherabflussrinne zwischen Deisenhofen und Oberhaching. Dabei zeigt sich die erste Besonderheit, der Hachinger Bach hat keine eindeutige Quelle. Die Stelle, wo der Hachinger Bach in Erscheinung tritt, liegt in einem Bereich, in dem das vom Deininger Weiher ausgehende Gleißental zum Hachinger Tal wird. Auf einer Länge von rund 100 Metern tritt stetig mehr Grundwasser aus dem Boden, sodass der Boden immer mehr Feuchtigkeit aufweist, bis tatsächlich eine sichtbare Wasserrinne und damit der Bach entsteht. Da das Grundwasser ständigen Schwankungen unterworfen ist, lässt sich kein genauer Quellpunkt ausmachen. Um zu verhindern, dass das Bachbett ganz trocken fallen kann, wurde neben einem Parkweg ein Rohr installiert, das Wasser einleitet. Die Wassermenge steigt im weiteren Bachverlauf an – durch Grundwassereintritt und Zuflüsse wie den Entenbach in Taufkirchen.

Doch nördlich von Unterhaching ist der Bach in Gefahr, da die Flinzschicht, die das Wasser hält und den Bach vor einem Versickern bewahrt, stark abfällt. Ebenso sinkt das Grundwasser. Doch die Schlammablagerungen, die der Bach selbst geschaffen hat, verschonen ihn vor diesem Schicksal. Dadurch versickerte der Bach nicht mehr wie ursprünglich irgendwo kurz nach Unterhaching in der Münchner Schotterebene, sondern schaffte es noch bis zu einer Stelle, die nördlich des heutigen Ostparks liegt. Doch heute ist alles anders. Der Bach unterquert nach dem Ostpark noch die Heinrich-Wieland-Straße und hat dann noch 120 Gnadenmeter an der Oberfläche, bevor er seit 1933 in einem Einlaufbauwerk mit automatischem Schmutzrechen abtaucht. Neben dem Einlaufbauwerk wurde ein Versickerungsbecken angelegt, das bei Hochwasser Überschwemmungen verhindern soll.

Jetzt wird es unterirdisch

Der Bach fließt ab dem Einlaufbauwerk unterirdisch durch ein profanes Betonrohr bis zum so genannten Hüllgraben, einem künstlich angelegten Kanal, der am Zamdorfer Gleisdreieck beginnt. Von dort geht es oberirdisch weiter zum sogenannten Abfanggraben, der zwischen Johanneskirchen und Aschheim liegt. Dieser führt schließlich zum Mittlere-Isar-Kanal westlich von Neufinsing. Letzterer fließt dann bei Tiefenbach, westlich von Landshut, in die Isar. Diese wiederum mündet bekanntlich in die Donau und diese fließt noch „bekannlicher“ ins Schwarze Meer.

Renaturierung

Der Bach wurde wie viele Gewässer auch an vielen Stellen begradigt. Auch heute noch fließt er an manchen Stellen schnurgerade, oft sogar in einer kanalähnlichen Betonrinne. An einigen Stellen, etwa in einem Teilabschnitt in Unterbiberg, wurde aber inzwischen eine Renaturierung durchgeführt. Inwieweit diese Renaturierungen gelungen sind, zeigen die Fotos weiter unten.

Nach oben kommen!

Forderungen, den Hachinger Bach auch in Berg am Laim, wo er ja unterirdisch fließt, an die Oberfläche zu holen, gibt es immer wieder. Man hat auch eine vorbereitende Maßnahme durchgeführt und vom Einlaufbauwerk bis zum Pavillon der U-Bahn-Station Josephsburg ein Bachbett angelegt. Doch dieses ist bis heute ungenutzt. Update: 2014 sollte es weitergehen und der Bach hier offengelegt werden. Bis Januar 2021 ist aber nichts passiert. Update 2021: Angeblich soll die Umsetzung nun 2021 geschehen.

Legende

Früher versiegte die Quelle des Baches rund alle sieben Jahre, um dann ein Jahr später wieder aufzutauchen. Dafür und auch für das Versickern des Bachs hatte man damals keine Erklärungen. Entsprechend entstanden einige Sagen, in denen dafür dem Teufel die Verantwortung dafür gegeben wurde. Ferner ist eine Sage bekannt, in der von einem Erbschaftsstreit um eine Mühle am Bach zwischen zwei Söhnen die Rede ist. Da sich die Söhne nicht einigen konnten, soll Gott höchstpersönlich die Quelle zum Versiegen gebracht haben, um die Mühle vorübergehend sinnlos zu machen.

Wortherkunft

Der Name Hachinger Bach leitet sich von Hacho ab, einem Bajuwaren, der zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert Siedlungen entlang des Bachlaufs errichtete.

Das Experiment – Entlang am Hachinger Bach

In dem angekündigten Experiment möchte ich den gesamten Hachinger Bach mit dem Fahrrad abfahren und auch das ominöse Wasserrohr an der Quelle lokalisieren. Der Grundgedanke ist, dass wenn ich nach Deisenhofen auf der normalen Straße fahre, ich möglicherweise gar nichts finde, da das Wasserrohr gut versteckt und der Bachverlauf unklar sein könnten. Also fange ich lieber auf der sicheren Seite an (im wahrsten Wortsinne!), das heißt beim Einlaufbauwerk am Michaelibad. Von dort aus taste ich mich gewissermaßen zum anderen Ende der Schnur. Meine selbst gesetzte Vorgabe ist, möglichst immer am Ufer zu fahren, zumindest aber in Sichtnähe zum Bach. An Stellen, wo der Bach durch Privatgrundstücke fließt, sind Ausnahmen möglich, aber zu weit sollte ich mich nicht vom Bach wegbewegen. Alle Bilder sind übrigens in der Reihenfolge streng von der Mündung in Richtung Quelle angeordnet. Der Blick wechselt aber mitunter und geht mal in die eine und mal die andere Richtung (je nachdem, was es zu sehen gibt und auch um Gegenlichtaufnahmen möglichst zu vermeiden). Das Experiment kann beginnen. Werde ich die Aufgabe meistern und am Ende vor dem erwähnten Rohr stehen?

Noch ein Hinweis: In dem nachfolgenden Text mag man mir verzeihen, dass ich den Verlauf Richtung Quelle beschreibe und dabei immer mal wieder die Formulierungen der „Bach unterquert, schlängelt sich (oder ähnlich)“ verwende, obwohl das ja dann quasi flussaufwärts wäre. Natürlich kann selbst der Hachinger Bach nicht Richtung Quelle und auch nicht bergauf fließen. Aber es ließe sich anders nur sehr kompliziert ausdrücken, daher diese sprachliche Ungenauigkeit.

Das Einlaufbauwerk

Hachinger Bach
Der Hachinger Bach verschwindet im Einlaufbauwerk (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Das kurze oberirdische Stück des Bachs in Josephsburg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Ich starte am Einlaufbauwerk, das sich an der Kampenwandstraße befindet. Das Kleine Brauhaus Wilder Mann ist hier ganz in der Nähe. Das Gelände mit dem Einlaufbauwerk ist eingezäunt und durch Bewuchs nur schlecht einsehbar. Lediglich den Bach sieht man deutlich verschwinden, der dann auf der anderen Seite nicht mehr auftaucht und sich unterirdisch auf seine Reise gen Norden begibt. In dem kurzen Stück zwischen Einlaufbauwerk und Heinrich-Wieland-Straße hat der Bach immerhin ein würdevolles Bett.

Im Ostpark

Hachinger Bach
Der Bach überquert die Heinrich-Wieland-Straße. Hier ein Blick auf das kurze Stück (Blick nach Norden), das der Bach hier noch bis zum Einlaufbauwerk hat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Nachdem der Bach die Heinrich-Wieland-Straße unterquert hat (Bild links), geht es ziemlich idyllisch durch den Ostpark. Es gibt diverse Brücken, auch Stellen, wo man nur mit Mühe auf einem kleinen Trampelpfad dem Gewässer folgen kann. Aber es lohnt sich. Ich zeige einfach mal einige der schönsten und typischsten Stellen. Bei einigen Bildern kann man kaum glauben, sich im künstlich angelegten Ostpark zu befinden. Es lohnt sich aber, die offensichtlichen Wege zu verlassen und dem Bach haut-, besser wassernah zu folgen.

Hachinger Bach
Der Ostpark: So künstlich angelegt … (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
… sieht der Park hier gar nicht aus (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Im Ostpark: Eine der vielen Brücken über den Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

In Neuperlach West

Nachdem der Hachinger Bach die Staudingerstraße unterquert hat, fließt er am Adolf-Baeyer-Damm durch Neuperlach West. Das Ufer ist hier schön grün angelegt, aber das Ufer ist nicht so natürlich und wild wie im Ostpark. Hier steht jedoch das Erholungserlebnis der Bürger im Vordergrund, so führen an einer Stelle z.B. Betonstufen runter zum Bach (siehe die ersten drei Bilder). Unter der Ständlerstraße verlässt der Bach schließlich Neuperlach (letztes Bild).

Hachinger Bach
Der Hachinger Bach in Neuperlach West (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier führen Stufen runter zum Ufer (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Die Stufen nun von der anderen Seite (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier lässt es sich wirklich gut aushalten (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Auch das gibt es: eine der winzigen Inseln (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier unterquert der Bach die Ständlerstraße (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Perlach – hier ist die Zeit stehen geblieben

St. Michael Perlach
St. Michael am Pfanzeltplatz (20.02.2021) © Thomas Irlbeck

Nach der Ständlerstraße schlängelt sich das Bächlein durch Perlach, also gewissermaßen Altperlach. Hier findet sich ein extrem abwechslungsreicher Verlauf. Es gibt wilde Stellen, aber auch gezähmte, bei denen der Bach fast schon trostlos in einer schnurgeraden Betonrinne dahinplätschert. Auffällig sind die vielen Brücken, von denen manche speziell nur für den Zugang von Einfamilienhäusern gebaut wurden. Einige der Brücken sind sehr simpel, andere aufwändiger und auch mit schwerem Gerät befahrbar.

St. Paulus Perlach
St. Paulus Perlach (30.03.2021) © Thomas Irlbeck

Die Häuser weisen meist sehr dörflichen Charakter auf, aber auch Neubauarchitektur, die verdächtig nach Einheitsarchitektur von der Stange aussieht, hat sich stellenweise breit gemacht. Einöde wechselt sich mit belebten Stellen ab. Das Zentrum ist natürlich der Pfanzeltplatz, wo auch ein Marktplatz und die meisten Läden angesiedelt sind. Viele der Geschäfte haben ihren ursprünglichen Charakter behalten, bei manchen scheint die Zeit in den 1960er-Jahren stehen geblieben zu sein.

Am Pfanzeltplatz treffen wir auch auf den ersten echten mystischen Ort, die 1728 errichtete barocke römisch-katholische Pfarrkirche St. Michael (siehe Bild links). Etwas weiter stadtauswärts – der Sebastian-Bauer-Straße folgend – kommen wir noch einmal an einer Kirche und damit an einem weiteren wirklichen mystischen Ort vorbei, der evangelisch-lutherischen St.-Paulus-Kirche (siehe Bild rechts).Es ist keine Kirche wie jede andere, es ist vielmehr die älteste evangelische Kirche Münchens. Sie wurde 1849 nach Plänen des Architekten Georg Friedrich Ziebland (* 1800; † 1873) gebaut. Von ihm stammen unter anderem auch die Staatlichen Antikensammlungen am Königsplatz.

Unter den S-Bahn-Gleisen verlässt der Bach schließlich das eigentliche Perlach. Jetzt geht es weiter durch Perlach Süd (nicht zu verwechseln mit Neuperlach Süd!).

Hachinger Bach
Eine natürlich wirkenden Stelle mit Insel (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier wirkt der Bach arg kanalmäßig eingezwängt. Rechts oben sieht man noch einen Teil des alten Ballauf-Hofes (Holzwiesenstraße), der dann abgerissen und als Pflegeheim neu gebaut wurde (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier in Perlach fühlt man sich noch fast wie auf dem Dorf (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Pfanzeltplatz mit Marktplatz (rechts hinter den Bäumen) (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Denkmalgeschützes Eckhaus an der Sebastian-Bauer-Straße – zweigeschossiger Putzbau mit Satteldach, einseitig mit Schopfwalm, und Eckturm mit Spitzhelm, Fachwerkgeschoss und Eisenbalkon, Neurokoko, um 1900 (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Der Perlacher Hof – natürlich – in Perlach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Perlach Süd – Idylle und eine geheimnisvolle Kapelle

Obwohl es in Perlach Süd ein Gewerbegebiet gibt, befinden sich am Bach die vielleicht idyllischsten Punkte überhaupt. Der Bach fließt dabei westlich der Unterbiberger Straße und parallel zu ihr. Am Ufer führt ein einfacher Pfad. An einigen Punkten läuft der Bach fast schon spektakulär durch Privatgrundstücke und ganz nah an Privathäusern vorbei. Es gibt viel zu entdecken – interessante Brücken, ein Baumhaus und ganz besonders geformte Bäume.

Am südlichsten Zipfel von Perlach kann ein weiterer echter mystischer Ort bestaunt werden, eine Kapelle gleich neben dem Bach. Leider ist „bestaunen“ schon fast zu viel versprochen, denn das Gotteshaus steht auf einem nicht zugänglichen, eingefriedeten Privatgrundstück. Das Wohnhaus und die Einrichtungen um das Haus herum machen nicht mehr den frischsten, ja fast schon einen verlassenen Eindruck. Dem Besucher bleibt leider nur ein Blick auf die Kapelle (siehe letztes Bild). Vielleicht weiß ja einer der Neuperlach.org-Leser mehr über die Kapelle.

Hachinger Bach
Jetzt wird es ziemlich privat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Noch mal sehr privat (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Eine Brücke und ein Baumhaus (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Baumhaus und Brücke aus der Nähe (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Zäune sind doch keine Hindernisse für einen Bach! (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Ein ganz besonderer Baum (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Auch Brücken der einfachsten Art verbinden (06.12.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Kapelle am Hachinger Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Unterbiberg

Nun führt der Bachverlauf mich nach Unterbiberg, einem Ortsteil von Neubiberg. Hier hat der Bach richtig viel Platz. Es gibt einen Park und große Felder und es ist alles nicht so zugewachsen. Das erleichtert es auch, Bilder zu machen, die nicht wie die bisherigen den Bach vor einem eher unruhigen, grünen Hintergrund zeigen. Als Erstes komme ich an der Grundschule Unterbiberg vorbei, ein sehr farbenfrohes Gebäude, das bezeichnenderweise an der Straße „Am Hachinger Bach“ liegt. Als Nächstes führt mich mein Weg an der barocken römisch-katholischen Kirche St. Georg vorbei, dem bereits vierten mystischen Ort. Das dürfte rekordverdächtig für diese Reihe auf Neuperlach.org sein! Der Bau von St. Georg wurde 1725 begonnen und rund 20 Jahre später abgeschlossen. Der Friedhof ist übrigens noch viel älter, etwa 600 Jahre. Kurz hinter St. Georg verlasse ich den bebauten Teil von Unterbiberg. Nun wird es zunächst auf ein paar Metern fast so was wie wildromantisch, wenn man mal über die steinerne schnurgerade Kanalrinne hinwegsieht. Etwas weiter hinten wird der Bach begradigt über riesige Felder geführt. Hier sind noch keine Baumaschinen angerückt, um eine Neubausiedlung aus dem Boden zu stampfen, immerhin. Der Bach ist Hauptakteur in der Szenerie, ein Blick zurück auf St. Georg darf nicht fehlen. Nur das Rauschen der A8 im Hintergrund trübt die Stimmung.

Bald nähert sich der Bachverlauf der Autobahn. Und der Bach fließt unter der Autobahn durch. Das wäre eigentlich nicht schlimm, doch das Tunnelbauwerk hat nur einen engen Notdurchgang. Natürlich weiß ich, dass es noch andere Unter-/Überquerungsmöglichkeiten in der Nähe gibt, aber ich will ja direkt dem Bach folgen. Nur mit Mühe schaffe ich es, mein Rad in den schmalen Tunnel mit den scharfen abknickenden Mauern einzufädeln. Zum Glück leide ich nicht unter Klaustrophobie. Das gerade Stück lege ich sogar fahrend zurück, am Ende muss ich das Rad wieder ausfädeln. Geschafft!

Grundschule Unterbiberg
Die Grundschule Unterbiberg am Hachinger Bach (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Der Hachinger Bach in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
St. Georg, Unterbiberg
St. Georg in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterbiberg: Hier wird es fast wildromantisch (06.10.2012)
Hachinger Bach
Südlich von Unterbiberg, Blick zurück auf St. Georg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterbiberg, im Hintergrund die A8 (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Begradigter Hachinger Bach in Unterbiberg (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Kurz vor der Autobahnunterführung ein Blick zurück (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Nicht vertrauenerweckend, aber da „muss“ ich durch (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Unterführung unter der A8: Bequem ist was anderes (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Schon etwas knapp (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Unterhaching

Nach der unbequemen Tunnel-Tour bin ich nun auf der anderen Seite, die zu Unterhaching gehört. Hier führt der Bach erstmals durch einen Ort, wo sich der Name des Baches auch im Ortsnamen findet. Doch die Freude währt nur kurz, der Bach verschwindet nach wenigen Metern in einem sehr gut eingezäunten Grundstück. Da geht es endgültig nicht mehr weiter, auch nicht so einfach an der Seite vorbei. Ich schaue mich ein wenig um. Ich befinde mich auf einem riesigen Parkplatz, auf dessen Ende das Geothermiekraftwerk Unterhaching liegt. Über den Parkplatz komme ich zu einer Hauptstraße, der Biberger Straße. Würde ich dieser folgen, würde ich sicherlich bald wieder auf den Bach treffen. Doch mir läuft die Zeit davon. Viel zu lange habe ich für die vielen Fotostopps gebraucht. Auch schlägt das Wetter nun so langsam um.

Hachinger Bach
Unterführungsbauwerk für Schlanke: Da kam ich … (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
… tatsächlich raus. Jetzt aber weiter! (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hier geht‘s nicht mehr weiter. Und nun? (06.10.2012) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Endstation Geothermiekraftwerk Unterhaching (06.10.2012) © Thomas Irlbeck

Fazit

Das Projekt Wasserrohr-Lokalisierung ist daher erst einmal gescheitert, aber gesehen habe ich dennoch eine Menge Interessantes. Einen mystischen Ort auf Neuperlacher Gebiet habe ich allerdings, wenn man strengste Maßstäbe anlegt, wieder nicht gefunden, es sei denn, man lässt den Bach als Ganzes durchgehen, wie ich es am Anfang angedeutet habe. Aber es wird sicherlich eines Tages noch einen 9. Teil der Serie geben. Dann werden die Karten neu gemischt.

Am Ende noch ein kleines Zuckerl:

Das Michaeli-Gymnasium hat gleich zweimal einen Bezug zum Hachinger Bach

Michaeli-Gymnasium
Michaeli-Gymnasium. Foto: Rufus46 / Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Das 1971 gegründete staatliche Michaeli-Gymnasium im Stadtteil Josephsburg, der zum Stadtbezirk Berg am Laim gehört, liegt nicht nur in der Nähe des Hachinger Bachs, genauer an dem erwähnten Einlaufbauwerk, sondern hat auch eine passende postalische Adresse. Man würde sich für eine Schule von Weltruf, die rund 1.300 Schüler und rund 100 Lehrkräfte beheimatet, einen Straßennamen wie etwa Heinrich-Mann-Straße oder Albert-Einstein-Allee wünschen, doch der Betonbau liegt an der Hachinger-Bach-Straße 25. Mit etwas Augenzwinkern betrachtet nimmt der verniedlichende Name dem renommierten Gymnasium etwas von seinem Weltstadtflair. Aber München ist ja vielleicht gar keine Weltstadt, sondern eher ein Weltdorf und durch den Straßennamen wird die Schule wiederum etwas Besonderes. Sicherlich wird schon der eine oder andere mit angelsächsischen Wurzeln die Adresse falsch als „Häjtschinger Bach“ ausgesprochen haben.

Eine weitere Eigenheit des Gebäudes ist, dass man aus Gründen der Kostenersparnis das gleichzeitig im Stadtteil Fürstenried entstandene Thomas-Mann-Gymnasium nach exakt den gleichen Bauplänen errichtetet hat. Ähnliches findet man auch in Neuperlach – auch dort sehen sich die meisten Schulen zum Verwechseln ähnlich, etwa die Grundschule am Karl-Marx-Ring, die Grundschule an der Kafkastraße und (früher, vor dem Umbau) die Wilhelm-Röntgen-Realschule an der Klabundstraße. Effizienz ist alles.

Kunst

Die Bachmühle in Taufkirchen
Die Bachmühle in Taufkirchen. Bild: Festring Perlach

Der Hachinger Bach im Winter 2021

Unser Hachinger Bach heute – im Ostpark. Wir sind ganz nahe an der Stelle, an der der Bach unter der Heinrich-Wieland-Straße verschwindet. Wir sind hier noch in Neuperlach (Fotostandpunkt), das andere Bachufer liegt bereits in Ramersdorf. Mehr zum Thema im Artikel „Über Neuperlach ins Schwarze Meer: Der Hachinger Bach“

Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck
Hachinger Bach
Hachinger Bach im Ostpark (09.01.2021) © Thomas Irlbeck

Quellen (nicht die des Baches)

Kategorien
Architektur Bilder Einkaufen/Ladenzentren Historisches Sanierung/Abriss/Bau Straßenverkehr

Architektur und Geschichte in Neuperlach

Bild 1
An der Plettstraße (ca. 1989). Foto: Bruno Tamborino

Bruno Tamborino hat dankenswerterweise einen hervorragenden Gastbeitrag zur Geschichte und Architektur Neuperlachs geschrieben, speziell zu Neuperlach Nord. Er nimmt uns mit in die Planungen, beschreibt die Philosophie des Stadtteils und die besonderen Umstände wie Zeit- und Kostendruck. Neben allgemeinen Vorgaben und Entscheidungen, was etwa Bauhöhe, Baumaterialien und Baustil betrifft, gibt es die besonderen Entscheidungen und Einrichtungen, die zeigen, dass Neuperlach keine anonyme Betonwüste ist, sondern lebenswert und praktisch. Der Autor lässt uns an der Entstehung der ersten Bauabschnitte teilhaben, stellt die verschiedenen Haustypen vor und lässt uns verstehen, warum Neuperlach so aussieht, wie es anfangs aussah und wie es heute aussieht. Etwa warum man die Gebäude ursprünglich nicht bonbonbunt angestrichen hat und mit welchen Tricks man Restriktionen umging und es dabei dennoch schaffte, diese Maßnahmen so zu gestalten, dass für die Bewohner sogar oft ein Mehrwert herauskam. Tamborino beleuchtet auch kritisch neue Entwicklungen, speziell im Hinblick auf Sanierungen der in die Jahre gekommenen Bauten. Entstanden ist ein Artikel, der mehr in die Tiefe geht und keine reine Bildkollektion mit ein paar Anmerkungen aus Bewohner- oder Laiensicht ist, sondern auf vielfältige Aspekte, speziell der Wohnhäuser, eingeht.

Thomas Irlbeck

Über den Autor Bruno Tamborino (* 1969) lebte von 1974 bis 1987 in Neuperlach und hat mit starkem Interesse sämtliche Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen in Neuperlach Mitte und Nord erlebt, heute lebt er in Italien. Er hat ein kleines Privatarchiv, bestehend aus Fotos, Postkarten, Zeichnungen und Bauplänen, mit persönlichen Aufzeichnungen und war immer daran interessiert, was aus Perlach Nord am besten werden könnte. Er ist ab der 5. Klasse im Werner-von-Siemens-Gymnasium zur Schule gegangen und war deshalb täglich in Perlach Nord unterwegs. 1983 schlug er der Neuen Heimat einen Neuanstrich für ein Haus vor, dieser Vorschlag wurde dann in der lokalen Wochenzeitung HALLO veröffentlicht, aber nicht ausgeführt. Er hat auch ein Modell von einem Haus in Neuperlach gebaut und in Neuperlach 1985 ausgestellt und Daten für weitere Modellgebäude gesammelt.

Die folgenden Ausführungen sind auf Neuperlach Nord und Nordost und auf die Planungs- und Baujahre von zirka 1967 bis 1973 beschränkt. Neuperlach Nordost ist nur in seinen Teilen nördlich und westlich des Marx-Zentrum betroffen. Genauer genommen werde ich bestimmte Wohnhausgruppen behandeln, die ja wohl den Charakter Neuperlachs sehr stark prägen und die eine erkennbare architektonische Gruppe innerhalb Perlachs bilden. Es sind Häuser, die an den folgenden Straßen stehen: Adolf-Baeyer-Damm, Strehleranger, Nawiaskystraße, Quiddestraße, Plettstraße, Staudingerstraße, Albert-Schweitzer-Straße, Heinrich-Wieland-Straße, Siegfried-Mollier-Straße, Karl-Marx-Ring (bis zur ersten Kurve im Norden), Kurt-Eisner-Straße (der nördliche Teil).

Diese Ausführungen haben aber zum Teil auch in neueren Teilen Neuperlachs (Ost, West und zum Teil auch Therese-Giehse-Allee) ihre Gültigkeit. Ich werde von hier ab einfach über „Perlach“ schreiben, wo ich die oben genannten Gebäude, Straßen und Ortsteile identifizieren will, damit es besser lesbar ist.

Zeitlich werde ich mich auf den Erbauungszustand und die Zeit bis Ende der 1970er-Jahre beschränken, da es bei den vielen, einschneidenden Veränderungen der folgenden Jahre unmöglich wäre, die Logik des Ganzen zu rekonstruieren.

Ganz Neuperlach ist größtenteils ein Produkt des „Maßnahmenträgers Neue Heimat Bayern, gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (1986 nach Skandalen aufgelöst), die ich einfach NH nennen werde. Die NH hat den Stadtplan vorgegeben, die Position der Häuserblöcke und viele Wohnhäuser geplant, und auch andere Strukturen, z.B. die Einkaufs-Subzentren, entstammen ihrer Planung. Bei markanteren Komplexen, zum Beispiel beim Marx-Zentrum, kamen auch andere Architekten zu Wort, deren Projekte dann aber nicht immer wie vorgesehen ausgeführt wurden, weshalb sie sich manchmal von ihren Werken distanzierten (siehe Architekt Bernt Lauter und den Wohnring).

Charta von Athen

Perlach wurde entsprechend den Prinzipien der „Charta von Athen“ aus den 1930er-Jahren geplant, die eine Reaktion auf die kapitalistischen „Mietskasernen“ des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war. Diese Mietskasernen wurden in großer Zahl in allen Städten von privaten Unternehmern gebaut, sie hatten eine reiche Stuckfassade zur Straße, aber hinter der schönen Fassade wurde das Grundstück und das Haus dann mit Wohnungen, Räumen, Betrieben und entsprechend mit Leuten bis zum Geht-nicht-mehr gefüllt. Es fehlte deshalb ganz entschieden an Licht, Luft, Sonne und Hygiene.

Um diese Situation zu beheben, entwickelten einige berühmte Architekten ab den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre eine völlig neue Konzeption des Wohnungsbaus, bei dem schlichte, vielstöckige, funktionelle Gebäude auf die „grüne Wiese“ gebaut wurden, mit gesunden Wohnungen, die licht-, luft- und sonnendurchflutet sein sollten, mit modernen, hygienischen Einrichtungen für jede einzelne Wohnung und Stahlbeton als Baumaterial, der einige Jahrzehnte früher noch unbekannt war und ganz neue Baumöglichkeiten gab. Die Häuser sollten die Wohnzimmer nach Süden und Westen (für die Abendsonne) ausgerichtet haben, die Schlafzimmer nach Osten (Morgensonne) oder eventuell Norden (auch Badfenster, Treppenhäuser u.ä.). Also nicht mehr „die schönste Fassade zur Straße hin“, sondern alles nach den Himmelsrichtungen gebaut.

Diese Baukonzeption hatte in den 1960er-Jahren schon einige Mängel und Erneuerungstendenzen gezeigt, war aber zur Zeit der Planung Perlachs noch aktuell (bis sie Mitte der 1970er-Jahre überholt war zugunsten kleinerer, urbanerer, weniger anonymer Baugestaltungen). Diese Bauauffassungen wurden also bei der Planung Perlachs angewendet, verbunden mit den Bauauflagen der Stadt München, die damals als Mindestabstand zwischen zwei Häusern die Summe deren Fassadenhöhe vorschrieb (bei 25 Metern Höhe x 2 = 50 Meter Abstand). Den Stadtplanern Perlachs war von Anfang an klar, dass diese Bauauflage das Stadtbild zwangsläufig monoton machen würde, sie konnten aber nichts daran ändern.

Besonderheit: Balkonbrücken

Balkonbrücken
Balkonbrücken. Links: Plettstraße, rechts: Albert-Schweitzer-Straße, Nähe Lätarekirche. Zeichnung in der Mitte: Durch die fehlenden Balkonbrücken im Erdgeschoss werden Durchgänge geschaffen. Fotos und Zeichnung: Bruno Tamborino

Anscheinend haben sie als Einziges den Trick erarbeitet, Häuserblöcke öfters durch „Balkonbrücken“ zu verbinden. In diesem Fall stehen die Häuser normalerweise sechs Meter distanziert und sind durch eine Mauer ohne dahinterliegende Wohnräume verbunden. Vor dieser Beton-Verbindungsmauer laufen die Balkone.

Entsprechend befindet sich nur an der Stirnseite des Balkons eine Balkontür zur Wohnung. Der Zweck dieser seltsamen Balkone war offensichtlich, zwei Häuserblöcke offiziell zu einem zu machen, man brauchte so keine Abstände mehr einzuhalten. Auch ergeben sich zusätzliche oder größere Balkone, eventuell erzielte man noch einen Sicht- und Windschutz. Die Balkone können natürlich von den jeweiligen Wohnungseigentümern und -mietern genutzt werden, eine gehbare verbindende Funktion von Haus zu Haus haben sie aber nicht, da sie keinen Laubengang oder dergleichen darstellen.

Auch ergeben sich (bis auf eine Ausnahme) auf diese Weise Stellen, wo man die Häuserzeilen im Erdgeschoss zu Fuß durchqueren kann, da die Verbindungsmauer im Erdgeschoss fehlt und sich so ein Durchgang ergibt.

Im Vergleich zu den frei stehenden Häusern älterer Wohnsiedlungen aus den 1950er- und 1960er-Jahren wurden hier die Gebäude zu längeren Zeilen zusammengestellt, um damit den Eindruck von städtischen Straßenzügen entlang der Fußgängerwege zu erzielen, dies hat aber aus verschiedenen Gründen (Dimensionen, Erdgeschossnutzung, Vegetation, Abstandsbestimmungen) nie die gewünschte urbane Atmosphäre erzielt.

Anflugschneise Riem drückte die zulässige Bauhöhe

Die hier behandelten Teile Perlachs befinden sich auch unter der Anflugschneise (Anfluglinie der Jets) des ehemaligen Flughafens „München Riem“, deshalb durften die Gebäude die Höhe von 25 Metern nicht überschreiten, und bei dem höchstgelegenen Wohnraum, dessen Fußboden mehr als 22 Meter über dem Grund liegt, hätte man zusätzliche Bauauflagen, etwa abgeschirmte Fluchttreppenhäuser beachten müssen, die zu Mehrkosten geführt hätten. Deshalb haben alle betroffenen Gebäude maximal acht Obergeschosse, ein bewohntes Erdgeschoss sowie ein Kellergeschoss (mit Ausnahme von vier zehnstöckigen Punkthäusern am Ostpark; das hier nicht näher behandelte Marx-Zentrum und Teile südlich und östlich davon liegen bereits außerhalb der Einflugschneise, dort wurden 35 Meter Bauhöhe und punktuell auch mehr erlaubt, sodass bis zu 17 Stockwerke gebaut wurden).

Fußwegsystem

Die Planer Perlachs wollten ein Fußwegsystem verwirklichen, das völlig von den Straßen getrennt sein sollte, und dies wurde mit Wegen, Brücken und Unterführungen auch konsequent gebaut. Sie waren sehr stolz auf diese neue Konzeption, und bestimmt sind die Häuser Perlachs vorrangig für ein Erleben von diesen Fußgängerwegen geplant und wesentlich weniger von den Straßen, weshalb man Perlach zu Fuß besser zu schätzen lernt.

Olympia tat München gut, nicht Neuperlach

Die Stadt München baute gleichzeitig mit Perlach ab Mitte der 1960er-Jahre auch die ersten U-Bahn- und S-Bahn-Linien für und mit dem Olympiapark, all dies musste 1972 fertig sein (mit den Problemen, die während des Baues unweigerlich entstanden) und hatte seine negativen Konsequenzen auf Perlach. Am bekanntesten wurden die Probleme mit dem transparenten Olympiapark-Zeltdach, das die vorher geschätzten Kosten um das 20-fache (!) überschritt. Anscheinend war es Geld, das in Neuperlach hätte investiert werden sollen und dann hier weggespart wurde. Man könnte wohl sagen, dass sich die Stadt damals mit diesen beiden Großprojekten übernommen hatte.

Aber was ist ein Haus in Perlach?

Ein Haus kann man als den Bau bezeichnen, bei dem zwei oder drei (bei „Häuserzeilen“) oder vier bis sechs Wohnungen (bei „Punkthäusern“) um ein Treppenhaus gruppiert sind, und dieser so entstandenen Grundriss ist dann drei bis neunmal in die Höhe wiederholt. Ausnahmsweise ist das Erdgeschoss oder das oberste Geschoss etwas anders gestaltet, z.B. hat es einen Durchgang (wie bei den Wohnblöcken des Quidde-Zentrum), eine Durchfahrt (an der Nawiaskystraße), technische Räume oder oben großzügigere Terrassenwohnungen.

Aus den oben zuerst erwähnten Häusern kann man Häuserzeilen gruppieren, sie haben nur an der Vorder- und Rückseite Fenster, deshalb stehen die jeweiligen Häuser meist geradlinig Wand an Wand und sind nur durch eine dünne bautechnische Dehnfuge (eine vertikale sichtbare Linie an der Wand) getrennt. Sie haben immer eine Eingangs-/Treppenhausseite, diese normalerweise ohne Balkone (nach Osten oder Norden gerichtet) und gegenüber eine Balkon-/Wohnzimmerseite ohne Eingang (nach Süden oder Westen gerichtet). Die kürzesten Häuserzeilen sind zwei Häuser lang, die längste ist zwölf lang (die Wohnhäuser des Quidde-Zentrum). Einige Häuserzeilen sind durch die erwähnten „Balkonbrücken“ an andere Häuserzeilen gekoppelt, nur bei diesen Balkonbrücken oder aber bei Winkelungen einer Häuserzeile kann sich der Grundrisstyp in einer Zeile ändern. Manche Häuserzeilen haben Endhäuser, die eine Variante des Standardhaustyps sind. Dabei können Fenster oder Balkone anstatt an der üblichen Seite des Hauses an der Stirnwand liegen, damit das Ganze besser aussehen soll (was in der Tat auch der Fall ist) oder um aus den Wohnungen eine bessere Aussicht zu haben. Der Wohnungsgrundriss ist in diesen Fällen aber selten anders als im Standardhaus und im Fall der Fälle nur marginal, es können dann auch Badfenster vorhanden sein. Häuser dieses Typs (Zeilenhäuser) gibt es in Perlach als Ziegelmauerwerk-Gebäude (alle von der NH geplante Häuser sind so gebaut) und als Gebäude, die aus in Werken vorgefertigten Betonplatten vor Ort montiert wurden (Plattenbauweise). Plattenbau war damals hochmodern und rationell, die Ziegelbautechnik der NH war da eher traditionell.

Punkthäuser dagegen sind Häuser, die mindestens vier Wohnungen um ein Treppenhaus haben und die nicht Wand an Wand gebaut werden können, da sie auf allen Seiten Fenster haben und somit keine Außenwand fensterlos sein kann. Man kann sie höchstens durch relativ schmale Streifen der Außenmauer an andere Häuser ankoppeln, aber fast alle in Perlach stehen frei. Viele Punkthäuser sind Gebäude, die in Plattenbauweise gebaut wurden, abgesehen von diesen gibt es in Perlach nur zwei andere Haustypen aus Ziegelmauerwerk. Beide Typen kann man östlich der Heinrich-Wieland-Straße sehen (nördlich des Karl-Marx-Rings eines, südlich davon den anderen Typ), zwei weitere Häuser stehen an der Kurt-Eisner-Straße. Auch die Punkthäuser haben eine Eingangs-/Treppenhausseite und eine gegenüberliegende Seite, die die meisten und größten Balkone und Wohnzimmerfenster hat. Das Treppenhaus schaut immer nach Norden, während die Wohnungen und dementsprechend die Wohnzimmerfenster und Balkone auf alle anderen Himmelsrichtungen, prinzipiell Süd, gefächert sind.

Alle Häuser sind in der ganzen Fläche unterkellert (Betonbauweise). Die Keller wurden nach kollektiven (Waschkeller, Fahrradraum) und individuellen (Abstellräume) Bestimmungen aufgeteilt. Die Hauseingänge wurden entsprechend den damaligen Angewohnheiten sehr schlicht und öde gestaltet, es wurde nie Wohnraum für die Eingänge geopfert und auch die Materialien waren sehr schlicht. Das war damals auch außerhalb Perlachs gängige Praxis, auch wenn es heute sehr stört und verbessert werden sollte. Alle Häuser haben Hochparterre, damit die Kellerfenster direkt Licht bekamen und man so die Wohnungen im Erdgeschoss vor indiskreten Blicken schützte.

Die Wärmedämmung (heutzutage als die Außenarchitektur sehr beeinflussende „Sanierung“ nachträglich ausgeführt) gab es schon von Anfang an, wenn auch weniger ausgetüftelt, die effizient profilierten Fensterrahmen waren aus lackiertem Holz (innen immer weiß, außen weiß, anthrazit oder farbig), sie hatten Doppelgläser, die in zwei aneinandergekoppelte Fensterrahmen eingebaut waren und Alu-Fensterbänke. Die Ziegelmauern wurden als Nordaußenmauern dicker gebaut, 36 cm dick, anstatt den üblichen 30 cm. Tragende Innen- und Außenmauern, bei denen keine Isolierung notwendig war, sind 24 cm dick, abgesehen von den 10 cm dicken Innentrennwänden. Die Häuser in Plattenbauweise waren wohl weniger gedämmt, aber ich bin fast sicher, dass da eine Styropordämmschicht in den Betonfertigplatten eingelassen war.

Aber welche waren die Entstehungsphasen in Perlach?

Anfang der 1960er-Jahre beschloss die Stadt München, die Wohnungsnot, die der Bevölkerungswachstum während des Wirtschaftswunders erzeugt hatte – abgesehen von den im Krieg zerstörten oder einfach überalterten Wohnungen – mit dem Bau von mehreren öffentlich geförderten „Entlastungsstädten“ zu lösen, deren größte eben Neuperlach wurde, das innerhalb der Jahre von zirka 1968 bis 1990 auf eine riesige freie Ackerfläche gebaut wurde. Es wurde zum größten Bauprojekt Deutschlands, vielleicht Europas, und sollte schon deshalb eine andere historische Bewertung bekommen, als es derzeit hat.

Wie alle so schnell gewachsenen Städte konnte Neuperlach natürlich nicht problemlos sein, weder beim Bauen noch beim Planen, noch beim Wohnen und auch nicht beim Zusammenleben.

Die erste, lange Phase war der Grundstücksumschlag, bei dem die Acker gekauft und die Flächen völlig anders zusammengelegt wurden und dann verschiedenen neuen Nutzungsbestimmungen zugewiesen wurden, etwa Wohnen, Arbeit, Freizeit, Gewerbe, Verkehr u.a. Danach wurden die Infrastrukturen „auf die grüne Wiese“ gebaut, das heißt Straßen, Wasser und Abwassersystem (dieses hat die Entstehungsphasen des neuen Stadtteils bestimmt), Strom, Fernwärme usw., dann kamen die Tram (1970) und später die U-Bahn (1980) dazu.

Die ersten Wohnhäuser entstanden 1967, das allererste bewohnte Wohnhaus war meines Wissens ein Punkthaus an der Kreuzung Quiddestraße/Plettstraße Nähe Lätarekirche.

Aber wenn man sich die wenigen historischen Fotos anschaut, kann man unschwer erkennen, dass ganze Nachbarschaften gleichzeitig fertig waren, das heißt, der Baurhythmus war sehr hoch, er lag im Bereich von zirka 1.000 Wohnungen pro Jahr!

Und wie wurden die Wohnhäuser Perlachs geplant?

Der Prozess ist nicht ganz einfach zu rekonstruieren, ich möchte mich auf die Häuser der NH beschränken, alles fand innerhalb einer Gesellschaft statt, die „Neue Heimat Bayern“, Tochtergesellschaft der Neuen Heimat mit Sitz in Hamburg, die auf dem Kapital der führenden deutschen Gewerkschaften basierte und das größte Bauunternehmen Europas war. Wegen der extremen Größe des Unternehmens gab es bestimmt Überschneidungen in den Kompetenzen, die Namen der Planer sind leider unbekannt geblieben, es heißt da einfach „Planungsabteilung Neue Heimat Bayern“.

Einflüsse

Man erkennt auf alle Fälle in der NH-Wohnarchitektur Einflüsse des „Brutalismus“ der 1960er-Jahre (siehe Werke vom Architekt James Stirling) in der Balkongestaltung und anderen Details, eine Geometrie nach den Ideen des Bauhauses in der Gesamtgestaltung und besonders in der Position der Fensteröffnungen innerhalb des Mauerwerks (nicht als Löcher in der Mitte einer Mauer, sondern als Aussparungen in den Ecken der Flächen), aber alles ist eher schüchtern und vorsichtig in die Praxis umgesetzt. Alle Bauten sind theoretisch endlos in Serie baubar, es gibt keine Bauten, die einmalig für eine Position geplant wurden, höchstens Standardplanungen, die einem Ort ein wenig angepasst werden mussten.

Planung

Es wurden also in der Planungsabteilung zuerst einmal Wohnbedürfnisse festgelegt und auf deren Basis ein kompletter und detaillierter Grundriss geplant, aus dem man Häuser in die Höhe und bei den meisten davon dann auch Häuserzeilen in die Länge zusammenstellen konnte. Diese Grundrisse richteten sich nach strengen Regeln, es musste mit dem minimalen Aufwand das Maximum an Wohnkomfort und nutzbarer Fläche geschaffen werden. Praktisch ausnahmslos durfte ein Raum nur ein Fenster oder alternativ eine Fenstertür haben, die Klosetts wurden als getrennter Raum im Eingangsbereich eingebaut, denn es gab getrennte Badezimmer ohne WC, damit verschiedene Familienmitglieder gleichzeitig beide sanitären Einrichtungen benutzen konnten. Beide Sanitärräume waren ohne Fenster, nur die Badezimmer, die sich an den Stirnwänden der Häuserzeilen befinden, bekamen (aber nicht bei allen Grundrissen) ein kleines Fenster.

Die besonderen Aufzüge

Was weiter auffällt, ist die Position der Aufzüge. Diese sind fast immer am Ende der (in zwei Rampen geteilten) Treppen gegenüber den Wohnungstüren eingeplant, damit man mit der Hälfte der Aufzugstüren an den Stockwerken auskam, das heißt, nur alle zwei Stockwerkshöhen gibt es eine Aufzugstür, man muss dann eine Rampe, das heißt ein halbes Stockwerk, hinauf- oder heruntergehen. Das Konzept war aber nicht nur auf Kosteneinsparung ausgelegt, sondern auch in sich stimmig und hoch effizient, ohne dass es für die Bewohner Nachteile brachte. Da die Aufzüge im Erdgeschoss starten und nicht im Hochparterre, bedeutet es für die Leute, dass sie im Erdgeschoss die halbe Treppe sparen. Somit muss man keine einzige Treppenstufe mehr steigen wie in anderen Häusern, wo der Aufzug zwar in jedem Stock hält, man aber erst ins Hochparterre raufsteigen muss. Auch ersparte man sich Fahrstuhlschächte, die deutlich höher als das Haus selbst waren, wodurch man eventuell nur so unter der erlaubten 25-Meter-Grenze blieb. Augenscheinlich konnte man nur auf diese Weise in Neuperlach Nordost innerhalb der Einflugschneise überhaupt 9 Geschosse realisieren! Die hier erwähnte Lösung mit einem Aufzugsmaschinenraum, der ein halbes Stockwerk über die normale Haushöhe herausragt, und mit auf halber Stockwerkshöhe haltenden Aufzügen ist aber nur eines von mehreren Konzepten. In Perlach wurden auch andere Varianten realisiert, mit einem Aufzugsmaschinenraum, der oben mit dem Hausdach bündig abschließt (hier hält der Aufzug das letzte Mal zwischen den Stockwerken 6 und 7, sodass man vom Aufzug aus noch 1,5 Stockwerke raufsteigen muss, um ins oberste Stockwerk zu gelangen; vor allem eine Reihe von Wohnblocks in Neuperlach Nordost weisen dieses Merkmal auf), oder mehr als ein ganzes Stockwerk höher ist als die allgemeine Dachfläche. Es gibt seltener auch Aufzüge, die in jedem Stockwerk (und nicht auf halber Höhe) halten.

Stockwerkshöhe, Wohnfläche

Die Stockwerkshöhe der NH-Häuser ist inklusive Decke 262,5 cm, auch die Grundrisse sind auf den halben cm genau geplant und die Raumhöhe ist deshalb zirka 2,40 Meter. Fenster, Innentüren, Wohnungstüren, Treppen, Kellertüren und -fenster wurden standardisiert (pro Haustyp und zum Teil für alle Haustypen durchgehend) und wurden schlicht und zweckmäßig geplant, mit einfachen, großflächigen, fast belanglosen Fenster- und Türgestaltungen. Im Allgemeinen waren aber die Eigentumswohnungen etwas großzügiger ausgestattet.

Was auch noch auffällt, ist die Wohnfläche, zumindest bei den NH-Wohnungen. Sie ist für 2-Zimmer-Wohnungen ganz knapp unter 60 Quadratmeter, für 3-Zimmer-Wohnungen knapp unter 75 Quadratmeter, für 4-Zimmer-Wohnungen knapp unter 90 Quadratmeter. Das kann ich mir nur damit erklären, dass innerhalb dieser Grenzen die Wohnungen ein Anrecht auf öffentliche Fördermittel hatten. Deshalb sind vor allem Badezimmer, Küchen und alle Schlafzimmer sehr ähnlich in ihrer Fläche, man konnte da wenig variiert planen. Dies ist wohl der Grund, weshalb man auch bestimmte Elemente in der Außenarchitektur (wie bestimmte Fenster-Bauvolumen-Kombinationen) wiederholt sieht. Die Wohnfläche wurde berechnet, indem man die Mauern und sogar 3 % Putz von der Bruttofläche einer Wohnung abzog und die Balkone zu 50 % berechnet wurden. Bei den wenigen freifinanzierten Eigentumswohnungen mussten diese Grenzen nicht eingehalten werden, aber die Grundrisse waren dennoch oft einfach Ableitungen der Grundrisse öffentlich geförderter Wohnungen. Man kann an den Häuserzeilen ganz klar fünf Grundrisstypen der NH herauslesen, die auch außen gut zu identifizieren sind, vier von fünf dieser Typen haben zwei Wohnungen (3- oder 4-Zimmer-Wohnungen) pro Treppenhaus, sie werden auch „Zweispänner“ genannt, der fünfte hat drei Wohnungen (zwei 3-Zimmer-Wohnungen und eine 2-Zimmer-Wohnung) und wird als ein „Dreispänner“ bezeichnen. Dieser Dreispänner wurde bis viele Jahre später in mehreren Varianten gebaut (siehe z.B. Wohnring, Therese-Giehse-Allee, Nähe Graf-Zentrum (Postkarte 1, Bild C), aber auch beim Olympiazentrum München, in Haar und in Martinsried). Die NH-Punkthäuser sind Mauerwerks-Gebäude, die sich auf einen Typus und zwei Häuser beschränken und sie haben vier Wohnungen pro Stockwerk.

Zu jedem dieser Grundrisse wurden Fensterrahmen-Aufteilungen vorgeschlagen und auch Balkongestaltungen. Die Balkongestaltung betraf die Form der Balkone, die Balkonbrüstungen und die Sonderelemente Blumentröge, Sichtschutzwände und Sichtschutzgitter. Die Brüstungen haben bei allen NH-Häusern einen großen Schlitz zwischen Balkonboden und Brüstung, fast ein Markenzeichen der Planer. Es wurden auch die Anwesenheit, Dimension und Position des rechteckigen Beton-Blumentrogs, eventueller höherer Betonwände oder Betongitter als Sicht- und Windschutz entschieden, und auch das typische Balkongeländer aus eloxiertem Aluminium, in Rechtecke mit zwei waagrechten Streifen aufgeteilt, war immer vorgesehen. Die mehrfach waagrechte Aufteilung der Brüstungen sorgte dafür, dass die Balkone offener und niedriger und deshalb die Stockwerke weniger gedrungen aussahen. Diese sind die Elemente, die die Häuser am stärksten charakterisieren, abgesehen von den ausgeprägten, rhythmischen Vor- und Rücksprüngen der Fassaden, die eine willkommenen Konsequenz der streng rationellen Grundrissplanungen war.

Nachdem die Planungsabteilung diese gut geplanten und gut funktionierenden Grundrisse ausgearbeitet hatte (die aber nicht nur für den Bau Perlachs dienen sollten), wurden die Häuserblöcke zusammengestellt, wobei anscheinend bis zum Ende Detaillösungen, wie die definitive Gestaltung der Balkonbrüstungen oder die Fensterrahmen-Aufteilung, geändert wurden. Bestimmt wurden die Elemente, die den „Standard“ darstellten, mit viel Mühe und Engagement geplant, um trotz der vielen Beschränkungen das Beste daraus zu machen, während man bei Sondersituationen eher oberflächlich war.

Ausführung

Die letzte und vielleicht problematischste Phase war die Ausführung. Es kam da nochmals zu Detailänderungen gegenüber der Planung, aber vor allen Dingen zu Lösungen von Problemen, die bei der Planung einfach nicht behandelt worden waren. Es sind dabei Details (wie die Badezimmerfenster an den Stirnseiten der Häuser) betroffen, Kontaktstellen zwischen zwei Häuserzeilen, aber auch die Balkonbrücken.

Da waren meiner Ansicht nach nicht immer Profis an Werk, es waren sehr wahrscheinlich nicht die Planer, denn hier wurde vieles schlampig oder nach anderen Architekturprinzipien gelöst, und der Eindruck von lieblos gebauten Häusern kam auf. Mir fiel z.B. ein Balkongeländer an der Balkonbrücke der Häuserzeile an der Siegfried-Mollier-Straße auf, das umgedreht eingebaut ist. Es kann aber auch die Konsequenz von hartem Zeitdruck, Personalmangel bei den Bauleitern und/oder von extrem rigorosen Kosteneinschränkungen gewesen sein.

Farbgestaltung

Nochmals getrennt wurde die Farbgestaltung von einem Baukünstler behandelt, der als Basis folgendes vorsah: hellgrau für den Putz (die Regel, mit wenigen Ausnahmen), weiß für alle glatten Betonelemente, weiß für die meisten Fensterrahmen, anthrazit für die Kellerwände, durchgehende vertikale anthrazitfarbige Streifen für Treppenhausfenster und deren Zwischendecken. Die Treppenhäuser selbst konnten sowohl weiß als auch hellgrau sein. Es gab dann farbige Flächen in den Rücksprüngen der Eingangsfassaden oder an den Hauswänden innerhalb der Balkone. Oft hatten in diesem Fall Fensterrahmen und die umgebende Wand dieselbe Farbe oder es wurden waagrechte oder auch senkrechte Streifen gemalt, um Fenstergruppen zu verbinden, typisch hierfür waren anthrazitfarbene Flächen, die die weißen Wohnzimmerfenster zu vertikalen Streifen verbanden. Es gab außerdem z.B. anthrazitfarbene Fensterrahmen mit ockerfarbenen Brüstungen, blaugraue Fensterrahmen innerhalb einer Wand derselben Farbe, graugrüne Fensterrahmen mit grau-lila Verbindungsstreifen u.a.

Viele Treppenfenster wurden schon gegen Mitte der 1970er-Jahre weiß umgestrichen, das war wohl praktischer instandzuhalten, und recht bald begann man auch, die verputzten Aufzugsräume auf den Dächern zusätzlich zu verschalen. Sandfarbe oder Ockergelb als Basisfarbe gab es bei nur wenigen Häusern.

Bautypen

Eine genauere Betrachtung der NH-Bautypen zeigt, dass sie, abgesehen von einem Punkthaustyp, alle Zeilenhaustypen sind. Es gibt aber nicht nur die NH-Wohnhäuser, sondern auch eine Vielfalt von Häusern, die von anderen Bauunternehmern geplant und gebaut wurden, die ich aber nicht so ausführlich behandeln kann wie die NH-Häuser. Ich kann da nur die Baugesellschaft „Terrafinanz“ und kirchliche Bauträger erwähnen, abgesehen von anderen mir unbekannten Privatgesellschaften.

Ein Typ Plattenbau-Punkthaus ist in zwei verschiedenen Höhen wiederholt vorzufinden (drei Häuser nördlich der Quiddestraße beim Seniorenheim Georg-Brauchle-Haus und weitere drei Häuser südlich der Quiddestraße, Nähe Lätarekirche); ein Zeilenhaus mit drei Wohnungen pro Treppenhaus in Plattenbauweise, das dem oben genannten NH-Dreispänner sehr ähnelt, ist auch wiederholt vorhanden (Nähe Ständlerstraße als neunteilige, am Adolf-Baeyer-Damm als zweiteilige, an der Kurt-Eisner-Straße als vierteilige und auch als zweimal zweiteilige Häuserzeilen). Wegen seiner vielen Detaillösungen, die den NH-Lösungen gleichen, könnte man auch ihn als einen NH- Bautyp ansehen. Zwölf Mal (in zwei fast gleichen Varianten) ist ein Platten-Punkthaus gebaut worden, immer nördlich der Quiddestraße und des Karl-Marx-Rings. Auch bei diesem Typ kann ich eine NH-Planung nicht ausschließen, da er schon lange vor dem Baubeginn Perlachs auf NH-Zeichnungen genau dargestellt wurde. Am Adolf-Baeyer-Damm steht ein großer Häuserzeilenkomplex mit Waschbetonfassaden, bei dem praktisch nur ein einziger Fenstertyp eingebaut wurde, seine monotonen Fassaden sind durchgehend horizontal gestreift.

Fassadengestaltung

Ich möchte noch auf eine sehr oft verbreitete Fassadengestaltung hinweisen, die man als einzige Alternative zu den oben genannten zwölf Platten-Punkthäusern nördlich der Quiddestraße und des Karl-Marx-Rings sieht (Postkarte 1, Bild E), sie ist in verschiedenen Höhen, dementsprechend mit oder ohne Aufzug, vorzufinden. Sie hat geradeläufige oder wenig gegliederte Fassaden (das heißt ohne die für NH-typischen starken vertikalen Vorsprünge), die durchgehend waagrecht gestreift sind, mit Streifen auf der Höhe der Fenster in grauem Spritzputz, die Höhe der Brüstungen in weißem, platten Putz. Auch die weißen Betonbalkone sind schlicht und bündig zu dem Gesamtvolumen der Häuser, als Ausnahme sieht man nur die Treppenhäuser als vertikale Elemente, ihre Stirnseiten sind fensterlos und ungegliedert.

Bei diesen Häuserzeilen ist es schwieriger, das einzelne Haus aus der Zeile herauszulesen, es sieht wie ein einziges langes Haus aus. Vier zehnstöckige Punkthäuser sind unmittelbar am Ostpark vorzufinden (Staudingerstraße), sie haben rundum weiße Balkone und graublaue Fassaden und teilen sich in zwei fast gleich aussehende Typen auf, einer von diesen hat überall dunkle Holzfensterrahmen mit Erkerfenstern an der Südseite, der andere hat große Wohnzimmer-Fenstertüren aus silbernen Alu. Solche Häuser stehen praktisch gleich – sie sind nur wenige Jahre älter (1963-69) – im Cosimapark, direkt vor dem Hallenbad, in einer eleganten Wohnanlage (Architekt: Ernst Barth).

Abschließend sei gesagt, dass mehrere Plattenbauhäuser, die nicht von der NH geplant wurden, als Farbbasis nicht Grau, sondern Sandfarbe hatten, aber sie sind architektonisch extrem schlicht und schmucklos, im Vergleich dazu sind die NH-Häuser wesentlich charakteristischer und besser gestaltet. Da die NH vor allen Dingen öffentlich geförderte Wohnungen gebaut hat (mit problematischeren Einwohnerschichten), die Privaten hingegen auf dem freien Markt zu vermietende Wohnungen (mit weniger sozialen Problemen bei den Einwohnern), war der Ruf der Wohngebiete in Proportion zu deren architektonischer Qualität aber komischerweise genau umgekehrt.

Formen in Perlach

In Perlach sind fast alle Häuser rechteckig, im Grundriss und in den Fassaden. Da gibt es überhaupt keine Dreiecksformen oder Bogenformen, und das hat mit dem überwiegend grauen Putz bestimmt viel zur Kritik an dieser Architektur beigetragen. Die einzigen Ausnahmen hierin sind der Grundriss des Quidde-Zentrum und der Block mit freifinanzierten Eigentumswohnungen zwischen Plett-Zentrum und Lätarekirche, der sowohl abgewinkelte Grundrisselemente als auch geneigte Treppenhausdächer hat. Auch das NH-Punkthaus hat nur zwei leicht geneigte Wohnzimmermauern hinter rechteckigen Balkonen.

Typ N. 5

Der am weitesten verbreitete Grundrisstyp in Perlach ist der Dreispänner (zwei 3-Zimmer-Wohnungen und eine 2-Zimmer-Wohnung pro Treppenhaus), den ich Typ N. 5 nenne. Dieser insgesamt symmetrische Bautyp ist in der sehr langen Häuserzeile des Quidde-Zentrum neun Mal vorhanden, bei der Lätarekirche mit Terrassenwohnungen und zusätzlichen Balkonen an der Eingangsseite vier Mal, ganz in der Nähe an der Albert-Schweitzer-Straße in drei niedrigeren Häuserzeilen insgesamt sechs Mal, an der Siegfried-Mollier-Straße in zwei gekoppelten, ähnlichen Häuserzeilen, drei plus fünf Mal (beide mit Terrassenwohnungen, aber in einer Zeile mit einer asymmetrischen Variante der mittleren Wohnung), zwischen Heinrich-Wieland-Straße und Kurt-Eisner-Straße vier Mal mit Atelierwohnungen.

Die Varianten sind folgend beschrieben und kommen untereinander in immer wieder verschiedenen Kombinationen vor: das Treppenhaus kann über das Haus herausragen oder mit dem Dach bündig sein, in zwei Fällen liegt der Aufzug vorne am Treppenhaus, normalerweise ist er rechts davon eingebaut. Auch die Gestaltung der Teilbedachung der Wohnungsterrassen ist in zwei Varianten vorzufinden und nur bei den oben genannten asymmetrischen Mittelwohnungen sind die Seitenwände ihrer Balkone nicht als Eckschutz gestaltet, wie sonst immer bei diesem Typ.

Man erkennt diesen Dreispänner generell am besten an seinen Balkonbrüstungen, alle mit Blumentrögen und mit charakteristischen, mächtigen Ecksichtschutzplatten, die bis eine Handspanne unter der darüber liegenden Decke reichen. Die Wohnzimmerseite ist frontal voll mit Balkonen „bedeckt“ wobei die mittlere Wohnung deutlich aus dem Hausprofil herausragt.

Dieser Grundriss kann alternativ einen Raum als Diele oder als Kinderzimmer in den Seitenwohnungen haben, man erkennt die Variante aber von außen (durch die Fenster der Eingangsseite) nicht. In vier jeweils gepaarten Wohnungen (zwischen Kurt-Eisner-Straße und Heinrich-Wieland-Straße) wurden die Elternschlafzimmer des Obergeschosses mit großen Fenstern und davorliegendem Balkon als Ateliers besonders gestaltet. Alle Terrassenwohnungen im obersten (achten) Geschoss entstanden aus dem Wegfall der mittleren, kleineren Wohnung, deren Fläche in gleich große Terrassen für die Seitenwohnungen aufgeteilt wurde. Endhäuser bekamen das Schlafzimmerfenster an ihre Stirnseite anstatt an der Eingangsseite, sofern es aber dann nicht nach Norden schaut.
Wo die Obergeschosse Sonderlösungen haben, wie Terrassenwohnungen oder Atelierwohnungen oder wo Balkone an der Eingangsseite vorhanden sind, ist dieser Typ mit zu den schönsten Häusern Perlachs geworden.

Typ N. 1

Ein weiterer Typ ist der Zweispänner N. 1 mit zwei 4-Zimmer-Wohnungen. Dieser Typ ist in einer Häuserzeile im Bereich zwischen Plettstraße und Quiddestraße drei Mal und zwischen Plettstraße und Plett-Zentrum nochmals drei Mal vorhanden. Er zeichnet sich als einziger Typ durch die großen Balkone und Fenster an der Eingangsseite aus, während die Balkone an der Wohnzimmerseite relativ klein sind. Es gibt bei diesen wenigen Häusern keine Varianten im Grundriss im Erd- oder Obergeschoss, außer einer Balkonbrücke (Postkarte 1, Bild A und Postkarte 2, Bild B). Die hier erstgenannte Häuserzeile war eines der ersten Gebäude Perlachs, das gegen 1980 mit Braun als Basisfarbe neubemalt wurde.

Typ N. 2

Der Zweispänner N. 2 hat wiederum zwei 4-Zimmer-Wohnungen, die aber sehr kleine Kinderzimmer haben (was auf die Dauer zu beengend geworden ist). Dieser Bautyp hat eine sehr stark profilierte Eingangsseite, mit vertikalen „Schluchten“, in denen sich die großen Dielenfenster befinden. Die Küchenfenster schauen hier nicht zur Vorderseite, sondern seitlich weg, eine solche Lösung gibt es nur bei diesem Typ. Die Balkonseite hat fast die ganze Breite bedeckende, aber in der Mitte zurückgesetzte Balkone, bei denen die Balkonbrüstungen als belebendes Element seitlich jeweils zirka 30 cm frei aus den Balkonen herausstehen. Wo sich die Balkonflächen der beiden Wohnungen berühren, wurde ein zentrales Betongitter als frontales, zusätzliches Trennelement auf die Brüstung gesetzt. Die Balkone sind als einzige der NH-Haustypen auf vertikale Betonelemente gebaut, die vor Ort gegossen wurden. Alle anderen Balkone sind ausschließlich aus Fertigteilen gebaut.

Dieser Typ ist im Quidde-Zentrum in der sehr langen Häuserzeile drei Mal zu sehen, ganz nahe bei der Quiddestraße zwei Mal, zwischen Quiddestraße und Plettstraße in zwei niedrigeren Häuserzeilen insgesamt sechs Mal, an der Kurt-Eisner-Straße in einer Häuserzeile zwischen den oben genannten Dreispännern zwei Mal, und hier wiederum in drei weiteren Häuserzeilen, kombiniert mit dem Plattenbau-Dreispänner, drei Mal, zwei Mal und noch zwei Mal.

Bei den niedrigeren Häusern zwischen Quiddestraße und Plettstraße und an der Kurt-Eisner-Straße wurde der Aufzug seitlich versetzt an die Hauswand gestellt, anstatt vor das Treppenhaus, was den Gesamteindruck zur Asymmetrie verändert, vielleicht wollte man hiermit das Tiefenmaß der Gebäude reduzieren. Auch bei diesem Haustyp gibt es bemerkenswerterweise sowohl das höhere Treppenhaus als auch das mit dem Hausdach bündig abschließende Treppenhaus. Es sieht fast aus, wie wenn man damit experimentieren wollte, oder es könnte mit leichten Höhenunterschieden im Baugrund zu tun haben, bei denen das höhere Treppenhaus über die erlaubte Höhe gegangen wäre. Obwohl sich die Badezimmer an den Stirnwänden befinden, gibt es hier nie Badfenster, vielleicht wegen der Rohrschächte, die an der Stirnwand liegen. Einige dieser Häuser haben aber ein zusätzliches quadratisches Wohnzimmerfenster, um die Stirnseiten zu beleben.

Typ N. 3

Der Zweispänner N. 3 hat zwei 3-Zimmer-Wohnungen und ist der kleinste Grundrisstyp. Er ähnelt an der Vorderseite dem oben genannten Dreispänner, ist aber kompakter und weist an der Rückseite große Ähnlichkeiten mit dem Zweispänner N. 1 auf, von dem er mit Mühe nur durch die kleinere Dimension und die Fensterrahmenaufteilung der Wohnzimmer zu unterscheiden ist. All dies erkennt man sehr gut entlang der (ehemaligen) „Spielstraße“ zwischen Plettstraße und Quiddestraße, wo diese Zweispänner N. 1 und N. 3 nebeneinander in zwei Häuserzeilen stehen. An der Vorderseite hat der Zweispänner N. 3 aber nie Balkone, da sieht man nur die gepaarten, quadratischen Kinderzimmerfenster und die Schlafzimmerfenster, abgesehen von den großen, frontalen Treppenhausfenstern. Er hat außer einer einzigen (vor Ort gegossenen; an der Quiddestraße) Balkonbrücke nie Varianten, aber an den Stirnseiten weist dieser Bautyp immer Badfenster auf.

Er steht in einer Häuserzeile zwischen Plettstraße und Quiddestraße fünf Mal, an der Quiddestraße als niedrigere Zeile drei Mal, an der Plettstraße dominant neben dem Plett-Zentrum sieben Mal in einer achtstöckigen Häuserzeile.

Dieser Typ ist wohl nur als Mietwohnung gebaut worden.

Typ N. 4

Der Zweispänner N. 4 ist in nur zwei gekoppelten Häuserzeilen, eine dreiteilige und anschließend eine fünfteilige, zwischen Quiddestraße (bei der Lätarekirche), Plett-Zentrum und Albert-Schweitzer-Straße vorzufinden. Er ist schon hierin, aber auch wegen seiner Gestaltung und Strukturierung eine Ausnahme in ganz Neuperlach und vielleicht sogar in München, wo meines Wissens keine ähnlichen Bauten vorzufinden sind.

Von außen ist der Haustyp in den Standardstockwerken streng symmetrisch, während die Wohnungen eine 3-Zimmer-Wohnung und eine 4-Zimmer-Wohnung sind, deren viertes Zimmer befindet sich in der Mitte des Grundrisses hinter dem Treppenhaus und wurde einfach mit einer Innentür dieser Wohnung zugeteilt. Dieser Zweispänner vom Typ N. 4 hat eine Reihe von Merkmalen: Sowohl die Eingangs- als auch die Wohnzimmerseite haben mit Ausnahme der Breite des mittleren Zimmers und des Treppenhauses durchgehende Balkone, diese sind in zirka 45°-Winkel bei der Mitte des Hauses abgeschlossen und die Brüstungen berühren hier die Hauswände. Auch die Wohnzimmerwände sind im 45°-Winkel gebaut, und die Treppenhausdächer sind geneigt. An der Eingangsseite sieht man Betongitter an den Balkonen, und das Treppenhaus ist nur bei diesem Zeilenhaustyp ganz in den Hausgrundriss eingelassen. Im obersten Stockwerk befinden sich außergewöhnliche, große Terrassenwohnungen, die sich über zwei Wohnungen von zwei nebeneinanderliegenden Häusern erstrecken. Nur die Endhäuser können wegen dieser Struktur keine Terrassenwohnungen haben, hier wurden bis ins Obergeschoss Standardwohnungen gebaut. Alles ergibt eine recht komplexe Struktur, die aber theoretisch endlos wiederholt werden kann und immer zu einer ungeraden Hausanzahl führt. Die Terrassenwohnungen sind großzügig und haben teilbedeckte große asymmetrisch eingebaute Terrassen, was aber auf der Wohnzimmerseite wegen einem durchgehenden Blende-Abschlussbalken kaum zu sehen ist. Da sie die Fläche von zwei Wohnungen belegen, geht nur jedes zweite Treppenhaus bis ganz oben, um jeweils zwei gespiegelte Terrassenwohnungen zu erschließen, die anderen Treppenhäuser brauchen das oberste Stockwerk nicht zu erreichen. Das sieht man von außen an einer unverwechselbaren Hoch-Tief-Alternanz der Treppenhäuser.

Es fällt auf, dass die Häuser auf den ersten Blick an den Zeilenenden halbiert aussehen, da jeweils zwei gespiegelte Wohnungen in aneinanderstehenden Nachbarhäusern ein komplett aussehendes Balkonmotiv bilden. Dieser Typ zeichnet sich auch durch besonders großzügige Verglasungen auf der Wohnzimmerseite aus, mit den großen Balkonen ergibt sich deshalb eine sehr „offene“ Architektur. Es bildet sich außerdem an der Wohnzimmerseite aus dem Zusammenspiel von schräger Wohnzimmerwand und ebenfalls schrägen Balkonbrüstungen ein wiederholtes, schönes „Wellenmotiv“, oder „Zylindermotiv“, auf doppelten Ebenen (Mauern und Balkone), das an den Stirnseiten aber abrupt endet und an den Endhäusern auch nach oben schlecht gestaltet ist. Insgesamt ist es aber ein gut gestalteter Typ, der in den Baudetails dem Standard Perlachs entspricht, aber aus einer ganz anderen, vielleicht älteren Konzeption stammt.

Die Stirnseiten haben immer Badfenster, die in eine vertikale, leichte Mauernische eingelassen sind. Ein einziges der vier Endhäuser ist eine leichte Variante des Standardtyps mit Änderungen am Kinderzimmerfenster und -Grundriss und mit einer Balkonbrücke, da an dieses Haus gleich zwei Häuserzeilen anschließen. Die fünfteilige Häuserzeile hat ein Geschoss weniger als die dreiteilige, sie steht höher und wäre vielleicht mit dem bei diesem Typ über-stockwerkshohen Aufzugsmaschinenraum über die Höhenbeschränkung hinausgegangen.

Diese Häuserzeilen wurden ausschließlich als freifinanzierte Eigentumswohnungen gebaut und 1970 mit dem „Ehrenpreis für guten Wohnungsbau“ ausgezeichnet, sie erhielten 1982 als erste Häuser Perlachs einen damals schockierenden Neuanstrich. Aus dem Grau wurde ein Rosa mit Balkonen in Weiß mit Rosastich, der heute noch gleich ist.

Bildteil

Postkarte 1

Postkarte 1
Postkarte 1 (ca. 1981); 8000 MÜNCHEN NEUPERLACH – Modernes Wohnzentrum im Osten Münchens. Vertrieb: Schreibwarengeschäfte im Marx-Zentrum – Graf-Zentrum – Plett-Zentrum. Links unten ist übrigens die Eisdiele (Container) an der Plettstraße zu sehen, die 2016 abgerissen wurde

t1Bild A: Eingangsseite von Typ N. 1 und Stirn-/Eingangsseite von Typ N. 5 beim Plett-Zentrum
Bild B: Oskar-Maria-Graf-Ring von der Fußgängerbrücke gesehen in Richtung Nord
Bild C: Dieselbe Fußgängerbrücke und neuere Variante des Typs N. 5, Richtung West
Bild D: Wohnzimmerseite von Typ N. 1 an der „Spielstraße“ mit Café und Sandgrube
Bild E: Platten-Punkthaus und gestreifte Wohnzimmerseiten nördlich des Karl-Marx-Rings
Bild F: Marx-Zentrum von Süd

Postkarte 2

Postkarte 2
Postkarte 2 (ca. 1981); 8000 MÜNCHEN NEUPERLACH – Modernes Wohnzentrum im Osten Münchens. Vertrieb: Schreibwarengeschäfte im Marx-Zentrum – Graf-Zentrum – Plett-Zentrum

Bild A: Kreuzung zwischen Karl-Marx-Ring und Kurt-Eisner-Straße/Hugo-Lang-Bogen
Bild B: Eingangsseite Typ N. 1, rechts Typ N. 5, Hintergrund links Typ N. 3, vor Plett-Zentrum. Ganz rechts am Parkplatz angeschnitten: Bürohaus Albert-Schweitzer-Straße
Bild C: Graf-Zentrum von Ost
Bild D: Graf-Zentrum von Nord, im Hintergrund Eingangsseiten von Varianten des Typs N. 5
Bild E: Zwischen Sudermann-Zentrum und Oskar-Maria-Graf-Ring, rechts Wohnzimmerseite der Variante von Typ N. 5, die auf Bild D rechts sichtbar ist.

Bild 1

Bild 1
An der Plettstraße (ca. 1989). Das Titelbild vom Artikelanfang. Foto: Bruno Tamborino

Wohnzimmerseite des Typs N. 5 mit den am schönsten gestalteten Terrassenwohnungen, rechts Stirn- und Wohnzimmerseite Typ N. 1. Die helle Fläche zwischen den Häusern ist die Rückseite einer Balkonbrücke, die ursprünglich waagrechte Schlitze hatte (Postkarte 1, Bild A). Beide Häuser sind in der zweiten Bemalung von 1980-82, die gelungen war und der Originalbemalung stark ähnelte. Die Basisfarbe war also nicht mehr Grau, sondern Braun und Graubraun, die Balkone waren zweifarbig (hellgrau/weiß).

Bild 2

Bild 2
An der Albert-Schweitzer-Straße (ca. 1989). Foto: Bruno Tamborino

Wohnzimmerseite des Typs N. 4 mit den 45°-Winkeln der Balkone und Wohnzimmerwände, die – wiederholt – einen schönen Rhythmus bilden. Die Trennung zwischen zwei Häusern befindet sich jeweils in der Mitte der Balkone.

Bild 3

Bild 3
Albert-Schweitzer-Straße, Nähe Lätarekirche (ca. 2001). Foto: Bruno Tamborino

Wohnzimmerseite des Typs N. 4 mit Terrassenwohnungen, zwei hohen und einem niedrigen Treppenhaus. Beim niedrigen Treppenhaus bemerkt man, dass oben ein Zimmerfenster wegen der Terrassenwohnungen fehlt.

Elemente aller NH-Haustypen

Folgend werde ich die Elemente, die aber alle NH-Haustypen Perlachs vereinigen, identifizieren:

Die Balkone sind alle aus erkennbaren, getrennten Fertigteilen in glattem Schalbetonguss und haben 103 cm hohe Brüstungen. Die 103 cm sind immer in 30 cm Balkonbasis, 10 cm Schlitz und 63 cm Balkonbrüstung aufgeteilt. Innen sieht man an den Brüstungen vertikale und horizontale Versteifungsbalken aus Beton, die auch die 63 cm hohe Brüstung mit dem 30 cm hohen Balkonboden verbinden, das heißt, sie bilden zwei/drei 10 cm hohe „Füße“ pro Brüstungselement. Darüber kommt immer das 25 cm hohe Alu-Geländer, das entsprechend der Betonelemente vertikal in Rechtecke geteilt ist und zwei horizontale 2 x 2 cm große Quadratprofile hat, mit Stützen, die den Betonfüßen darunter entsprechen (Bild 1 und Bild 2). Außen als Teil der Balkonbrüstung befindet sich oft ein 30 x 30 cm hoher und tiefer Betonblumentrog für die ganze Breite des betroffenen Brüstungsteils (Bild 1). Die Balkone sind bei den Zweispännern N. 1, N. 2 und N. 3 seitlich mit höheren, 10 cm dicken Sichtschutzplatten aus Beton abgeschlossen, die einen 20 cm hohen Schlitz unter dem darüber liegenden Balkon freilassen (außer im obersten Geschoss von vielen Häusern). Auch die Bodenplatten sind Betonfertigteile und in rechteckige Elemente geteilt. Es gibt beim Dreispänner Eck-Sichtschutzplatten, die 10 cm dick sind, der Tiefe der Balkone entsprechend und frontal 90 oder 100 cm breit (Bild 1). Beim Typ N. 2 und N. 4 gibt es Sichtschutzgitter aus Beton, die auf die Brüstungen aufgesetzt sind und aus vertikalen, untereinander verbundenen, 14 cm breiten Streifen bestehen, und schließlich einige nicht rechtwinkelige Balkonbodenelemente, die nur dem Zweispänner N. 4 angehören (Bild 2). Oft sind die Balkone schmal und lang, also schlecht benutzbar, sie sollten in diesen Fällen offensichtlich die Fassaden auch lebendiger gestalten (Bild 1 und Bild 2).

Eine weitere Charakteristik der NH-Häuser ist der raue, schlichte Spritzputz und die unverputzten Beton-Kellerwände.

Der obere Abschluss aller Häuser (mit Ausnahme der höheren Treppenhaus-Volumen) ist immer mit einer ca. 80 cm hohen weißen Betonumfassung definiert, die oben und unten Aluschienen als Witterungsschutz und als Tropfleiste hat. Diese Betonumfassung entspricht im Außenmaß genau der darunterliegenden Wand oder den darunterliegenden Balkonaußenmaßen und ist bemerkenswerterweise so eingebaut, dass die Fenster des obersten Geschosses davon für zirka 30 cm verblendet werden, das heißt die Fenster des obersten Geschosses sind zirka 30 cm niedriger als die der anderen Geschosse (Postkarte 1, Bild D). Dieses Motiv wurde gleich bis Anfang der achtziger Jahre in Neuperlach angewendet (Postkarte 1, Bild C). Die Keller der NH wurden alle so gestaltet, dass sie ca. 80 cm aus dem neu gestalteten Gartenniveau herausschauten. Auch die Fenster der Erdgeschosse sind niedriger als die der Normalgeschosse, da hier wiederum die zirka 30 cm hohen Rollladenkästen oberhalb der Fenster wie Mauer verputzt sind. Rollläden gibt es ganz rigoros nur im Erdgeschoss als Diebstahlschutz. Die Eingänge sind immer klein, habe eloxierte bleichgoldenen Türrahmen und Strukturglas, Holzbalkengriffe und große Betonvordächer mit Aluverblendung darum. Bei Balkonbrücken kann es zu Fenstern nur im Erd- und Obergeschoss von Wänden abseits der Balkonbrücken kommen, damit diese Fenster nicht von der Balkonbrücke beeinträchtigt werden.

Und wie sieht es heute in Perlach aus?

Ich sehe ehrlich gesagt die spröde, aber nicht fehlende architektonische Würde der Gebäude immer ernsthafter in Frage gestellt, bestenfalls durch vielleicht zu bunte Bemalungen, die die Architektur der Bauten schlicht ignorieren, schlimmstenfalls durch brutal alles überwälzende Wärmedämm- oder Wetterschutzummantelungen, bis zu Teil- oder sogar Totalabbrüchen und Umbauten, alles im Namen des „Fortschrittes“. Ob man dann so stark „fortschreitet“, wie man sich verspricht, bleibt offen, manchmal wäre weniger sicher mehr!

Solche großen, verputzten Baukörper (25 Meter hoch, bis 300 Meter lang) sind in den heutigen, hellen Regenbogenfarben unnatürlich und sahen in den neutraleren, aber durch starke Hell-dunkel-Kontraste gut charakterisierenden Farben der Ursprungszeit besser aus, die Architektur wurde so wesentlich wirkungsvoller zur Geltung gebracht. Gegen das ehemalige öde Grau könnte man mit Farben aus der Natur gut Abhilfe schaffen, diese Baumassen ähneln in ihren Volumen Gebirgen oder großen Felsen und sollten von diesen eine kohärente (architekturgebundene) Farbinspiration beziehen (Vorschlag von B. Krehan aus Perlach), z.B. die Farben Braun, Ocker, Dunkel- und Hellgrau, Dunkel- und Hellgrün sowie Schneeweiß.

Auch die mittlerweile üppige Vegetation kann die Häuser stark verstecken und beschatten, sie kann im Fußgängerbereich ein fehlendes Sichtfeld und ein fehlendes Sicherheitsempfinden verursachen, auch der getrennt gehaltene Autoverkehr trug schon immer dazu bei. Dass die Erdgeschosse als reine Wohngeschosse gestaltet sind, tut nochmals das Seine, man hat da noch weniger urbanes Sicherheitsempfinden, sowohl an den eingangs- und durchgangslosen Wohnzimmerseiten als auch auf der Seite der immer noch sehr nüchternen Eingänge. Hieran könnten einige Änderungen erwägt werden, auch die Norm-Obergeschosse könnten manchmal als Gebäudeabschlüsse behutsam umgestaltet werden.

Wenn jetzt die Subzentren Perlachs immer mehr verkommen, sollte man sich als Bewohner Neuperlachs auch mal fragen, wie sehr das pep eigentlich (in seinem heutigen Ausmaß) Neuperlach wohltut. Jedes Subquartier sollte deshalb vielleicht sein unmittelbares Umfeld stärker behüten und in Schutz nehmen.

Insgesamt wäre vielleicht eine alle Besitzer und Bewohner vertretende und vereinigende Interessengemeinschaft Perlach/Neuperlach nützlich, die die Neue Heimat heute als Koordinator ersetzten könnte und die Würde Neuperlachs baulich und gesellschaftlich führen sollte, zuallererst mit einem Gesamtplan in Richtung einer bestandserhaltenden moderierten Modernisierung und indem man z.B. bestimmte „Filmproduktionen“ in Perlach unterbindet, die man sehr gut anderswo drehen kann.

Ein gesunder Stolz auf seinerzeit vorbildliche und ausgezeichnete Wohnensembles darf da seitens der heutigen Besitzer und Bewohner nicht fehlen und könnte der Beginn einer berechtigten, starken Aufwertung Neuperlachs sein.

Im Jahr 2011

Bruno Tamborino
bruno.tam15@gmail.com

Kategorien
Architektur Baustellen Bilder Historisches Marodes Sanierung/Abriss/Bau

Rückblick auf den Abriss von St. Jakobus (2012)

St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude bereits wegen Einsturzgefahr gesperrt (19.11.2011) © Thomas Irlbeck

Inzwischen sind eine ganze Reihe von Gebäuden verschwunden, die unser Neuperlach geprägt haben. Etwa der ehemalige Sitz der Neuen Heimat am Plett-Zentrum nebst integriertem Ladenzentrum, das Bürohaus Peschelanger 3 und die Kleiderfabrik „Bruestle Textilien“ an der Nawiaskystraße. Auch die Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum nebst zugehörigem Kindergarten ist dem Abrissbagger zum Opfer gefallen. Am Standort der Kirche wurde der neue Kindergarten gebaut. Dort, wo sich der Kindergarten befand, entstand das neue St. Jakobus. Beide tauschten also gewissermaßen die Plätze. Der neue Bau ist weit kleiner, um der sinkenden Zahl an Kirchengängerm gerecht zu werden, und wurde zunächst als Kapelle geplant, aber dann doch als Kirche eingeweiht (2019): Reinhard Kardinal Marx weiht neue Kirche St. Jakobus am Quidde-Zentrum ein

St. Jakobus musste gehen, da der Bau marode geworden war. Erst einmal gab es massive Betonschäden, sodass eine sehr aufwendige Betonsanierung notwendig gewesen wäre. Sogar Einsturzgefahr wurde dem Gebäude attestiert. Ferner sollen die Dachträger den Anforderungen des Brandschutzes nicht mehr genügt haben. Erschwerend kam hinzu, dass der Bau mit Formaldehyd und Asbest belastet war, berichtete die Süddeutsche Zeitung am 10.03.2012. Eine Sanierung wurde aus Kostengründen verworfen. Es gab damals aber auch Stimmen, die behaupteten, der Zustand von St. Jakobus sei nicht so schlimm gewesen und das Gebäude hätte sehr wohl mit vertretbarem Aufwand gerettet werden können.

Bereits im Dezember 2011 wurde die Kirche aus Sicherheitsgründen geschlossen. Der Abriss begann im November 2012. Die Bilderstrecke zeigt St. Jakobus vor und während des Abrisses.

Abriss

Der Abriss ging schnell. Am 18. November wurde die erste Wand eingerissen, am 20.12.2012 war bereits fast nichts mehr übrig von dem Bau.

Abriss St. Jakobus
St. Jakobus vor dem Abriss (02.10.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
„Hier stirbt die Kirche“ ist zu lesen, wie wahr! (25.10.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Das Gebäude sieht an dieser Stelle noch intakt aus, aber das täuscht … (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
… denn die erste Wand ist bereits weg (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (18.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (21.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (23.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (25.11.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (26.11.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (03.12.2012). Foto: Georg und Marcus Pantel
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (07.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (16.12.2012) Foto: Benedikt Bast
Abriss St. Jakobus
Abriss St. Jakobus (20.12.2012) Foto: Benedikt Bast

Die neue Kirche

Am Ende darf der Nachfolger nicht fehlen. Die neue Kirche ist kleiner. Sie hat mit alten Bau den hohen Anteil an Sichtbeton (Brutalismus) gemeinsam.

St. Jakobus
Das neue St. Jakobus drei Tage vor der Einweihung. Wie weiter oben  beschrieben, steht die Kirche nicht an der gleichen Position wie die alte Kirche, sondern gegenüber, wo früher der Kindergarten war. Kirche und Kindergarten tauschten die Plätze (06.02.2019) © Thomas Irlbeck